Trotz der durchaus horrenden Eintrittspreise war die Stadthalle F mit etwa 1.500 Fans bis zum letzten Platz gefüllt, um dem wohl besten Gitarristen der Neuzeit bei seiner Profession zu beobachten. Joe Bonamassa, 36 Jahre jung, aber bereits auf allen Ebenen der Rockwelt bekannt und beneidet, wusste auch recht schnell wo er den Hebel ansetzen muss, um die Massen zum Johlen zu bringen. "Dieser Saal hier erinnert mich ein bisschen an die Staatsoper – ich danke euch, dass ihr heute alle zu mir gekommen seid."
Von sanft zu wild
War besagte Staatsoper im Sommer 2012 noch ein größeres Experiment (Bonamassa spielte seine erste große Akustik-Tour), sorgte der New Yorker an diesem Abend wieder für die volle Breitseite an Blues-getränkten, mit Southern-Feeling garnierten Rock-'n'-Roll. Die ersten 20 Minuten waren quasi als Überleitung der letzten Tour gedacht (ein akustisch gehaltenes Set mit Tal Bergman an afrikanischen Trommeln), doch beim knackigen "Dust Bowl" setzte ein instrumental nahe der Perfektion befindliches Rock-Set sein.
An diesem kühlen, aber trockenen Frühherbsttag entschied sich der Gitarrenheld für eine violette Anzuggarnitur – die passende Sonnenbrille dazu durfte nicht fehlen. Überraschend war schon eher das rockige Outfit von Keyboarder Derek Sherinian, der optisch ein bisschen an eine Mischung aus John Goodman und Rob Halford erinnerte. Die musikalische Darbietung des immer noch juvenil wirkenden Wunderkindes Bonamassa deckte sich mit der Disziplin der Zuseher. Gerade bei den ruhigen, fein nuancierten Songs hätte man eine fallende Stecknadel heraushören können, so ruhig und konzentriert präsentierten sich die Fans des 36-Jährigen.
Gitarrenkniffe aus dem Effeff
Was der Frontmann mit Worten auf der Bühne geizte, machte er mit der Gitarre in der Hand wieder gut. Irrwitzige Solo-Abfahrten, furioses Tremolo-Picking und die unwiderstehlichen, meist in nur wenigen Sekunden eingeführten Wechsel zwischen rasend schnell und angenehm zurückhaltend. So wurden Songs wie "Someday After A While", "Dislocated Boy" oder das kultige "Slow Train" zu einem Sound- und Lichtspektakel der Sonderklasse, das zurecht für ungläubiges Staunen und offene Münder sorgte.
Der Musiker war mit seiner Gitarre wie verwachsen, forderte sich mit seinem präzis-schnellem Spiel jedes Mal selbst dazu auf, noch besser und atemberaubender vorzugehen. Gemeinsam mit der angenehm dezenten Bühnenkonstruktion und den hervorragenden Begleit-Musikern, entwickelte sich schnell eine Verbindung vom Künstler und dem Auditorium, die er lächelnd und sympathisch mit einem, "ich bin in der Stadt, die die Musik liebt und ich bin dankbar, vor so guten Gastgebern auftreten zu dürfen", quittierte.
Liebe zur Bühnenshow
Sherinian und Bergman bekommen während herausragenden Songs, wie den an Led Zeppelin's "Whole Lotta Love" erinnernden Riff-Stampfer "Who's Been Talking?" oder dem hochmelodiösen, von Black Country Communion entlehnten "Song Of Yesterday" genug Zeit, sich mit diversen Soloeinlagen selbst in das Rampenlicht zu spielen, das Bonamassa mittlerweile längst in vollen Zügen genießt.
Zum Abschluss bewies der eher ruhige Gitarrenheld noch Humor. Seinen Top-Hit "Sloe Gin" wollte Bonamassa ursprünglich aus der Setlist nehmen, doch die negativen Reaktionen seitens seiner Fans auf diversen Social-Media-Kanälen brachten ihn zum Umdenken. "Jetzt spiele ich den Song halt zum verdammten 4.000. Mal", sprach er und lieferte gemeinsam mit der wuchtigen "Ballad Of John Henry" einen pompösen Abschluss eines faszinierenden und zu keiner Sekunde langweiligen Konzertabend der musikalischen Extraklasse.
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