20.000 Einsatzkräfte
Italien rüstet sich gegen Anarchisten-Attentate
Die italienische Regierung habe damit die Sicherheitsvorkehrungen drastisch verschärft, teilte das nationale Komitee für öffentliche Sicherheit am Donnerstag mit. Italienische Soldaten sollen jetzt verstärkt zur öffentlichen Sicherheit eingesetzt werden. Das Komitee will zur Vorbeugung von Anschlägen auch mehr auf die Geheimdienste zurückgreifen.
"Atomhexer" auf offener Straße niedergeschossen
Dem Topmanager Adinolfi war am Montag vergangener Woche in Genua von einem Unbekannten auf offener Straße ins Bein geschossen worden. Nach einer Operation wurde er mittlerweile wieder aus dem Spital entlassen. Die linksextremistische FAI bekannte sich mit einem Flugblatt, das der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" per Post zugestellt wurde, zu dem Anschlag. In dem Papier wurde Adinolfi beschuldigt, in Interviews die umweltbelastenden Auswirkungen der Atomenergie und das Ausmaß der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima heruntergespielt zu haben. Der Manager wurde als "Atomhexer" angeprangert.
Bereits Anfang Dezember war der Chef der italienischen Steuereinzugsgesellschaft Equitalia, Marco Cuccagna, beim Öffnen eines mit Sprengstoff präparierten Päckchens an der Hand und im Gesicht verletzt worden. Auch zu dem Anschlag hatte sich die FAI bekannt. Zuvor hatte die Gruppe ein ähnliches Päckchen an den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann gesandt - die funktionsfähige Briefbombe wurde jedoch in der Poststelle der Deutschen Bank in Frankfurt am Main abgefangen. Die FAI hatte sich in der Vergangenheit immer wieder zu Briefbombenanschlägen auf Banken, Behörden, Botschaften und Unternehmen bekannt.
Auch Premier Monti unter potenziellen Zielpersonen?
Wie das nationale Komitee für öffentliche Sicherheit am Donnerstag mitteilte, sei nach dem Attentat auf Adinolfi in Genua nunmehr für mehrere Ansaldo-Nucleare-Manager Personenschutz angeordnet worden. Ebenso für zahlreiche andere potenzielle Zielpersonen, wie etwa für den Geschäftsführer des italienischen Rüstungskonzerns Finmeccanica, Giuseppe Orsi, dessen Unternehmen die Anarchisten als "mörderische Krake" bezeichneten, auf die sie Anschläge verüben wollten.
Zudem erhielten die zwei süditalienischen Tageszeitungen "Calabria Ora" und "Gazzetta del Sud" am Mittwoch einen Brief mit Drohungen gegen Italiens Premier Mario Monti. Das Schreiben wurde von der FAI unterzeichnet. "Das Volk hat kein Interesse, in Europa zu bleiben, die Banken zu retten und die Schulden eines Staates zu sanieren, der sein Geld verschwendet hat", hieß es in dem Papier. Die Ermittler überprüfen nun, ob der Drohbrief wirklich auf die Anarchistengruppe zurückzuführen ist.
Kritik am Kapitalismus - und ständig neue Drohungen
Erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde die "Informelle Anarchistische Föderation" am 21. Dezember 2003, als im italienischen Bologna zwei Bomben in Müllcontainern explodierten, die unweit des Hauses des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi standen. Sechs Tage später erhielt Prodi ein Paket, das beim Öffnen durch den Politiker in Flammen aufging, ihn aber nicht verletzte. Darauf gingen mehrere Pakete an Vertreter des Europaparlaments und anderer EU-Institutionen wie die EZB und Europol. In einem einigen Päckchen beigelegten Traktat wurden unter dem Aktionsnamen "Operation Weihnachtsmann" der Kapitalismus kritisiert und verstärkte internationale Solidarität eingefordert.
In den folgenden drei Jahren setzte die FAI ihre Anschlagsserie in Italien fort. Ziele waren unter anderem Polizeikommissariate, Carabinieri-Kasernen und Auffangzentren für Einwanderer. Ab Mitte Juni 2006 wurde es für mehr als drei Jahre ruhig um die Gruppierung. Doch im Dezember 2009 tauchte die FAI mit einem Anschlag gegen eine Universität in Mailand wieder auf. Ende Dezember 2010 schickte sie dann zwei Sprengsätze an die Botschaften Chiles und der Schweiz in Rom - die Briefbomben explodierten und verletzten zwei Menschen. Seither gab es immer wieder neue Drohungen der Anarchistengruppe.
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