Die Diskussion um Fußfessel-Freilassungen für Sexualstraftäter war in den letzten Wochen nach Opfer-Protesten entfacht worden. Mit Stand Ende August gab es laut Ministerium österreichweit fünf Sexualstraftäter, die den unbedingten Teil der über sie verhängten Strafe im elektronisch überwachten Hausarrest anstatt im Gefängnis verbringen bzw. verbringen sollten. Das Justizministerium hat im Zuge der Debatte gegen die Bescheide der jeweiligen Vollzugskammern Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt und hofft, dass dieser die Entscheidungen aufhebt.
Seit Inkrafttreten der Fußfessel-Regelung am 1. September 2010 haben laut Justizministerium 22 Sexualstraftäter (Stand: 22. August) ihre Strafe im Hausarrest verbüßt. Insgesamt gab es bis zum 24. August des heurigen Jahres 963 Fußfesselträger.
Auf der Suche nach einer dauerhaften Lösung für derartige Problemfälle dürfte Karl nun offenbar in Spanien fündig geworden sein. Die dortigen Behörden haben laut Justizminister Alberto Ruiz-Gallardon sehr gute Erfahrungen mit der GPS-Fußfessel gemacht, berichtete Karl am Dienstag von ihrer noch andauernden Dienstreise. "So kann beispielsweise festgelegt werden, dass der Alarm losgeht, sobald sich der Täter dem Wohnort oder dem Arbeitsplatz des Opfers nähert oder er einem Kindergarten zu nahe kommt."
Auch Opfer können GPS-Gerät bekommen
Die spanische Fußfesselmodell-Variante ermöglicht aber nicht nur die Ortung des Straftäters, auch die Opfer können mit einem GPS-Gerät ausgestattet und automatisch alarmiert werden, sobald sich der Täter ihnen nähert. "Minister Ruiz-Gallardon erklärte mir, dass es für die Opfer aus psychologischer Sicht ein sehr wichtiger Punkt ist, da sie sich dadurch sicherer fühlen", sagte Karl.
Bereits im September werde sie die möglichen Verschärfungen im elektronisch überwachten Hausarrest bekannt geben. Zuvor prüfe ihr Ministerium allerdings noch alle verfassungsrechtlichen Bedenken und warte das von ihr in Auftrag gegebene Expertengutachten ab.
Karl lässt auch Anhörungsrecht prüfen
Im Zuge einer möglichen Verschärfung sei die eventuelle Einführung von GPS-Fußfesseln für Sexualstraftäter allerdings nur eine Maßnahme, so Karl. Ihr Ministerium prüfe heuer auch die rechtliche Stärkung der Opfer im Verfahren zur Gewährung von Fußfesseln. So stellt sich die Justizministerin beispielsweise die Einführung eines Anhörungs- oder Stellungnahmerechts der Opfer oder der Opferanwälte bei der Gewährung solcher Fußfesseln vor. Aber auch hier wolle sie zuvor die Meinung des Expertenrats abwarten.
Um weitere Eindrücke von der praktischen Anwendung von GPS-Fußfesseln in Spanien zu erhalten, trifft Karl auf ihrer Reise noch zu Gesprächen mit dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Gonzalo Moliner und in Barcelona mit der katalanischen Landesrätin für Justiz, Pilar Fernandez i Bozal, zusammen.
FPÖ und BZÖ bieten sich für Verfassungsänderung an
Die heimischen Rechtsparteien machen indes Stimmung für eine Verfassungsänderung in Sachen Fußfessel. Die FPÖ forderte am Dienstag, Sexualstraftäter von der Fußfessel generell auszunehmen. Man werde gleich zu Beginn der Parlamentssession einen diesbezüglichen Vorstoß unternehmen, kündigte Parteichef Heinz-Christian Strache in einer Pressekonferenz an. FP-Justizsprecher Peter Fichtenbauer plädiert für einen "präzisen Katalog" von Straftaten, bei denen der elektronische Hausarrest zulässig ist.
Auch das BZÖ bekundete, bei einer Verschärfung mit dabei zu sein. "SPÖ und ÖVP können die längst überfällige Verschärfung bei der Vergabe von Fußfesseln sofort mit dem BZÖ im Verfassungsrang umsetzen", bot BZÖ-Justizsprecher Gerald Grosz an.
Status quo: Fußfessel bedeutet nicht ständige Überwachung
Bei der bisher in Österreich verwendeten Fußfessel handelt es sich um ein Modell, bei dem der Träger im elektronischen Hausarrest mithilfe eines festinstallierten Kontrollgeräts überwacht wird. Hausarrest bedeutet dabei nicht, dass der Täter dauerhaft zuhause bleiben muss, sprich den ganzen Tag über eine aktivierte Fußfessel trägt. Jedem Träger wird bei der Verlegung in den Hausarrest ein sogenanntes Aufsichtsprofil auferlegt, in dem festgelegt wird, zu welchen Zeiten der Hausarrest besteht.
Außerhalb dieser Zeiten darf sich der Häftling nur dorthin bewegen, wohin zu gehen ihm erlaubt wurde - also etwa zum Arzt oder zur täglichen Arbeit. Erscheint er dort nicht, wird das zwar von der aktuell verwendeten Fußfessel nicht registriert - es erfolgt dann aber ohnehin die Meldung durch den Dienstgeber. Verhält sich der Fußfesselträger nicht wie vorgeschrieben, wird zunächst versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Erst wenn er sich dann nicht meldet, wird gemäß den Vorschriften die Fahndung eingeleitet.
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