Bis zu 20 Prozent (jedes zweite Vergewaltigungs- bzw. Missbrauchsopfer!) entwickeln eine sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung. Diese äußert sich in wiederkehrenden Erinnerungen ("Flashbacks", Albträumen) und daraus resultierendem Vermeidungsverhalten. Erhöhte Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen und sozialer Rückzug sind weitere typische Symptome. Auch wechselnde körperliche Symptome deuten manchmal auf ein verdrängtes Trauma hin. Die damit verbundenen Emotionen können nicht kontrolliert werden.
Ebenso möglich ist das Auftreten von Depressionen, Angst- oder Abhängigkeitsstörungen (meist Alkohol- oder Medikamentensucht), häufig sogar in Kombination. "Auch hinter psychosomatischen Beschwerden verbirgt sich mitunter ein unbewältigtes Trauma", erklärt Prim. Dr. Fritz Riffer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Ärztlicher Direktor des Psychosomatik-Zentrums Waldviertel, Kliniken Eggenburg/Gars, im Vorfeld eines dort stattfindenden Kongresses zum Thema Traumatherapie.
Vielen Patienten fällt es schwer, über ihren Schicksalsschlag zu reden. Verdrängung und Scham überwiegen. Da der Leidensdruck hoch ist und die Diagnosestellung oft jahrelang auf sich warten lässt, erhalten die Betroffenen häufig viele, jedoch wenig geeignete Therapien. Eine spezifische Traumatherapie ist jedoch das Mittel der Wahl. Das Ziel ist, eine bessere Kontrolle über innere (Ängste, wiederkehrende Bilder) und äußere Prozesse (angstauslösende Situationen, Vermeidungsverhalten) zu erlangen. Denn dadurch sinkt die psychische Belastung und steigt die Lebensqualität.
Reichen ambulante psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten nicht aus und ist der Betroffene nicht mehr arbeitsfähig, sollte eine stationäre Therapie erfolgen (Zuweisung durch einen Arzt, die Kosten übernimmt die jeweilige Krankenkasse). Dabei kommen hochspezialisierte Verfahren zum Einsatz, etwa die EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing, deutsch: Augenbewegungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung). "Das ist eine Technik, bei der mittels spezieller Augenbewegungen vorhandene innere Bilder und Gefühle mit dem dazugehörigen sprachlichen Ausdruck, der oft fehlt, verbunden werden", so Prim. Riffer. Aber auch an der Fähigkeit zur Selbstberuhigung wird gearbeitet. Die Betroffenen erfahren zudem, dass die Symptome in ihrem Kopf entstehen und daher auch von ihnen verändert werden können.
Musik- und Tanztherapie oder andere kreative Behandlungsformen werden genützt, um die Ressourcen der Patienten zu stärken. In der tiergestützten Therapie lernen Betroffene, Ängste und Befürchtungen loszulassen, Vertrauen zu entwickeln. Sie erleben, Kontrolle aufzugeben und doch die Führung zu behalten.
Im Anschluss muss eine konsequente ambulante Weiterbehandlung erfolgen. Mitunter wird nach ein bis zwei Jahren eine "Auffrischung" empfohlen (sogenannte Intervall-Therapie).
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.