Black-Sabbath-Talk

Tony Iommi: “Hätte Lust auf ein weiteres Album”

Musik
10.05.2014 17:00

Sie als Legenden zu bezeichnen, wäre wohl noch untertrieben. Black Sabbath sind nicht nur Mitbegründer des Heavy Metal und Vorbild für so gut wie alle Bands, die harte Klänge aus einer Gitarre quetschen, sondern waren mit ihrem sensationellen Comeback-Album "13" auch weltweit erfolgreich. Nun sind sie Headliner der zehnten Auflage des Nova Rock Festivals im burgenländischen Nickelsdorf. Die einzige Konstante in mehr als 40 Jahren Bandgeschichte, Gitarrist Tony Iommi, gewährte der "Krone" Einlass in seine Gedankenwelt und sprach sympathisch und ehrlich über seine Krebserkrankung, welche Songs Sänger Ozzy Osbourne umbringen würden und wieso ein weiteres Album möglich wäre.

(Bild: kmm)

"Krone": Tony, euer großes Black-Sabbath-Comeback-Album "13" war auch in 13 verschiedenen Ländern auf Platz eins. Darunter erstmals in den USA. Hast du mit derart großem Zuspruch gerechnet?
Tony Iommi: In diesen Tagen kannst du eigentlich gar nichts erwarten. Die Zeit, um dieses Album aufzunehmen, war genau richtig und natürlich wollten wir damit Erfolg haben. Wir hatten beim Aufnahmeprozess sehr viel Spaß und haben alles gegeben. Als das Album in den USA auf eins ging, war das natürlich brillant für uns. Wir hatten beim Einspielen des Albums das Gefühl der alten Tage, als wir mit Sabbath begonnen haben. Das ganze Album hängt auch mit den Anfangszeiten zusammen. Wir hatten genau denselben Vibe wie bei den ersten Black-Sabbath-Alben.

"Krone": Was war der Hauptgrund, dass ihr euch nach so vielen Jahren wieder fast komplett zusammengeschlossen habt?
Iommi: Es war nicht nötig, dass wir ein neues Album des Geldes wegen einspielten. Begonnen haben die Gedankenspiele, als mein Freund Ronnie James Dio verstorben ist und wir unser Projekt Heaven & Hell damit beenden mussten. Ich glaube, es war sogar Ozzy, der als Erster mit dem Gedanken spielte, wieder etwas zusammen zu machen. Geezer (Butler - Bassist, Anm.) und ich hielten das sofort für eine gute Idee. Der Zeitpunkt war einfach perfekt und auch die Einstellung hat bei uns allen gepasst. Wir haben vor vielen Jahren schon einmal versucht ein Album einzuspielen - das hat aber überhaupt nicht funktioniert. Wir hatten sechs Songs geschrieben und sie nie wieder verwendet. Jeder war mit seinem Kopf woanders. Wir hatten alle andere Dinge und Projekte am Laufen - Ozzy etwa sein MTV-Zeug. Dieses Mal waren wir aber alle zu 100 Prozent sicher, dass wir es machen wollen. Jeder hatte auch Lust auf ein neues Album - eine großartige Kombination (lacht).

"Krone": Ihr wart seitdem schon auf den Bühnen in Asien, Südamerika und auch Europa. Welches Feedback habt ihr darauf bekommen?
Iommi: Großartig - natürlich sagt das jeder, um ja nicht schlecht dazustehen, aber das Feedback war wirklich fantastisch (lacht). Wir hatten zahlreiche ausverkaufte Shows und können auf tolle Fans bauen. Wir haben erst unlängst die Südamerika-Tour beendet und waren dort nie zuvor in diesem Line-up. Geezer und Ozzy spielten schon mal dort, aber wir waren nie gemeinsam als Black Sabbath auf diesen Bühnen. Wir hatten bis zu 65.000 Fans bei einer Show. Das war auch für uns großartig, weil du siehst, dass sich die Arbeit ausgezahlt hat und die Leute Spaß daran haben.

"Krone": Welche Gefühle hattest du vor der allerersten Show seit eurer Wiedervereinigung?
Iommi: Es war einfach großartig, mit den Jungs wieder zusammen zu spielen, denn in meiner Situation wusste ich nicht so recht, ob ich überhaupt noch einmal auf die Bühne kann. Das war für mich natürlich noch emotionaler als sonst. Die allererste Show spielten wir in unserer Heimatstadt Birmingham, dann waren wir bei einem großen Festival in Donington und beim Lollapalooza in Chicago - es lief überall gut und das war wunderbar. Vor allem die Zusammenkunft auf der Bühne war sehr emotional für uns.

"Krone": Hattet ihr auch live sofort wieder das Gefühl der Anfangstage?
Iommi: Das kann man nicht vergleichen. In den 70ern waren wir noch jung, es war alles etwas schwieriger und zeitweise wirklich furchtbar. Ozzy kenne ich schon an die 50 Jahre - wir sind schon zusammen zur Schule gegangen. Es ist heute wie eine Zusammenkunft mit alten Freunden. Es ist auch anders, zusammen zu spielen, als wenn du dich gerade neu kennengelernt hast. Es gibt natürlich die Ups and Downs, aber wir lieben uns alle und sind sehr gute Freunde - das spiegelt sich auch auf der Bühne wider.

"Krone": Das viele Reisen und die ständigen Termine müssen mit fortgeschrittenem Alter auch schwieriger zu bewältigen sein.
Iommi: Es ist sogar sehr hart. Ich habe alle zwei Monate meine Krebs-Behandlungen, deshalb können wir nur mehr große Stadionkonzerte spielen. Wir spielen ungefähr sechs bis acht Wochen und haben aber viele freie Tage dazwischen. Nicht nur wegen mir, wir werden alle sehr müde. Als wir in Südamerika waren, wussten wir auch nicht, wo wir jetzt hingehen sollten. Es ist dort oft nicht so ungefährlich und dann kannst du nicht einfach rausgehen und spazieren. Am Abend arbeiten wir, aber was machst du tagsüber? Du versuchst fernzusehen, merkst aber recht schnell, dass du nicht verstehst, was in den Programmen gesprochen wird. Es ist nicht so einfach und nicht immer lustig, auf Tour zu sein. Als wir in unseren 20ern waren, haben wir alle im selben Raum geschlafen, da war auch der Lebensstil total anders als heute. Wir sind damals ja dauernd in Clubs gerannt. Heute haben wir alle Einzelzimmer und geben uns gegenseitig viel Freiraum. Geezer verschanzt sich sowieso immer in seinem Zimmer - ihn sehe ich oft bis zum nächsten Auftritt gar nicht (lacht). Er liegt im Bett oder hängt am Computer, keine Ahnung. Heute fliegen wir zu den Konzerten und schlafen in den besten Hotels. Früher fuhren wir in einem kleinen Van und ich bin auch noch damit gefahren (lacht).

"Krone": Vermisst du die alten Tage?
Iommi: Teilweise. Wo wir heute stehen, ist doch die Belohnung für die harte Arbeit nach mehr als 40 Jahren. Vielleicht können wir das heute so genießen, weil wir auch wissen, wie es früher gelaufen ist. Das vermisse ich oft bei den jungen Bands - die müssen sich selbst nicht mehr so antreiben wie wir früher. Bei uns gab es kein MTV, keine Handys und kein Internet - einfach gar nichts. Du warst einfach unterwegs von Gig zu Gig und hast gehofft, dass du auch dafür bezahlt wirst. Neue junge Bands heute wollen eine tolle Roadcrew und die schönsten Reisen. Das hat sich fundamental verändert. Auch bei uns - wir fliegen zwar zusammen in einem Flieger, haben aber sogar vier verschiedene Autos, die uns zu den Hotels fahren. Jeder mit seinen Leuten und ab in die Zimmer.

"Krone": Ihr verbringt abseits der Bühne also kaum Zeit miteinander?
Iommi: Sehr wenig. Das liegt aber nicht daran, dass wir uns nicht riechen können, sondern dass jeder seinen Freiraum hat. Ozzy treffe ich manchmal am Flur, wenn wir Kaffee holen, aber an den konzertfreien Tagen sehe ich kaum jemanden.

"Krone": Wie verläuft eigentlich deine Behandlung mit dem Krebs? Wie geht es dir zurzeit?
Iommi: Man muss sehen, was passiert. Ich habe immer neue Tests und muss Schritt für Schritt gehen, aber mir geht es gut. Manchmal fühle ich mich sehr niedergeschlagen, aber was soll ich machen? Was mich berührt ist die Geschichte eines alten Freundes, mit dem ich und unser ehemaliger Drummer Bill Ward in den 60ern in einer Band spielten. Er hatte Krebs und ist daran gestorben - so etwas beschäftigt mich. In der Band zu sein und live zu spielen, lenkt mich aber ab. Das Schlimmste für mich ist untätig herumzusitzen und darüber nachzudenken - dann macht mich die Lage schon fertig.

"Krone": Du bist aber glücklicherweise nicht der Typ, der untätig herumsitzt.
Iommi: Das kann ich gar nicht. Meine Frau und meine Töchter sind immer für mich da und unterstützen mich wirklich großartig. Auch auf Freunde und die Band kann ich immer zählen.

"Krone": Kommen wir zurück zur Musik - ihr habt eure Tour auf 2014 ausgedehnt. Was war der Hauptgrund, noch einige Gigs draufzulegen?
Iommi: Prinzipiell, weil wir Lust darauf haben (lacht). Ich bin aber an dem Punkt angelangt, wo ich mich schon gerne zurücklehnen möchte und pausieren würde. Aber es gibt noch einige Shows, die wir gerne machen wollen. Es kommt bei uns immer auf die Gesundheit an und es ist schwierig, längerfristig vorzuplanen.

"Krone": Ihr spielt u-Show in Österreich seit 1995 - wenn auch damals ohne Ozzy. Erinnerst du dich noch an damals?
Iommi: Wir hatten damals Cozy Powell am Schlagzeug. Damals dürfte Tony Martin gesungen haben. Es ist schwierig, sich an einzelne Konzerte zu erinnern, wenn du Tausende Shows gespielt hast. Wenn du wieder in das Land oder die Halle zurückkehrst, dann kommen auch die Erinnerungen hoch. Im Endeffekt gehst du auf die Bühne und siehst unzählige Gesichter. Du bist da, um die Leute zu unterhalten und zu spielen. Wir hatten aber nie die Zeit, uns in Österreich auch mal umzusehen. Ich versuche das schon immer so einzurichten, aber die meiste Zeit sind wir schon am Weg zum nächsten Konzert. Heute haben wir eine Basis, von der aus wir zu jeder Show fliegen. Ich weiß meistens nicht mal, in welches Hotel wir kommen. Ich freue mich aber speziell auf Europa - das tat ich schon, während wir in Südamerika waren. Beim letzten Mal war es mir aufgrund meiner Krankheit nicht möglich mitzutouren, deshalb freue ich mich sehr darauf.

"Krone": Ihr habt mit "Live… Gathered In Their Masses" auch eine DVD über euer aktuelles Tourleben veröffentlicht. Ist sie als eine Art Manifest der derzeitigen Black-Sabbath-Ära gedacht?
Iommi: Wir haben schon beim Entstehen des Albums davon gesprochen, um den Vibe unserer derzeitigen Zusammenkunft zusammenzufassen. Wir haben die Shows von Melbourne aufgenommen, welche eine der allerersten waren. Ich wünschte mir ja, wir hätten noch ein bisschen gewartet, aber da hatten die Macher etwas dagegen. Es sind jedenfalls auch neue Songs darauf zu finden.

"Krone": Unter den Black-Sabbath-Fans tobt schon seit jeher eine Art Glaubenskrieg, ob denn die Ozzy- oder die Dio-Ära die bessere gewesen wäre. Wie siehst du das als einzige Konstante im Bandgefüge?
Iommi: Das war doch schon immer so und du kannst niemals alle zufriedenstellen. Als wir Ozzy wieder einbauten, schrien alle nach Dio, umgekehrt fragten sich die Leute, wann denn endlich Ozzy zurückkehren würde. Du kannst niemals gewinnen. Wir hatten das Problem aber mit jedem einzelnen Musiker in der Band, obwohl wir - wie zum Beispiel Cozy Powell - wirkliche Top-Leute bei Sabbath hatten.

"Krone": Wie arrangiert man in eurem Fall eine Setlist als Band, die in mehr als 40 Jahren wirklich unzählige Top-Hits herausgebracht hat?
Iommi: Wir wählen heute die Songs, die Ozzy noch singen kann. Du darfst nie vergessen, dass sich deine Stimme mit zunehmenden Alter verschlechtert. Du musst einfach mehrere Gänge zurückschalten. Wenn wir einen Song wie "Hole In The Sky" in der Setlist hätten, würden wir Ozzy damit wohl umbringen. Der war schon in den 70ern, als wir ihn aufgenommen haben, stimmlich verdammt hoch angesetzt. Es ist viel wichtiger, dass wir unsere Shows spielen können und Ozzy seine Stimme beibehält. Das Letzte, das wir wollen, ist Konzerte absagen, weil Ozzys Stimme ruiniert ist. Das war ein Fehler, den wir vorher bei den Proben gemacht haben. Wir dachten immer, dieser und jener Song wäre cool, dann kam Ozzy und nuschelte irgendwas Unverständliches dazu (lacht). Somit beschlossen wir nur zu spielen, was wir auch gut spielen können. Im weiteren Verlauf liegt der Fokus natürlich auch auf den neuen Songs, die sich stilistisch ohnehin an die alten Klassiker reihen.

"Krone": Wollt ihr nach diesem Erfolg nicht noch ein Album einspielen?
Iommi: Wir planen gar nichts und haben noch nicht einmal darüber gesprochen. Am Ende der Tour werden wir wahrscheinlich anfangen, darüber zu sprechen, denn dann fühlst du immer, wie schade es ist, wenn etwas vorbeigeht. Nach diesem Album, das so erfolgreich war und auch so viele gute Kritiken bekam, ist es sehr schwierig, noch etwas nachzulegen. Es gibt eigentlich nur einen Weg und der muss dann logischerweise unweigerlich nach unten führen. Es ist sehr schwierig, wieder so etwas Ähnliches herzustellen.

"Krone": Spürst du in dir selbst das Feuer, neues Material zu kreieren?
Iommi: Ich hätte schon Lust dazu.

Black Sabbath sind unter anderem die absoluten Topstars des diesjährigen Nova Rock. Karten für das Dreitageserlebnis, das von 13. bis 15. Juni auf den burgenländischen Pannonia Fields in Nickelsdorf stattfindet, erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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