Zäune, Kontrollen
Flüchtlinge: Welche EU-Staaten sich abschotten
- Spanien: Als einer der ersten EU-Staaten begann sich Spanien in den 1990er-Jahren Richtung Nordafrika abzuriegeln. Um den Grenzübertritt von Flüchtlingen und Schmugglern zu erschweren, wurden die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla, die sich auf marokkanischem Staatsgebiet befinden, umzäunt. Heute sind die beiden Exklaven von bis zu sechs Meter hohen Zäunen mit Stacheldraht, Bewegungsmeldern, Kameras und jeder Menge Sicherheitspersonal umgeben.
- Griechenland: Auch Griechenland hat einen Zaun errichtet. Der rund 13 Kilometer lange und vier Meter hohe Grenzschutz entlang der Grenze zur Türkei wurde 2012 gebaut. Zur Sicherung der insgesamt 200 Kilometer langen EU-Außengrenze sind zudem mehrere Patrouillenboote auf dem Grenzfluss Evros sowie Grenzschützer im Einsatz.
- Bulgarien: Die Grenze zur Türkei ist hier ebenfalls mittels eines Eisenzauns gesichert. Die drei Meter hohe Barrikade erstreckt sich auf einer Länge von 32 Kilometern. Das Projekt dürfte aber noch nicht endgültig abgeschlossen sein, denn vor Kurzem hat die bulgarische Regierung Pläne vorgestellt, den Sperrwall auf eine Länge von 145 Kilometern auszuweiten. Medienberichten zufolge interessiert sich die Regierung in Sofia insbesondere für den Hightech-Zaun zwischen Israel und Ägypten.
- Ungarn: Seit 15. September ist die Grenze zu Serbien mittels eines 175 Kilometer langen Grenzzaunes komplett abgeriegelt. Damit sollen Flüchtlinge am Überschreiten der EU-Außengrenze gehindert werden bzw. kontrolliert zu Aufnahmepunkten geleitet werden. Nach Fertigstellung des EU-weit viel kritisierten Projekts begannen die ungarischen Behörden nun auch mit der Errichtung von Sperrwällen entlang der kroatischen und rumänischen Grenze. Das kroatische Projekt ist nun ebenfalls fertig. An der österreichisch-ungarischen Grenze bzw. an der tschechisch-ungarischen Grenze wurden weiters verstärkte Grenzkontrollen eingeführt.
- Deutschland: Nach seiner "Einladungspolitik" gegenüber Flüchtlingen machte die Regierung in Berlin Anfang dieser Woche einen Rückzieher und führte an den Grenzen zu Österreich, Tschechien, Polen und wenige Tage später auch entlang der deutsch-französischen Grenze intensivere Kontrollen ein. Damit wurde ein Dominoeffekt innerhalb der EU ausgelöst.
- Tschechien: Im Anschluss an Deutschland beschloss nämlich auch Prag, seine Grenze zu Österreich zu kontrollieren. Das weitere Vorgehen sei davon abhängig, wie viele Flüchtlinge auf die Route über Tschechien auszuweichen versuchten, erklärte vor wenigen Tagen Innenminister Milan Chovanec.
- Slowakei: Auch an der Grenze zur Slowakei werden Reisende aus Ungarn und Österreich überprüft. Es wird befürchtet, dass Alternativrouten Richtung Deutschland bald zum Tragen kommen werden. Zu diesem Zweck wurden Hunderte zusätzliche Polizisten in die Grenzregionen entsandt.
- Österreich: Seit Montag wird die Grenze zu Ungarn stärker kontrolliert. Auch das Bundesheer assistiert bei Kontrollen, aber vor allem bei der Bereitstellung von humanitären Hilfsgütern und bei Flüchtlingstransporten. Wegen der Alternativroute über Kroatien und Slowenien wurden die Personenkontrollen auch auf die österreichisch-slowenische Grenze ausgedehnt.
- Finnland: Am Samstag nahm Finnland in Tonio im Norden des Landes, an der Grenze zu Schweden, Kontrollen auf. Asylwerber können dort nun nicht mehr ohne Registrierung weiterreisen, teilt das Innenministerium mit. In den vergangenen Wochen waren viele Flüchtlinge über Tornio von Schweden aus nach Finnland eingereist.
- Polen: Polen ist nach den Worten von Ministerpräsidentin Ewa Kopacz bereit, im Falle einer bedrohlichen Lage Grenzkontrollen einzuführen. "Sobald ich irgendeine Nachricht darüber bekomme, dass unsere Grenzen bedroht werden, werden wir mit Grenzkontrollen starten", sagte Kopacz am Montag.
- Slowenien: Die Grenzen zu Ungarn und Österreich werden wieder kontrolliert. An der EU-Außengrenze zu Kroatien waren auch schon vor den jüngsten Entwicklungen intensive Passkontrollen vorgesehen. Diese wurden nun aber nun deutlich verstärkt. Premier Miro Cerar wiederholte am Donnerstag, dass sein Land "die EU-Außengrenze beschützen" werde.
- Kroatien: Nach der Fertigstellung des ungarischen Grenzzaunes bewegen sich die Flüchtlingsströme zunehmend über Kroatien Richtung Slowenien und Österreich. Nach anfänglicher Hilfsbereitschaft und der Bereitstellung von Korridoren zur slowenischen Grenze sieht sich die Regierung in Zagreb nun zunehmend überfordert und hat die Notbremse gezogen: Die Grenze zu Serbien ist geschlossen. Dennoch sind die kroatischen Behörden offenbar nicht in der Lage, den von Serbien kommenden Flüchtlingsstrom aufzuhalten. Zahlreiche Flüchtlinge kamen am Freitag über Felder bei der serbischen Grenzstadt Sid nach Kroatien, nachdem die offiziellen Grenzübergänge in der Gegend geschlossen worden waren, berichteten Augenzeugen.
- Frankreich: Auch Frankreich denkt über eine temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen nach. "Diese Maßnahme könnte in den nächsten Tagen oder Wochen ergriffen werden - falls nötig", sagte Premierminister Manuel Valls am Mittwoch. Welche Grenzen von den Kontrollen betroffen sein könnten, hat Valls bisher nicht präzisiert.
- Großbritannien: Der Eurotunnel, der Frankreich mit Großbritannien verbindet, war bisher das einzige Nadelöhr für Flüchtlinge, die auf die Inseln wollten. Im Juli eskalierte die Situation auf französischer Seite in der Hafenstadt Calais. In manchen Nächten wurden rund 2000 Versuche von Flüchtlingen gezählt, auf das Eurotunnel-Gelände zu gelangen. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden daraufhin drastisch verschärft, die Polizei verstärkt und neue Absperrungen errichtet.
Ausnahmen der Schengen-Regeln
Grenzkontrollen zwischen Schengen-Staaten dürfen in Ausnahmefällen vorübergehend wiedereingeführt werden. Das gilt in der Regel für die Dauer eines Ereignisses oder für einen Zeitraum von bis zu 30 Tagen. In absoluten Ausnahmefällen kann dieser Zustand auf bis zu zwei Jahre verlängert werden.
Grenzkontrollen sind möglich bei geplanten Ereignissen wie einem politischen Gipfeltreffen oder einem Sportereignis wie einer Fußball-Europameisterschaft, wenn die Einreise gewaltbereiter Demonstranten oder Hooligans befürchtet wird. Zudem kann ein Mitgliedsland bei unvorhersehbaren Ereignissen wie terroristischen Bedrohungen seine Grenzen schließen, wenn es die innere Sicherheit in Gefahr sieht.
Schon im Jahr 2013 beschloss die EU als dritte Möglichkeit einen Notfallmechanismus. Demzufolge können Schengen-Mitglieder als letztes Mittel Grenzkontrollen auch dann wiedereinführen, wenn sie die massenhafte Ankunft von Flüchtlingen befürchten und dadurch das Funktionieren des Schengenraums in Gefahr sehen. Aus diesem Grund wurden bisher sämtliche wiedereingeführten Grenzkontrollen von der EU-Kommission abgesegnet.
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