Auftritt in Wien

Dalai Lama: “Am ehesten wäre ich wohl ein Grüner”

Österreich
25.05.2012 19:44
Das spirituelle Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, hat sich am Freitag bei seinem Stadthallen-Auftritt in Wien mit Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger getroffen. Würde er einer Partei angehören, wären dies jedoch die Grünen, ließ der Dalai Lama im Beisein des Vizekanzlers wissen. Das Publikum goutierte die Aussage mit spontanem Applaus. "Ich kenne aber die Partei des Herrn Minister nicht", fügte er hinzu.

Bei dem Gespräch sei es hauptsächlich um die Frage der Menschenrechte weltweit sowie um den Dialog der Religionen gegangen, so der Minister nach dem Treffen. Er habe das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten dabei "als Religionsführer getroffen", nicht als politische Person. Das betonte wenig später auch Spindeleggers Sprecher Alexander Schallenberg, der von einem "privaten Treffen mit 10.000 Zuschauern" sprach.

Minister weist Kritik aus China zurück
Auf die Frage, ob er durch das Treffen mit dem 76-Jährigen eine Verschlechterung der Beziehungen zu China fürchte, antwortete der Vizekanzler: "So wie sich China nicht vorschreiben lässt, mit wem Treffen stattfinden, machen das auch wir nicht, wir sind ein freies Land." Er sei auch bemüht, mit China gute Kontakte zu pflegen.

China hatte kürzlich gewarnt, Kontakte heimischer Politiker mit dem Dalai Lama seien "nicht nützlich". In der Vergangenheit hatte es nach Besuchen des Friedensnobelpreisträgers in Österreich und anderen europäischen Ländern oftmals diplomatische Verstimmungen mit Peking gegeben. Tibet ist seit 1965 "Autonome Region" im Staatsgebiet Chinas. 1959 musste der Dalai Lama ins Exil in die nordindische Stadt Dharamsala flüchten, nachdem chinesische Truppen Volksaufstände in Tibet blutig niederschlagen hatten lassen. Seitdem ist dies der Sitz der Exilregierung.

Vortrag in der Stadthalle vor 10.000 Zuhörern
In der Stadthalle hatte der Tenzin Gyatso, der 14. Dalai Lama, am Nachmittag einen Vortrag zum Thema "Jenseits von Religion - Ethik und menschliche Werte in der modernen Gesellschaft" gehalten. Dabei forderte und beschwor er Friede und Dialog für das 21. Jahrhundert. Die Gewalt heutzutage sei ein "Versäumnis des vergangenen Jahrhunderts", Terrorismus sei nur einer der Auswüchse dessen, erklärte der Dalai Lama vor rund 10.000 Zuhörern. Nichtsdestotrotz zeigte er sich optimistisch, dass dieses Jahrhundert "ein besseres" wird. Dies sei aber auch "von unseren eigenen Bemühungen abhängig". Wichtig dafür sei Bildung: "Durch Bildung können wir ein glücklicheres Jahrhundert schaffen."

Dalai Lama wil Dialog mit China
Am Vormittag hatte der Dalai Lama sich erneut für den Dialog mit China ausgesprochen. Er trete für eine Lösung mit "gegenseitigem Nutzen für Tibet und China" ein, sagte der Friedensnobelpreisträger bei seiner Ankunft in Wien. Auch Lobsang Sangay, Premier der Exilregierung Tibets, betonte seinen Willen zum Dialog und sprach von einer "Win-Win-Situation" mit Peking.

Tibet strebe eine "echte Autonomie innerhalb der chinesischen Verfassung" an, versicherte Sangay. Dies bedeute aber keine "Loslösung", man respektiere jedenfalls die chinesischen Interessen und die Souveränität der Volksrepublik. Der Dalai Lama erklärte in diesem Zusammenhang, dass die "Kraft des Gewehres" dabei aber "nur kurzfristig" siegen könnte. Langfristig würde die "Kraft der Wahrheit entscheiden", so das tibetische Oberhaupt.

"Inakzeptable Verhältnisse" in Tibet
Tibet verfolge seit Jahren eine "strikt gewaltfreie Politik", erklärte der Dalai Lama. Dass die Situation in der autonomen Region jedoch "sehr ernst" sei, zeigten die steigenden Selbstverbrennungen tibetischer Mönche. Unter chinesischer Besatzung würden "inakzeptable Verhältnisse" in Tibet herrschen, führte wiederum Sangay aus. Die Situation der Bevölkerung sei "unerträglich", die Exilregierung fordere deshalb die "Rückkehr des Dalai Lama nach Lhasa" sowie die "Wiederherstellung der Eigenständigkeit".

Um die europäische und insbesondere die österreichische Öffentlichkeit auf die Missstände aufmerksam zu machen, organisieren Tibet-Organisationen am Samstag ab 14.30 Uhr eine Solidaritätskundgebung für Tibet auf dem Wiener Heldenplatz, bei der der Dalai Lama und Sangay sowie einige wenige österreichische Politiker sprechen werden. Man wolle damit eine "positive Botschaft senden", so der Exil-Premier. Zuvor spricht der Dalai Lama an der Universität bei einem Symposium zu Buddhismus und Wissenschaft mit dem Titel "Geist und Materie - neue Modelle der Wirklichkeit".

Dalai Lama von Tibetzentrum eingeladen 
Der Besuch des 76-jährigen Mönchs in Österreich geht auf eine Einladung des Tibetzentrums im kärntnerischen Hüttenberg zurück. Er war am vergangenen Donnerstag in Kärnten eingetroffen und hielt am Freitag sowie am Samstag Vorträge in Klagenfurt. Anschließend besuchte er für zwei Tage Salzburg, von wo er als Andenken einen Bergkristall vom Großglockner in Empfang nahm. Nach Abstechern ins italienische Udine und nach Belgien kehrte er nun nach Österreich zurück.

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