Das österreichische Verfassungsgericht ist - nach dem irischen - das zweite, das den Europäischen Gerichtshof mit der Frage der Vorratsdatenspeicherung befasst. Der VfGH werfe in seinem Ersuchen aber "mehr und detailliertere Fragen" auf, erklärte Holzinger. Er hoffe auf eine rasche Antwort des EuGH, verwies der VfGH-Präsident in einer Pressekonferenz auf die durchschnittliche Dauer von 16 Monaten.
Anlasslose Datenspeicherung mit hohem Missbrauchsrisiko
Die EU-Grundrechtecharta garantiere - wie die Europäische Menschenrechtskonvention und das österreichische Grundrecht auf Datenschutz -, dass jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten hat. Zwar sei dem VfGH bewusst, so Holzinger, dass die - als Anti-Terror-Maßnahme ergriffene - Vorratsdatenspeicherung die Ermittlung und Verfolgung schwerer Straftaten zum Ziel habe. Aber sie betreffe "fast ausschließlich Personen, die keinen Anlass für die Datenspeicherung gegeben haben".
Mit den ermittelten Daten seien die Behörden über deren privates Verhalten informiert. Zudem sei das Missbrauchsrisiko bei einer solchen Masse ermittelter Daten sehr hoch, erläuterte Holzinger die Überlegungen des VfGH, die letztlich zur Befassung des EuGH führten.
EU-Charta als Maßstab
Dass der VfGH in der Prüfung der Beschwerden gegen das heimische Telekommunikationsgesetz auch die EU-Charta als Maßstab nimmt, beruht auf einer Grundsatzentscheidung vom Mai. Damals stellte der VfGH fest, dass in Verfahren, in denen Unionsrecht eine Rolle spielt, die Grundrechtecharta der EU wie die Verfassung zu sehen ist - der VfGH also auch Gesetze aufheben kann, die zu ihr im Widerspruch stehen.
Gesetz bleibt in Kraft
In Österreich haben die Telekommunikationsunternehmen seit 1. April 2012 die Pflicht, alle Verbindungsdaten von Telefon, Handy und Internet sechs Monate lang zu speichern. Gegen diese Umsetzung der EU-Richtlinie wandten sich die Kärntner Landesregierung, der von den Grünen unterstützte Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (unterstützt von 11.000 Personen) sowie ein Angestellter eines Telekommunikationsunternehmens in ihren Anträgen an den VfGH.
Das Verfahren dazu wird nach der Antwort des EuGH auf die Fragen des VfGH wieder aufgenommen. Das Gesetz bleibt jedoch vorläufig in Kraft - weil es der VfGH, anders als etwa das deutsche Bundesverfassungsgericht, nicht von sich aus vorläufig außer Kraft setzen kann.
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