Protestbewegung

500.000 Polen im Netz gegen ACTA-Abkommen

Web
26.01.2012 10:21
Die Entscheidung der polnischen Regierung, am internationalen Anti-Internetpiraterie-Abkommen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) festzuhalten, hat die Proteste im Land noch verstärkt. Inzwischen hat sich eine halbe Million polnischer Internetnutzer gegen den Vertrag ausgesprochen. Ministerpräsident Donald Tusk von der rechtsliberalen "Bürgerplattform" (PO) hatte zuletzt erklärt, die Regierung werde das Abkommen unterzeichnen und sich "nicht erpressen" lassen.

Die polnische Botschafterin in Japan werde das Abkommen am Donnerstag unterschreiben, erklärte Tusk bei einer Pressekonferenz. "Es ist doch unvorstellbar, dass die polnische Regierung jemandem nachgibt, der sagt: Unterschreibe nicht, sonst veröffentlichen wir kompromittierende Unterlagen über deine Behörde", sagte Tusk. Er bezog sich damit auf die seit dem Wochenende anhaltenden Angriffe von Hackern auf Internetseiten der Regierung. Der polnische Anonymous-Ableger und die Organisation "Polish Underground" hatten sich der Seiten bemächtigt und Daten vom Computer eines Staatssekretärs gestohlen. Außerdem veröffentlichten Hacker inzwischen Codewörter für den Zugang zu E-Mail-Konten von Regierungsmitgliedern.

"Bisher größte Protestbewegung im Netz"
Tusk versicherte, seine Regierung wolle die Meinungsfreiheit im Internet nicht einschränken. Er habe sich deshalb in den vergangenen Tagen mit Vertretern von Organisationen getroffen, die sich für den Schutz dieses Grundrechts engagieren. Sein Kabinett werde Gesetze erarbeiten, die diese Freiheit noch stärker als bisher schützen sollen.

Viele Internetnutzer konnten diese Versicherungen bisher nicht überzeugen. "Etwa eine halbe Million hat ihre Ablehnung von ACTA namentlich ausgedrückt", sagte der Soziologe Dominik Batorski der Nachrichtenagentur PAP. Dies sei die größte derartige Protestbewegung, die das Land bisher erlebt habe - "ein gutes Zeichen für die Zivilgesellschaft in Polen", so Batorski. Für Tusks PO ist der Protest besonders schmerzhaft, weil die Partei vor allem von den Jüngeren und Gebildeteren gewählt wird, die unter den ACTA-Gegnern überproportional vertreten sind.

Oppositionsparteien gegen ACTA
Die Unterschrift der Regierung unter das internationale Abkommen muss im Anschluss vom polnischen Parlament ratifiziert werden, um in Kraft zu treten. Hier setzte sich die rechtskonservative Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" mit dem Vorschlag durch, drei Parlamentsausschüsse in einer gemeinsamen Sitzung beraten zu lassen. Alle Oppositionsparteien sprechen sich inzwischen gegen ACTA aus. Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski entschuldigte sich in einer Pressekonferenz dafür, dass die Europaabgeordneten der Partei noch 2010 im EU-Parlament in einer Resolution den Vertrag befürwortet hatten.

Auch in der Regierungskoalition gibt es verhaltene Kritik am Umgang mit dem Abkommen. "Die Regierung hätte der Öffentlichkeit früher erklären müssen, worum es geht und welche Folgen das hat", sagte der Fraktionsvorsitzende der Bauernpartei PSL, Jan Bury, dem kleinen Koalitionspartners der PO. Allerdings werde der Inhalt von ACTA schon heute zu 90 Prozent in der EU umgesetzt, so Bury.

Proteste auch in Österreich
Das Abkommen ist in den vergangenen Jahren unter anderem zwischen den USA, Japan und der EU ausverhandelt worden und soll Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen bekämpfen. Die österreichische Bundesregierung hat die Unterzeichnung am vergangenen Dienstag beschlossen. Bereits zuvor hatten Mitglieder der Hackergruppe Anonymous als Zeichen des Protests die Website des Justizministeriums lahmgelegt. Fürs Wochenende kündigten sie Demonstrationen in mehreren Landeshauptstädten an.

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