"Mit dieser Entscheidung sagt das Gericht allen Nutzern von Online-Diensten mit Sitz in den USA, dass die US-Regierung einen geheimen Zugang zu ihren Daten hat", kritisierte die isländische Parlamentsabgeordnete Birgitta Jonsdottir, eine der drei Personen, deren Daten die US-Justiz beantragt hat. Die Entscheidung sei "ein großer Schritt rückwärts für das Vermächtnis der USA in der Meinungsfreiheit und beim Recht auf Privatsphäre".
Richter Liam O'Grady wies am Donnerstag in Alexandria im US-Staat Virginia die Beschwerde der drei Betroffenen zurück, dass mit der IP-Adresse auch private Informationen über ihren Aufenthaltsort verbunden seien. Wenn Twitter gezwungen werde, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten, wäre dies eine Verletzung der Privatsphäre und käme einer Aushebelung der Meinungsfreiheit gleich - so das Argument der Anwälte von drei Twitter-Nutzer. Für den Richter jedoch ist eine IP-Adresse nicht anders zu bewerten als eine Telefonnummer.
Mit dem Urteil bestätigte der Bezirksrichter eine Entscheidung von Bundesrichterin Theresa Buchanan vom März dieses Jahres. Diese befand, mit der Übergabe der Daten würden keinerlei Persönlichkeitsrechte verletzt.
Schutz der Ermittlungen wichtiger als persönliche Interessen
Der Richter lehnte auch die Forderung der Kläger nach Offenlegung der Anweisung an Twitter zurück. Die Vereinigten Staaten hätten ein "zwingendes Interesse zum Schutz ihrer andauernden Ermittlungen" und dieses wiege höher als die Interessen der Betroffenen und das öffentliche Interesse, befand O'Grady. Von dieser Offenlegung erhofften sich die Kläger Hinweise darauf, ob auch andere Internetunternehmen angewiesen wurden, Daten preiszugeben. Twitter hatte von sich aus seine Mitglieder von der Anweisung der Justiz informiert.
US-Regierung sucht nach Beweisen gegen WikiLeaks
Betroffen von der Anordnung sind neben Jonsdottir auch der US-Programmierer Jacob Appelbaum und der Niederländer Rop Gonggrijp. Alle drei - ebenso wie zahllose weitere Twitter-Nutzer - haben sich vor allem im Herbst vergangenen Jahres über den WikiLeaks-Gründer Julian Assange und die Veröffentlichung von internen Memos aus US-Botschaften in aller Welt geäußert. Die US-Regierung versucht seit Längerem, gegen WikiLeaks vorzugehen, weil sie die Enthüllungen von geheim eingestuften Diplomatendepeschen sowie Militärberichten über die Kriege im Irak und in Afghanistan für illegal hält.
Assange droht in zwei Ländern Gefängnis
In London fürchtet Assange, dass er nach der Anordnung der britischen Justiz zu seiner Ausweisung nach Schweden anschließend in die USA ausgewiesen werden könnte. Die schwedische Justiz ermittelt gegen ihn wegen sexueller Nötigung.
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