Im "Krone"-Interview

Frank Stronach: “Ich werde alles auf den Tisch legen”

Österreich
18.08.2012 16:59
Er wird für Bewegung und Irrwitz im kommenden Wahlkampf sorgen: Frank Stronach (79), Milliardär und Spitzenkandidat einer neuen Partei. Im Interview mit Conny Bischofberger nimmt der Magna-Gründer zu Vorwürfen rund um sein Kärntner Schloss und den Steuerwohnsitz Zug Stellung, spricht über seinen bizarren "ZiB 2"-Auftritt und wünscht sich ein Sommergespräch mit Armin Wolf.

Golfklub "Fontana" im niederösterreichischen Oberwaltersdorf: Während die Kellner aufdecken, betritt Frank Stronach die Sonnenterrasse mit Blick auf den 9,9 Hektar großen Fontanasee. Ans Ufer schmiegt sich ein Villen-Ghetto für Superreiche, das genauso gut in Florida stehen könnte. "Schön hier, nicht?", findet der Magna-Gründer, der mit bald 80 Jahren jeden Morgen seine Runden im künstlich angelegten, azurblauen Teich schwimmt.

Stronach stellt Speisen zusammen, die nicht auf der Karte stehen, verlangt nach dem Kernöl aus der Mühle, die er gerade gekauft hat ("Die wären sonst Konkurs gegangen"), und lässt sich schwarze Oliven servieren ("Mein einziger Beitrag zum Griechenland-Desaster").

Seit es den Milliardär mit dem beeindruckenden Lebenswerk und dem lustigen Akzent in die Niederungen der heimischen Politik zieht, wird die Konkurrenz nervös. Als "Steuerflüchtling" bezeichnete ihn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, als "Fantasie, die hoffentlich niemals Realität wird" ÖVP-Obmann Michael Spindelegger. SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann meinte in der "Krone": "Warten wir's ab."

"Krone": Herr Stronach, werden Sie jetzt selbst Spitzenkandidat Ihrer neuen Partei, weil Siegfried Wolf abgesagt hat?
Frank Stronach: Wer sagt, dass er abgesagt hat?

"Krone": Hat er nicht?
Stronach: Er hat weder ab- noch zugesagt.

"Krone": Wenn er es noch machen würde, rücken Sie dann in den Hintergrund?
Stronach: Schauen Sie, ich bin kein Politiker. Und wir sind auch keine Partei, sondern eine Bewegung. In dieser Bewegung gibt es viele gute Leute, die vielleicht noch gar nie mit Politik zu tun gehabt haben. Sie müssen nicht prominent sein, um bei uns eine wichtige Rolle zu spielen. Ich selbst sehe mich auch, wenn man das jetzt mit einem modernen Unternehmen vergleicht, nicht als Vorstandsvorsitzenden, sondern eher als Aufsichtsrat, der sicherstellt, dass die Werte eingehalten werden: Wahrheit, Transparenz, Ehrlichkeit. Dafür investiere ich mein Geld und meine Zeit.

"Krone": Hat ein Nobody in Ihrer Bewegung dieselben Chancen wie ein ehemaliger SPÖ-Abgeordneter?
Stronach: Bei uns haben alle die gleichen Chancen.

"Krone": Diese Woche haben Sie den Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer an Land gezogen... Stolz?
Stronach: Ich würde nicht sagen, dass ich ihn an Land gezogen habe. Sondern er hat meine Broschüre gelesen und das hat ihn anscheinend gerührt. Ich freue mich über ihn, das braucht sehr viel Mut, weg von einer Partei zu einer Bewegung zu gehen.

"Krone": Es könnte auch am geplanten Parteistatut liegen, nach dem man nicht mehr gleichzeitig Bürgermeister und Abgeordneter sein kann.
Stronach: So schätze ich ihn nicht ein. Köfer hat einen guten Charakter. Vor allem sieht er, dass das derzeitige System nicht mehr funktionieren kann.

"Krone": Es kursieren ja alle möglichen Namen. Machen wir ein kurzes Name-Dropping?
Stronach: Warum nicht?

"Krone": Westenthaler?
Stronach: Ein wirklich netter Bursch, aber vielleicht ein wenig zu aggressiv. Ich habe ihm gesagt, dass er nicht auf der Liste sein wird.

"Krone": KHG?
Stronach: Zunächst: Es ist niemand schuldig, bevor ihn das Gericht nicht schuldig gesprochen hat. Er hat mit mir gearbeitet und aus dieser Zeit kann ich nur das Beste von ihm sagen. Aber manchmal gibt es eben bestimmte Umstände... Er würde nicht auf der Liste sein.

"Krone": Waltraud Dietrich?
Stronach: Ja, die Waltraud Dietrich ist auf der Liste, auch Erich Tadler. 

"Krone": Herbert Paierl?
Stronach: Hat nicht Ja und nicht Nein gesagt.

"Krone": Fritz Grillitsch?
Stronach: Es würde mich freuen, wenn er unsere Werte unterstützen würde. Wir sind ja noch in Verhandlungen, da kommen noch viele Namen dazu, Ende September werden wir sie präsentieren.

"Krone": Haben bis jetzt mehr potenzielle Kandidaten Sie angerufen oder war es umgekehrt?
Stronach: Ich klopfe nirgends an. Ich habe meine Broschüre ausgesandt und da habe ich sehr viele Anrufe bekommen. Wir haben Tausende, die dabei sein wollen. Und es kristallisiert sich immer mehr heraus, wer auch wirklich etwas tun möchte, es fängt sich schon an zu formieren.

"Krone": Gibt es schon einen Namen für Ihre Partei?
Stronach: Mit dem Namen schlagen wir uns noch ein bisschen herum. "Team Stronach" vielleicht oder "Stronach für Österreich". Ich will mich nicht profilieren, ich brauche das nicht. Aber die Bewegung braucht es vielleicht.

"Krone": Welche Farbe? Die besten sind ja schon vergeben.
Stronach: Vielleicht Regenbogen, vielfärbig. Das bildet die Gesellschaft am besten ab. 

"Krone": Für große Aufregung sorgt, dass Sie angeblich Ihr gesamtes Geld im Steuerparadies Zug geparkt haben und dort nicht einmal sieben Prozent Steuern dafür zahlen.
Stronach: Ich kann da ganz klar sagen: Ich zahle Steuern in Österreich, vielleicht mehr als Raiffeisen. Die Hauptsteuer zahle ich in Kanada. In der Schweiz habe ich ein Büro, weil ich nicht sicher war, von wo aus ich arbeiten werde, als ich wieder nach Europa zurückgekommen bin. Ich habe auch eine Wohnung genommen, ich bin ganz selten dort, fast nie, zahle deshalb nur wenig Steuer. Ich habe dort aber kein Geld gelagert.

"Krone": Was ist Ihr Hauptwohnsitz?
Stronach: Das Flugzeug (lacht).

"Krone": Steuertechnisch?
Stronach: Ist mein Hauptwohnsitz Österreich.

"Krone": "Wie viel Steuer zahlen Sie in Österreich? Gemeint ist Einkommenssteuer, nicht die Mehrwertsteuer Ihres Mineralwassers."
Stronach: Ich glaube, es sind um die zwei Millionen. Genau wissen das meine Leute im Finanzbereich.

"Krone": Wahrheit, Transparenz, Ehrlichkeit: Werden Sie Ihre Finanzen im Wahlkampf auf den Tisch legen?
Stronach: Ich werde das alles auf den Tisch legen, weil ich ein ruhiges Gewissen habe. Und ich hoffe, dass auch alle anderen Politiker ihre Finanzen auf den Tisch legen. Also es muss für alle gelten. Bundespräsident, Bundeskanzler, Regierungsmitglieder, Parlamentarier.

"Krone": Herr Stronach, ein Kernpunkt Ihres politischen Programms ist der Austritt aus dem Euro. Ist das nicht ein völlig unrealistisches Szenario?
Stronach: Nein. Die Währung ist ein Spiegelbild der Wirtschaft eines Landes, und am Lebensstandard eines Landes kann bemessen werden, wie gut die Wirtschaft funktioniert.

"Krone": Aber die Wirtschaft in Österreich funktioniert ja sehr gut.
Stronach: Die könnte viel besser funktionieren. Sie funktioniert eben nicht, weil der Staat ihr viel zu viel wegnimmt und sie so abwürgt. Besonders der Mittelstand leidet. Nehmen wir eine Fabrik: Da können die Arbeiter noch so fleißig sein, wenn die Verwaltung zu groß ist, kann die Fabrik nicht konkurrenzfähig sein. So geht es unserem Staat. Die Verwaltung erdrückt ihn, daher kommen ja die ganzen Schulden. Und jetzt kommt noch die europäische Verwaltung dazu. Österreich muss sich abgrenzen. Wenn wir uns noch weiter reinziehen lassen, dann wird unser Lebensstandard runtergehen. Der ESM, von dem viele glauben, es sei eine Krankheit, ist ja unverantwortlich. Da geben wir Milliarden hinein! Wissen Sie, wo das Geld hingegangen ist? Warum gibt man uns diese Antworten nicht? Wer hat das Geld bekommen? Ich glaube, die maroden Banken. Für die armen Menschen in Griechenland bleibt da gar nichts übrig. Wenn ich in der Regierung wäre, kch was!

"Krone": Ist es nicht sehr unwahrscheinlich, dass Sie mit - sagen wir einmal - zehn Prozent der Stimmen nach den nächsten Wahlen gleich in der Regierung sein werden?
Stronach: Ich hoffe auf viel mehr Stimmen.

"Krone": Wie viel mehr?
Stronach: Ich glaube, es könnten zwischen 20 und 30 Prozent werden.

"Krone": Ist das nicht ein Wunschtraum von Ihnen?
Stronach: Man muss sich ein Ziel setzen und dann daran arbeiten. Ich brauch mich nicht verstecken. Ich bin anerkannt in der Welt als eine der führenden Wirtschaftspersönlichkeiten. Nur in Österreich will man mich schlechtmachen, weil die Politiker Angst haben, ich könnte zu populär werden. Die wissen, ich bin ein Mann des Volkes, der ihnen ihr Spiel versauen kann. Immer wenn ich zum ORF gekommen bin, gab es eine negative Einleitung.

"Krone": Tut es Ihnen im Nachhinein leid, dass Ihnen bei Ihrem "ZiB 2"-Auftritt der Kragen geplatzt ist?
Stronach: Nein, doch nicht wegen eines Schulmädchens, sie hat mir Leid getan.

"Krone": Sie beleidigen gerade Lou Lorenz-Dittlbacher!
Stronach: Sie kann beleidigt sein. Ich habe ihr gesagt, dass ich den ESM erklären will und sie hat mich nicht gelassen. Sie war bestimmt beauftragt ein paar dumme Fragen zu stellen und dann zu sagen: Danke, Wiederschaun!

"Krone": Aber Sie ließen sie ja gar keine stellen, Herr Stronach!
Stronach: Nein, nein. Ich habe den ESM dann erklärt und gesagt, dass ich jetzt jede Frage beantworten werde. Ich komme auch jederzeit wieder in die "ZiB", hofffentlich aber mit ein bisschen mehr Zeit. Deshalb würde es mich sehr freuen, wenn Armin Wolf den Mut hätte, mich zum Sommergespräch einzuladen.

"Krone": Nächstes Jahr?
Stronach: Nein, dieses. Ich hoffe, er hat den Mut und ist nicht zu feige.

"Krone": Fühlen Sie sich eigentlich ein wenig wie der Hecht im Karpfenteich?
Stronach: Der Hecht im Karpfenteich ist der Strache.

"Krone": Was ist dann Frank Stronach?
Stronach: Ich schwimme nicht in dem Teich mit.

"Krone": Sie wollen viel eigenes Geld in den Wahlkampf investieren. Kann man sich Wählerstimmen einfach so kaufen?
Stronach: Nein. Wählerstimmen kann man sich nicht kaufen. Die Politik kauft sich Wählerstimmen, weil sie Dinge verspricht, für die sie dann Schulden machen muss. Ich werde reingeben, was nötig sein wird.

"Krone": Das Transparenzgesetz sieht eine Obergrenze von sieben Millionen Euro vor. Wird Sie das sehr beschränken?
Stronach: Nein. Ich kann ja auch als Privatmann Umstände aufzeigen und Lösungen vorschlagen. Das sollten Faymann und Spindelegger auch machen. Ihr eigenes Geld dazuzahlen. Das könnte jedes Parteimitglied machen, dann hätten sie ein größeres Wahlbudget.

"Krone": Das meinen Sie jetzt aber nicht ernst.
Stronach: Das meine ich ernst. Wenn jedes Mitglied 100, 200 Euro reingibt, würden auch ein paar Millionen zusammenkommen.

"Krone": Herr Stronach, die Politik ist ja ein mühsames Geschäft, da wird oft um Lösungen gerungen, nächtelang verhandelt. Sind Sie dafür nicht viel zu ungeduldig?
Stronach: Nein, im Gegenteil. Ich bin sehr geduldig. Man kann nicht eine Weltfirma aufbauen, indem man auf den Tisch haut und sagt, das hat jetzt zu geschehen. Da gibt es Budgetkämpfe, da wird diskutiert, aber das ist alles konstruktiv. Ich habe konstruktive Kritik meiner Arbeiter immer geschätzt. Ich wollte immer wissen, was man besser machen kann, dadurch ist die Firma immer mehr gewachsen. 

"Krone": Aber die Politik ist keine Firma.
Stronach: Ja, viele Politiker könnten nicht einmal einen Greißlerladen führen. Herr Faymann und Herr Spindelegger, das sind nette, anständige Leute. Ich habe auch viele nette, anständige Leute in meiner Firma, aber sie sind nicht fähig, Manager zu sein. Die heutigen SP-Politiker, Arbeiterkammer- und Gewerkschaftsfunktionäre, wenig von denen haben Schmutz unter den Fingernägeln gehabt. Die sind weit weg von den Arbeitern.

"Krone": Am 6. September werden Sie 80 Jahre alt...
Stronach: Da muss ich widersprechen. Ich werde 80 Jahre jung (lacht).

"Krone": Machen Sie sich mit Ihrer Partei selber das schönste Geburtstagsgeschenk?
Stronach: Das schönste Geburtstagsgeschenk für mich ist, dass ich etwas zu einer besseren Gesellschaft beitragen kann. Meine Freunde haben mir gesagt: Frank, warum tust du dir das an? Du wirst beschmutzt und beschimpft werden. Ich weiß das. Aber meine Freunde kennen mich. Ich weiß, dass ich transparent sein muss, ich werde auch beweisen können, wo das Geld herkommt.

"Krone": Apropos "wo das Geld herkommt": Es gab einmal ein böses Gerücht, dass Magna Millionen von Scientology bekommen hätte.
Stronach: Ich hatte mit Scientology noch nie die leiseste Berührung. Ich bin katholisch, gehe manchmal mit dem Pfarrer Mitagessen und sage: "Pass auf, kannst du mir gleich meine Sünden vergeben?" Und hinter meinem Haus im Wald spaziere ich am Sonntagmorgen oft durch die Felder, sitze manchmal auf einem Stein und sage ein leises Gebet. Wie gut, was immer da oben ist, wie gut es doch zu mir war. Ich fühle mich sehr begnadet, denn ich habe viel Geld und viele schöne Plätze in der Welt.

"Krone": Einen dieser Plätze, das Schloss Reifnitz in Kärnten, sollen Sie viel zu billig erworben haben.
Stronach: Das Schloss war in einem fürchterlichen Zustand, alles war feucht und zerfallen. Die Renovierung - das Schloss steht unter Denkmalschutz - hat viel mehr gekostet, als gedacht. Ich war schon richtig böse mit meinem Management deswegen. Es handelte sich um einen öffentlichen Bieterprozess und wir haben den Zuschlag bekommen. Die Gemeinde hatte anstatt der Spesen ein Einkommen.

"Krone": Herr Stronach, gibt es eigentlich jemanden, der noch Franz Strohsack zu Ihnen sagt?
Stronach: Die Leute in Weiz sagen noch immer Franz zu mir. Wenn ich dort bin - zuletzt bei einem Klassentreffen, da waren lauter so gebrechliche alte Herren dabei - lächeln mir die Leute zu und ich sehe in ihren Augen, dass sie stolz auf mich sind.

"Krone": Sprechen Sie dort auch Ihren lustigen Akzent?
Stronach: Dort kann ich stoasteirisch reden. Im Deutschen ringe ich manchmal nach Worten, aber im Steirischen brauch ich gar nicht nachdenken. Das ist noch ganz tief verwurzelt.

Franz Strohsack
Geboren am 6. September 1932 in Kleinsemmering, Steiermark. Mit 22 wandert er per Schiff nach Kanada aus, nennt sich Frank Stronach und baut die "Magna International" auf. Mit seiner Ankündigung, Ende September eine neue politische Partei zu gründen und als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl 2013 zu führen, hat der 79-Jährige Unruhe in die Parteienlandschaft gebracht. Derzeit stellt er sein Team zusammen; einige Parlamentarier sind bereits übergelaufen.

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