Das Bruttoinlandsprodukt Italiens sank zwischen April und Juni um 0,7 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistikamt Istat am Dienstag mitteilte. Ökonomen hatten nur ein Minus von 0,6 Prozent erwartet. Zu Jahresbeginn war die Wirtschaftsleistung mit 0,8 Prozent so stark gefallen wie seit drei Jahren nicht mehr. Der Industrieverband Confindustria befürchtet für 2012 ein Minus von 2,4 Prozent - das wäre doppelt so viel wie von der Regierung prognostiziert.
Sparmaßnahmen belasten Wirtschaft
Zum erneuten Rückgang im Frühjahr dürften die schweren Erdbeben beigetragen haben, die die Emilia-Romagna erschütterten und dort viele Industriebetriebe lahmlegten. Experten sehen den Hauptgrund für die Misere aber in den harten Sparmaßnahmen der Regierung. "Sie belasten die Wirtschaft", sagte Analyst Vincenzo Bova von MPS Capital Services. "Private wie staatliche Investitionen und Konsumausgaben sind besonders stark gefallen." Der Einzelhandelsverband geht davon aus, dass 2012 die Konsumausgaben pro Kopf so stark zurückgehen wie noch nie seit Ende des Zweiten Weltkriegs.
Im Kampf gegen die Schuldenkrise hat die Regierung von Ministerpräsident Mario Monti Ende 2011 Sparmaßnahmen von mehr als 20 Milliarden Euro durchgesetzt - vor allem Steuererhöhungen. Mit neuen Sparmaßnahmen versucht Monti, das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen. Die Regierung gewann am Dienstag eine Vertrauensabstimmung im Parlament über zusätzliche Einsparungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro. Der Industrie setzt die sinkende Nachfrage nach italienischen Waren im In- und Ausland zu: Sie fuhr ihre Produktion im Frühjahr deshalb um 1,7 Prozent nach unten.
Deutsche Industrie bekommt Krise zu spüren
Die kriselnde Euro-Zone und die schwächere Weltkonjunktur bekommt auch die deutsche Industrie zu spüren. Deren Aufträge fielen im Juni um unerwartet starke 1,7 Prozent. Dies war der größte Rückgang seit November 2011. Analysten hatten nur mit einem Minus von 1,0 Prozent gerechnet. Die Inlandsnachfrage ging um 2,1 Prozent zurück, die Auslandsaufträge um 1,5 Prozent.
"Das macht sehr deutlich, dass die deutsche Binnenkonjunktur nicht gegen Rückschläge immun ist", sagte Postbank-Ökonom Heinrich Bayer. Das Risiko sei recht hoch, dass vor allem die Nachfrage nach deutschen Exportschlagern wie Maschinen und Autos unter der Unsicherheit leiden dürfte, die von der Schuldenkrise ausgehe. Ökonomen gehen davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal nur noch um 0,2 Prozent gewachsen ist - die Statistik wird nächste Woche veröffentlicht. Zu Jahresbeginn expandierte Europas größte Volkswirtschaft noch um kräftige 0,5 Prozent, was die gesamte Währungsunion vor einer Rezession bewahrte.
Die wird sich nach Einschätzung von Experten nun aber nicht mehr vermeiden lassen. Spanien, die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Euro-Zone, schrumpfte im Frühjahr um 0,4 Prozent. In Belgien ging es um 0,6 Prozent nach unten. Nach einer Reuters-Umfrage unter Analysten dürfte das Bruttoinlandsprodukt in der Euro-Zone um 0,3 Prozent fallen. Auch diese Daten werden kommende Woche bekannt gegeben. Für den Sommer zeichnet sich ein erneutes Minus ab, wie zuverlässige Konjunkturindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex im Juli signalisierten.
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