Fall Zogaj

Fekter und Co. sprechen von legaler Rückkehr

Österreich
15.06.2010 13:16
Einen Tag nach der Veröffentlichung des VfGH-Urteils zum Fall Zogaj hat die Debatte um die Causa eine Wendung genommen. Stellungnahmen von Innenministerin Maria Fekter und anderen Regierungsvertretern gehen jetzt in Richtung einer für die Familie letztlich doch positiven Lösung, die man getrost als "österreichische Variante" bezeichnen könnte: Die 18-jährige Arigona Zogaj und ihre Familie könnten ja nach einer Ausreise in den Kosovo mittels erneuter Aufenthaltsansuchen oder Arbeits- bzw. Schülervisa legal nach Österreich zurückkehren, so der Tenor. Die Bestimmungen dafür sind allerdings sehr streng.

Wie berichtet, bekommt die in Oberösterreich lebende Familie von Arigona Zogaj (im Bild bei einer Pressekonferenz im Jahr 2007) in den nächsten Tagen Post von der BH Vöcklabruck, die als fremdenpolizeiliche Behörde für die Ausweisung zuständig ist. Der Bescheid wird eine Aufforderung zur selbstständigen Ausreise enthalten sowie ein Frist, mit deren Auslaufen der Familie eine Zwangsabschiebung durch die Fremdenpolizei droht. 

Über die zeitliche Dimension dieser Frist wollte sich die BH am Dienstag weiterhin nicht festlegen. Die Länge hänge vom individuellen Fall ab, gesetzlich gebe es diesbezüglich keine Vorgaben, erklärte Bezirkshauptmann-Stellvertreter Martin Gschwandtner. Für die Entscheidung ist aber ohnehin noch Zeit, da zunächst der Postbote am Zug ist: Der VfGH-Entscheid geht an den Asylgerichtshof, erst dieser setzt die BH in Kenntnis. Wenn diese Mitteilung eingelangt ist, werde die Behörde tätig, so Gschwandtner. 

Innenministerin Fekter hatte der Familie am Montagabend zu einer freiwilligen Ausreise geraten. Und zwar auch im Hinblick darauf, dass bei einer Zwangsabschiebung automatisch ein 18-monatiges Aufenthaltsverbot eintritt, gegen das es keine Rechtsmittel gibt und das neue Aufenthaltsansuchen und Visa-Erteilung unmöglich macht. 

Kanzler und Vizekanzler verweisen auf legale Rückkehr
Die Möglichkeit, dass die Zogajs nach einer freiwilligen Ausreise vom Kosovo aus einen Aufenthaltstitel bekommen könnten, sprachen am Dienstag auch Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll an. Faymann meinte im Pressefoyer nach dem Ministerrat, es sei "bedauerlich, dass es so weit kommen konnte", verwies aber darauf, dass ja auch der VfGH die Möglichkeit einer legalen Rückkehr nach Österreich erwähnt hatte. Pröll meinte, es sei jetzt "das Angebot da, das Land freiwillig zu verlassen". Auch er verwies dann auf die Möglichkeit der legalen Rückkehr. "Es ist überhaupt keine Frage, dass jeder, der die Bedingungen erfüllt, diese Möglichkeit auch erhält." 

Verteidigungsminister Norbert Darabos führte bei den "Möglichkeiten, dass sie (Arigona Zogaj, Anm.) sich legal hier aufhalten kann", ein Schülervisum an, fügte aber zugleich hinzu: "Den Flüchtlingsstatus wird es wahrscheinlich nicht mehr geben." Infrastrukturministerin Doris Bures geht davon aus, dass es Möglichkeiten für einen legalen Aufenthalt, etwa als Schlüsselarbeitskraft gibt: "Ich finde es gut, dass der VfGH ausdrücklich darauf hingewiesen hat." 

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl meinte, es gebe vielleicht die Möglichkeit, dass Arigona, die wahrscheinlich besser Oberösterreichisch spreche als viele ihrer Schulkollegen, letztlich um eine Niederlassungsbewilligung ansuchen könne. Diese erteilen die Bundesländer allerdings nur sehr begrenzt.

Fekter: Saisonarbeit oder Heirat
Aber sogar Innenministerin Fekter legte am Dienstag vor dem Ministerrat noch einmal nach: "Die legalen Möglichkeiten stehen jedem offen. Und sie müssen den legalen Weg gehen. Es gibt in Österreich kein Gnadenrecht der Ministerin." Auf die Frage nach den legalen Möglichkeiten erwähnte sie ein Schüler- oder Studentenvisum, die Arbeit als Saisonnier oder Schlüsselarbeitskraft sowie den Weg der Heirat. Ob dies realistisch sei, darauf meinte Fekter: "Ich bin nicht die Rechtsberatung der Familie."

Eine Rechtsberatung hätte wohl darauf hingewiesen, dass Arigona Zogaj bei den österreichischen Bestimmungen für Schülervisa an der Altersgrenze von 19 Jahren scheitern würde bzw. nur für ein Jahr ein solches Visum beantragen könnte. Bei einem Arbeitsvisum muss es Jobgarantien in Österreich samt Gehaltszusage von rund 2.500 Euro brutto monatlich geben bzw. spielen auch die finanziellen Verhältnisse des Antragsstellers eine Rolle. Als Schlüsselarbeitskraft galten bisher eher Wissenschaftler und technische Fachkräfte. Für einen Aufenthaltsbewilligung per Heirat müsste Arigona Zogaj 21 Jahre alt sein und einer Scheinehe-Prüfung standhalten.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer meinte am Dienstag dazu, sie gehe angesichts der schwierigen Hürden für die Zogajs davon aus, "dass man der Familie entgegenkommt", was ebenfalls einer "österreichische Lösung" des Sich-Durchwurschtelns entspräche. Prammer plädierte gleichzeitig aber für eine freiwillige Ausreise der Familie, weil juristisch "nichts mehr geht". Es müsse ein vorläufiger Schlussstrich gezogen werden und es sei jetzt wichtig, die Rückkehr der Familie in den Kosovo sensibel zu begleiten. Danach "stellen wir die Sache auf neue Beine und dann ist Ruhe". 

Betreuer: Signale der Politik sind "Lichtlein am Horizont"
Der Betreuer der Familie Zogaj, Christian Schörkhuber von der Volkshilfe, zeigte sich am Dienstag mit einer freiwillige Ausreise seiner Schützlinge prinzipiell einverstanden - wenn das Innenministerium grünes Licht gebe, den Kosovaren bei einer legalen Wiedereinreise keine Steine in den Weg zu legen. "Wir waren immer an einer legalen Lösung interessiert", betonte Schörkhuber. 

"Die Grenzen der legalen Einreise sind aber sehr eng", so Schörkhuber weiter, vor allem für die Mutter werde es schwer (Nurie Zogaj hatte in Österreich zunächst nur als Reinigungskraft Arbeit gefunden, Anm.). Dass die mittlerweile volljährige Arigona alleine nach Österreich zurückkehren und den Rest der Familie im Kosovo zurücklassen könnte, glaube er eher nicht, denn sie sei "der stabilisierende Faktor", vor allem für ihre kleinen Geschwister. Die Signale des Innenministeriums seien derzeit trotzdem "ein Lichtlein am Horizont". Die Familie sei aber eher skeptisch und befürchte, nicht mehr einreisen zu dürfen, sollte sie freiwillig das Land verlassen. "Sie hat in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht." Vor zwei Jahren etwa seien aus dem Kosovo beantragte Schülervisa für die beiden kleineren jüngeren Geschwister - heute neun und zehn Jahre alt - abgelehnt worden.

Schörkhuber geht davon aus, dass die Kinder das laufende Schuljahr noch abschließen können, "der Schulschluss ist ja nicht mehr weit". Er sehe seine Aufgabe nun in erster Linie darin, die Zogajs zu unterstützen, "damit sie physisch und psychisch nicht zusammenbrechen". Eine weitere Betreuung im Kosovo sei aber schwierig. Die Frauenarbeitslosigkeit betrage dort 60 Prozent. Die älteren Brüder Arigonas, die sich im Kosovo aufhalten, würden wegen ihres Namens keine Arbeit finden, berichtete er. "Dort sagt man ihnen, sie sollen nach Österreich gehen."

FPÖ und BZÖ orten "politischen Kuhhandel"
Politiker aus dem freiheitlichen Lager, die am Montag das VfGH-Urteil wie einen Wahltriumph empfangen hatten, lassen indes in einer Flut an Aussendungen die Verschwörungstheorien poltern. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky ortet einen "politischen Kuhhandel", denn die Zogajs hätten ja bereits die informelle Zusage, nach einer Ausreise einen legalen Aufenthaltstitel zu erhalten.

Die von Fekter geforderte freiwillige Ausreise der Zogajs bedeute "nichts anderes als die sofortige Wiedereinreise der Familie nach Österreich", meinte wiederum BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner. Fekter führe die Österreicher an der Nase herum und sei "zu feig", um humanitäres Bleiberecht zu verhängen.

Grüne starten Petition "daham is daham"
Die Grünen haben indes eine Internet-Petition für den dauerhaften Aufenthalt der kosovarischen Flüchtlingsfamiliein Österreich gestartet. "Was die Frau Innenminister hier aufführt, halte ich für widerwärtig", sagte Vizeparteichef Kogler. Auf der Website gruene.at/dahamisdaham seien auch Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Faymann, die sich in der Vergangenheit beide für einen Verbleib der Zogajs in Österreich ausgesprochen haben, eingeladen, die Petition zu unterschreiben.

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