Acht Tote in Italien

Kälte und Schnee stürzen Europa ins Winterchaos

Ausland
04.02.2012 22:40
Extreme Kälte und Schneemassen haben weite Teile Europas ins größte Winterchaos seit Jahrzehnten gestürzt. In Italien starben am Samstag acht Menschen, zwei von ihnen erfroren in ihren eingeschneiten Autos. Die Hauptstadt Rom erlebt derzeit die heftigsten Schneefälle seit den 1980er-Jahren. Die Schweiz verzeichnete Temperatur-Minusrekorde (Bild 5 und 6). Manche Orte erlebten die kälteste Februarnacht seit über 30 Jahren.

Die Kältewelle, die Italien seit Tagen im Griff hält, hat am Samstag mindestens acht Todesopfer gefordert. Ein 34-Jähriger wurde unweit der Abruzzen-Hauptstadt L'Aquila in seinem vom Schnee blockierten Auto tot aufgefunden. Ein ähnlicher Fall ereignete sich in der süditalienischen Provinz Isernia, wo ein Rentner in seinem eingeschneiten Auto tot aufgefunden wurde. Eine Frau kam in der süditalienischen Stadt Avellino ums Leben, nachdem ein Glashaus, in dem sie arbeitete, unter dem Druck des Schnees einstürzte, berichteten italienische Medien am Samstag.

Ein Lager für Landwirtschaftsprodukte stürzte unter dem Druck des Schnees in Frosinone südlich von Rom ein und erdrückte einen 62-Jährigen. Außerdem kamen drei Obdachlose ums Leben. Zu ihnen zählte eine 48-Ukrainerin, die tot in einer Barackensiedlung in Ostia bei Rom aufgefunden wurde. Zudem sind zwei Skifahrer bei einem Lawinenabgang am Samstag in Südtirol am Staller Sattel im Antholzertal tödlich verunglückt.

Soldaten halfen beim Schneeräumen
Wegen des heftigen Schnees kam es zu Stromausfällen in mehreren Teilen des Landes. Mindestens 160.000 Menschen mussten in Mittel- und Süditalien ohne Strom ausharren. Soldaten wurden in Bologna, Venedig, L'Aquila und in der Region Marche beim Schneeräumen eingesetzt. Auch in Neapel kam es zu Schneefällen, die Temperatur sank unter null Grad. Innenministerin Annamaria Cancellieri appellierte an die Italiener, auf das Auto zu verzichten und zu Hause zu bleiben.

Der Bahnverkehr kam auf der Apenninstrecke zwischen Bologna und Florenz zum Erliegen. Unweit von Bologna mussten die Passagiere eines Hochgeschwindigkeitszuges drei Stunden lang warten, bevor sie den Bahnhof erreichen konnten. In Bologna fiel in wenigen Stunden ein Meter Schnee. In Mailand wurden 1.700 Obdachlose in ein Aufnahmezentrum untergebracht. 

Flüge gestrichen, Autobahnen gesperrt, Fähre rammte Damm
Auch im Flugverkehr wurden erhebliche Probleme gemeldet. Dutzende von Flügen mussten in ganz Italien gestrichen werden. Auf dem römischen Flughafen Fiumicino kam es zu heftigen Protesten von Passagieren, nachdem wegen der Wetterlage zwei Ryanair-Flüge nach Frankfurt und Eindhoven nicht starten konnten.

Mehrere Autobahnstrecken wurden in der Emilia Romagna und der Region Marke wegen des Schnees gesperrt. Eingeschneite Autofahrer mussten in Sicherheit gebracht werden. Die Schulen bleiben auch am Montag in mehreren Ortschaften der Emilia Romagna geschlossen. Eine Besserung der Lage ist vorerst nicht in Sicht. Die Wetterexperten rechnen mit weiteren Schneefällen bis Montag. Laut dem Meteorologen Sergio Brivio hatte Italien in den letzten 50 Jahren noch nie einen derart kalten Winter erlebt.

Eine Fähre mit 263 Passagieren und 53 Besatzungsmitglieder an Bord, die am Freitagabend vom Hafen der Stadt Civitavecchia – von wo aus auch die havarierte "Costa Concordia" startete - nördlich von Rom abgefahren war, rammte wegen der hohen Wellen und einem Schneesturm einen Damm. Dabei bildete sich ein Riss im höheren Teil des Schiffes. Niemand an Bord wurde verletzt. Die Passagiere stiegen in eine andere Fähre um und setzten ihre Reise nach Sardinien fort.

Seit 1986 nicht mehr so viel Schnee in Rom
Rom wurde von den anhaltenden Schneefälle ins Chaos gestürzt. Das gesamte Verkehrsnetz der 3,5-Millionen-Metropole kam zum Erliegen. Die große Straßenumfahrung GRA musste aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Wegen der vereisten Straßen kam es zu mehreren Unfällen. Autofahrer mussten mehrere Stunden lang auf Straßen ausharren, auf denen sich Fahrzeuge quergestellt hatten. Seit dem Jahr 1986 hat die Ewige Stadt keine derart heftigen Schneefälle mehr erlebt.

Begeisterte Touristen fotografierten eifrig den Schnee, der über der Spanischen Treppe, dem Trevi-Brunnen und der Piazza Navona fiel. Kolosseum, Forum Romanum, der Palatinshügel und andere archäologische Stätten wurden geschlossen. Auch der Petersplatz ist vollkommen verschneit. Wegen des kalten Wetters musste der Papst seinen Terminkalender ändern. Eine am Samstagvormittag geplante Audienz mit 7.000 Jugendlichen, die sich an dem Welttreffen "Jugend für den Frieden" beteiligen, wurde abgesagt.

Bis zu minus 34 Grad in der Schweiz
Temperatur-Minusrekorde verzeichnen indessen unsere westlichen Nachbarn in der Schweiz - so etwa in der Nordwestschweiz und vom Kanton Zürich bis in den Thurgau, meldete der Wetterdienst des Schweizer Fernsehens. Am kältesten ist es derzeit in Schwyz und Graubünden: Der Wetterdienst Meteomedia maß auf der Schwyzer Glattalp -34 Grad und SF Meteo kam auf der Alp Buffalora am Ofenpass auf eine Temperatur von -31,3 Grad.

Grund für die tiefen Temperaturen seien wenig Wind und eine sternenklare Nacht, teilte MeteoNews mit. Der Schweizer Rekord wurde am 12. Jänner 1987 im neuenburgischen La Brevine gemessen und beträgt -41,8 Grad, wie es auf der Internetseite von MeteoSchweiz heißt. La Brevine vermeldete in der Nacht auf Samstag "nur" -24 Grad Kälte.

Schnee legte Belgrad lahm
Anhaltende Schneefälle haben auch Serbiens Hauptstadt Belgrad am Freitag lahmgelegt. Wegen chaotischer Zustände im Straßenverkehr wurde der Schulunterricht eingestellt. Bildungsminister Zarko Obradovic empfahl allen Schulen und Kindergärten im Lande, ihre Tätigkeit auch in der kommenden Woche wegen erwarteter weiterer Schneefälle und Kälte einzustellen.

In Süd- und Westserbien spitzten sich unterdessen die durch Schneefälle schon vorher verursachten Probleme weiter zu. Ein Ausnahmezustand wurde nach Angaben der Behörden bisher in 27 Gemeinden ausgerufen. Über Verkehrsprobleme wurde auch aus Montenegro berichtet, wo es am Freitag zur Einstellung des Verkehrs auf der wichtigsten Straßenverbindung zwischen der Hauptstadt Podgorica und Bijelo Polje im Norden des Landes kam.

Menschen 24 Stunden lang in Tunnel eingeschlossen
In einem Straßentunnel an der Grenze zu Bosnien waren rund 90 Menschen 24 Stunden lang eingeschlossen. Erst am Samstagmittag konnten die Behörden in der Hauptstadt Podgorica die Befreiung der Tunnelbenutzer - unter ihnen viele Kinder - melden. Die Eingeschlossenen wurden im Krankenhaus versorgt. 

Nach 30 Zentimetern Neuschnee an der südlichen kroatischen Adria musste am Samstag in Dalmatien der Notstand ausgerufen worden. In der größten Hafenstadt Split brach der Verkehr zusammen. Rund 3.000 Menschen mussten im Hinterland ohne Strom auskommen. Auf der Brücke zwischen der Hafenstadt Rijeka und der Insel Krk wurden Orkanböen von 205 Kilometern in der Stunde gemessen.

Zugstrecken in Nord-Schweden eingestellt
Auch die an Frost und Schnee gewöhnten Nordeuropäer bekommen die Extremkälte immer heftiger zu spüren. Vor allem im nördlichen Teil Schwedens wurde am Freitag bei Temperaturen unter 30 Grad minus der Zugverkehr auf mehreren Hauptstrecken eingestellt. Mit eingefrorenen Weichen und zugeschneiten Strecken lief einfach nichts mehr. In der Ortschaft Kvikkjokk-Arrenjarka in Lappland wurden erstmals unter 40 Grad Frost gemessen. Minus 42 Grad seien schwedischer Kälterekord für diesen Winter, berichtete der Rundfunksender SR.

Heathrow strich ein Drittel der Flüge
Großbritanniens größter Flughafen Heathrow hat ob angekündigter Schneefälle für Sonntag ein Drittel der Abflüge gestrichen. "Diese Entscheidung sichert, dass die Mehrzahl an Passagieren mit einem Minimum an Störung fliegen kann", sagte der Flughafen-Chef von Heathrow, Normand Boivin, am Samstag. Der Flughafenbetreiber BAA erwartet, dass mehr als 70 Prozent der Passagiere trotzdem reisen können. Man habe den von den Absagen Betroffenen rechtzeitig Bescheid geben wollen, damit sie noch "relativ komfortabel" umbuchen können, sagte Boivin.

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