Der Angeklagte war im Februar 2014 als Kriegsflüchtling nach Österreich gekommen, wo er um Asyl ansuchte. Als Verwandte und Bekannte nach Wien kamen, die nicht hierbleiben, sondern Schweden erreichen wollten, baten sie ihn um Hilfe. Er unterstützte sie nach Kräften, was sich herumsprach. Unter etlichen gestrandeten Syrern kursierte alsbald die Telefonnummer des Mannes, von dem es hieß, er sei bei der Weiterreise eine große Hilfe.
Der 33-Jährige war in eine Bande eingebunden, die von Polen aus operierte. Syrern, die in Wien gelandet waren, kein Dach über dem Kopf und ein konkretes Ziel im nördlichen Europa vor Augen hatten, half er weiter, indem er ihnen zunächst eine Unterkunft verschaffte. Wie der umfassend geständige Angeklagte dem Gericht erklärte, kamen sie um 50 Euro pro Nacht in privaten Wohnungen unter. Meistens ging es bereits am nächsten Tag weiter Richtung Krakau, wobei die Fahrer eigens mit Kleintransportern oder Pkws aus Polen anreisten.
"Kein Verbrecher, der im Luxus gelebt hat"
32 derartige Fahrten organisierte der Mann zwischen Juni und Dezember. Pro geschleppter Person hätte er 50 Euro bekommen sollen, wie sein Verteidiger Andreas Strobl erläuterte: "Das ist kein Verbrecher, der im Luxus gelebt hat. Das ist einer, der in erster Linie seinen Leuten geholfen hat. Die 50 Euro haben gerade einmal seine Unkosten gedeckt." Nicht alle, sondern nur rund 100 Landsleute hätten ihn bezahlt, betonte der Angeklagte. Von den insgesamt eingenommenen 5.000 Euro habe er "gelebt". "Ich habe am Anfang ja nur 40 Euro Unterstützung im Monat gehabt." Erst als er im Oktober Asylstatus zugestanden bekam, sei es ihm finanziell besser gegangen.
Bis zu 15.000 Euro für Transport nach Europa
Der Schlepper war am 20. Jänner nach umfangreichen Ermittlungen einer von der Landespolizeidirektion Burgenland gebildeten Sonderkommission, der 15 Beamte angehörten, in Ungarn festgenommen worden. Nach seiner Auslieferung kooperierte er mit den Behörden, nannte Hintermänner und Mittäter und ermöglichte deren Festnahme.
Seine umfangreichen Angaben gewährten auch Einblicke ins Schlepperwesen. Demnach müssen Syrer, die den Kriegswirren in ihrer Heimat entkommen wollen, 10.000 bis 15.000 Euro bezahlen, um nach Europa zu gelangen. Oftmals ist das Aufbringen dieser Summe nur mit dem Verkauf von Grundstücken und sämtlichem Hab und Gut möglich, sodass die Flüchtlinge nichts mehr besitzen, außer das, was sie am Leib tragen.
"Ich fühle eine Schande"
In diesen Fällen fungieren die Schlepper als "Zahlstelle", wie der 33-Jährige dem Schöffensenat erläuterte. Verwandte oder Freunde, die in Syrien verblieben sind und noch Geld besitzen, überweisen über Geldtransfer-Firmen den Mittellosen dringend benötigte Beträge, die dann von den Schleppern, die im Unterschied zu den meisten Flüchtlingen einen gültigen Reisepass besitzen und sich daher legitimieren können, behoben werden. Er habe die angewiesenen Geldbeträge den Flüchtlingen stets zur Gänze weitergegeben und nicht "mitgeschnitten", versicherte der 33-Jährige.
"Ich fühle eine Schande bis ans Ende meines Lebens", stellte der Angeklagte am Ende des Beweisverfahrens fest. Angesichts der über ihn verhängten Strafe schlug er entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen. Bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren sei aus generalpräventiven Gründen kein Platz für eine teilbedingte Strafnachsicht, legte ihm der Vorsitzende dar. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.