Austritt möglich

Deutsche-Bank-Ökonom: Italien für Euro entscheidend

Ausland
26.12.2011 11:15
Die Zukunft des Euro wird nach Einschätzung des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Thomas Mayer, im kommenden Jahr in Italien entschieden. Das Überleben der europäischen Gemeinschaftswährung werde von der wirtschaftlichen Entwicklung des südeuropäischen Landes abhängen, sagte Mayer im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Auch einen Austritt des Landes aus der Euro-Zone schließt Mayer nicht aus.

Zu Beginn nächsten Jahres werde Italien in eine tiefe Rezession stürzen. "Wenn es dem Land gelingt, da vor den Wahlen im Mai 2013 wieder herauszukommen - was ich erwarte -, dann kann Italien ein Vorbild für alle südeuropäischen Staaten werden. Ansonsten wird die Euro-Zone auseinanderbrechen."

Auch mit dem Austritt eines Landes aus der Euro-Zone müsse man mittlerweile rechnen, glaubt Mayer. So sei ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsgemeinschaft nicht mehr tabu. Es bestehe das Risiko, dass dort nach den 2012 geplanten Neuwahlen eine Regierung komme, die entweder nicht willens oder nicht fähig sei, den Sparkurs weiterzutragen. "Dann würden vermutlich die Hilfsprogramme eingestellt. Und die Griechen müssten eigenes Geld drucken, um ihre Rechnungen zu bezahlen. Dieses können sie Drachme nennen oder auch anders."

Deutschland relativ glimpflich davongekommen
Deutschland dürfte nach Ansicht des Ökonomen dagegen relativ glimpflich davonkommen und von einem großen Abschwung im kommenden Jahr verschont bleiben. Im Winter werde die Wirtschaft zwar zwei Quartale in Folge schrumpfen und im ersten Halbjahr 2012 werde es schlimmer, als die meisten jetzt noch erwarteten, prognostizierte Mayer. "Aber im zweiten Halbjahr wird die starke Entwicklung in China und den anderen Schwellenländern sowie die erstaunlich solide Entwicklung in den Vereinigten Staaten die deutsche Wirtschaft wieder rausreißen."

Dass Deutschland infolge der Schuldenkrise 2012 sein Spitzen-Rating verlieren könnte, hält Mayer für unwahrscheinlich. "Anders ist es mit Frankreich. Die Franzosen rechnen ja schon damit, dass sie bald herabgestuft werden."

Nur Preisanstieg kann Schuldenberge abtragen
Abgetragen werden können die Schuldenberge der Staaten nach Einschätzung des Ökonomen letztendlich wohl nur über einen Anstieg der Preise. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde das Problem nur so ähnlich lösen können wie die amerikanische Notenbank Fed, sagte Mayer. "Sie wird einen Teil der Schulden über die Jahre weginflationieren."

Im kommenden Jahr werde sich der Preisanstieg wegen der Abkühlung der Wirtschaft zwar erst einmal abschwächen und die EZB werde die Zinsen noch bis auf ein halbes Prozent senken. Mit dem nächsten Aufschwung werde aber auch die Inflation zurückkehren. "Sie wird mit den Konjunkturzyklen schwanken, aber im Trend steigen."

Auch für die Banken ist die Krise nach den Worten Mayers noch nicht ausgestanden. "Die Finanzkrise wird weiter negative Auswirkungen auf die Stabilität der Banken haben. Und zwar nicht nur im nächsten Jahr, sondern im ganzen Jahrzehnt", sagte der Deutsche-Bank-Chefvolkswirt der Zeitung. Auch weitere Bankenpleiten werde es geben.

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