DFB-Teamchef Joachim Löw: "Ich bin völlig entsetzt. Bei dem Lauten Knall, den ich im Stadion gehört hatte, konnte ich mir sofort ausmalen, was da passiert ist. Zumal es ja die Bombendrohung gegeben hatte." Die 0:2-Niederlage seiner Mannschaft spielte angesichts der schrecklichen Ereignisse überhaupt keine Rolle mehr.
Bereits in der ersten Hälfte waren im Stade de France mehrmals laute "kriegsähnliche Geräusche" zu hören, vor allem der laute Knall einer Explosion in Minute 20 schockierte alle (siehe Video oben). Sofort machten die ersten Gerüchte über Bombenexplosionen die Runde. An Fußballstimmung war klarerweise nicht mehr zu denken. Die Fans im Stadion checkten ständig ihre Smartphones. Auch Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande verließ das Stadion sofort, wurde in Sicherheit gebracht.
Das Spiel lief weiter. Ein Abbruch hätte vermutlich eine Panik unter den Fans ausgelöst. Sie wurden erst nach Schlusspfiff vom Stadionsprecher informiert, genauso wie die Spieler der beiden Nationalteams.
Nach Ende des Spiels wurde die Arena abgeriegelt. Zunächst durfte niemand das Stadion verlassen. Hubschrauber kreisten über dem - an diesem Tag leider - ausverkauftem Stadion. Die Explosion beim Fußballstadion war laut Nachrichtenagenturen ein Selbstmordattentat.
Bombendrohung im DFB-Teamhotel
Bereits vor dem Spiel gab es für die deutsche Nationalmannschaft einen riesigen Schock. Das Hotel, in dem das DFB-Team untergebracht war, musste wegen einer Bombendrohung evakuiert werden.
Spieler, Trainer und Funktionäre waren im Hotel Molitor in der Pariser Innenstadt untergebracht, ganz in der Nähe des alten Prinzenpark-Stadions.
"Die französische Polizei hat uns darüber informiert, dass eine anonyme Bombendrohung eingegangen ist. Gemeinsam mit den Kollegen haben wir entschieden, das Hotel kurzfristig zu räumen, um in Ruhe die Zimmer und Funktionsräume überprüfen lassen zu können", berichtete der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert. Das deutsche Team "flüchtete" sich zwischenzeitlich in die Tennisanlage von Roland Garros.
Deutsches Nationalteam harrte in den Katakomben des Stadions aus
Nicht nur bei den Fans, auch bei den Spielern herrschte nach dem Spiel große Verunsicherung. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft blieb noch mehrere Stunden im Stadion. Bundestrainer Joachim Löw, die Spieler, Betreuer und Journalisten saßen nach Mitternacht noch in der Kabine und den Katakomben im Stade de France. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wollte die deutsche Delegation auf keinen Fall wie geplant bis Sonntag in der französischen Hauptstadt bleiben, sondern so schnell wie möglich das Land verlassen. "Wir werden uns jetzt beraten, was wir tun", hatte Löw unmittelbar nach der 0:2-Niederlage gegen die Franzosen gesagt.
Gegen 2 Uhr Früh hat die DFB-Elf dann das Stadion verlassen und wurde in Kleinbussen aus der Arena gebracht. DFB-Manager Oliver Bierhoff erklärte gegenüber der "Bild"-Zeitung: "Uns wurde versichert, dass im Stadion große Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden. Es herrschte große Unsicherheit, große Angst und eine komische Stimmung in der Kabine. Man hat gemerkt, wie geschockt die Spieler sind. Sie haben sofort nach ihren Telefonen gegriffen, um sich zu informieren oder zu Hause anzurufen."
Nach Mitternacht berichtet der Sicherheitsbeauftragte des DFB, Henrik Große Lefert: "Die Spieler sind sich der Situation sehr bewusst und sind alle angespannt. Wir hoffen, dass sich die Lage nicht weiter zuspitzt." Klar ist für den Verband: Die Mannschaft soll so schnell wie möglich nach Deutschland zurück. Wann das geht, weiß noch keiner.
Unter den Besuchern waren auch 1.200 Helfer der Germanwings-Katastrophe vom März, ein Dankeschön für ihren Einsatz in den französischen Alpen.
Die rund 1.000 Fans aus Deutschland saßen im Oberrang. Sie wurden wohl eher nach draußen geführt. Nach und nach wurden die Besucher von Ordnern in gelben Overalls vom Rasen aus dem Stadion geleitet. Es blieb erstaunlich ruhig, das Krisenmanagement in der EM-Endspielarena funktionierte gut.
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