"In jedem Haushalt wird es künftig mehrere Roboter geben." Das erklärte der Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel vor Journalisten am Rande einer Sitzung der Bioethikkommission zum Thema "Roboter in der Pflege" in Wien. Zum Rundum-Pfleger würden die Maschinen zwar noch länger nicht, doch bereits ihr Einsatz in Nischen werfe eine Reihe von Fragen auf, so der Tenor unter den Experten.
Die wahrscheinlich wichtigste darunter sei: "Wollen die Menschen das eigentlich?", so Bendel. Auch ohne eindeutige Antwort darauf würde in dem Bereich schon viel geforscht, einige Prototypen stünden bereits in den Startlöchern, sagte der Wissenschaftler, der sich an der Fachhochschule Nordwestschweiz mit Themen der Maschinenethik auseinandersetzt. Ob und wie etwa Pflege-Roboter künftig eingesetzt werden können und sollen, hänge jedenfalls stark mit deren Akzeptanz und dem Einsatzgebiet zusammen: So gebe es etwa Hinweise, dass es manche Menschen sogar bevorzugen würden, wenn etwa das Waschen des Intimbereichs von Maschinen übernommen würde.
Wenige konkrete Anwendungen
Von "vielen Prototypen", allerdings noch relativ wenigen konkreten Anwendungsbereichen sprach auch Michael Decker vom Institut für Philosophie des Karlsruhe Instituts für Technologie. Entwickler würden sich gerade in das Thema hineinarbeiten. Momentan gebe es allerdings lediglich Hinweise, dass es Robotern gut gelingen kann, Impulse in Gruppen von Demenzkranken zu setzen oder mit Autisten in Kontakt zu treten. In vielen anderen Bereichen gehe der Einsatz erster Entwicklungen noch "langsam voran".
Hilfreich könnten die Maschinen vor allem dort werden, wo für die Pflege viel Kraft aufgewendet werden muss - etwa wenn Personen bettlägerig sind. "Man muss sich aber die Handlungskette sehr genau anschauen", wenn ein System entwickelt werden soll, das wirklich als hilfreich angesehen wird und Pflegenden tatsächliche Freiräume eröffnet, sagte Decker. Auch Markus Wohlmannstetter von der Wiener Krankenanstalt Rudolfstiftung betonte, dass "man Pflege durch Menschen nicht komplett ersetzen, aber unterstützen kann".
Wer haftet für Fehler?
Trotz aller technologischer Fortschritte dürften Roboter also noch einige Zeit lang Pflege-Assistenten bleiben. Auf dem Weg zum Einsatz von weitgehend eigenständig agierenden Pflegern seien nämlich noch sehr viele ethische und technische Fragen zu klären, zeigte sich Mark Coeckelbergh, Professor für Medien- und Technikphilosophie an der Universität Wien, überzeugt. Eine davon: Können wir Fehler von solchen Robotern akzeptieren und haftet dafür der (menschliche) Pfleger, die Pflegeeinrichtung oder die Herstellerfirma? Zur Klärung all dessen bedürfe es der Zusammenarbeit vieler Wissenschaftsdisziplinen und der Einbeziehung der Bevölkerung, wie Coeckelbergh erklärte.
Mit ihrer öffentlichen Sitzung möchte die Bioethikkommission zuerst einmal klären, "welche Fragen zu diesem aktuellen Thema eigentlich da sind", sagte die Kommissionsvorsitzende Christiane Druml von der Medizinischen Universität Wien. Das "kontroverse und spannende Thema" werde angesichts der alternden Gesellschaft in den Industrieländern in den kommenden Jahrzehnten auch stärker politisch diskutiert werden, zeigte sich die Physikerin und Sozialwissenschaftlerin Ina Wagner von der Technischen Universität Wien überzeugt. Seitens der Bioethikkommission sei man daher dazu verpflichtet, "Wunschvorstellungen dazu nachzugehen".
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.