500 Millionen Budget

Kirche lässt vor Enthüllungs-Buch in die Finanzen blicken

Österreich
07.09.2012 13:47
Die römisch-katholische Kirche in Österreich lässt erstmals Einblick in ihre Finanzen nehmen - das heißt, in jene der neun Diözesen in Österreich. Im Internet kann man sich über deren Einnahmen und Ausgaben informieren und erhält Aufschluss über die Finanzgebarung. Laut Offenlegung betrug das Gesamtbudget der Diözesen 2010 rund 500 Millionen Euro pro Jahr, die Ausgaben überstiegen die Einnahmen geringfügig um rund 2,8 Millionen Euro. Hintergrund des ersten Schritts in Richtung Transparenz seit 2.000 Jahren ist ein nahendes Enthüllungsbuch.

Einen detaillierten Katalog über die Besitztümer und Geldquellen der Katholischen Kirche bzw. mit ihr verwandter Institutionen wie Orden und Klöster darf man sich auf der Website kirchenfinanzierung.katholisch.at nicht erwarten. Immerhin findet sich aber eine Budgetaufstellung zu den neun Diözesen sowie einige "Häufig gestellte Fragen" samt mehr oder weniger aufschlussreicher Antworten. Unter "Ist die Kirche reich?" heißt es etwa: "Der eigentliche Reichtum der Kirche sind das Evangelium Jesu Christi und die Gläubigen, die sich als Christen im Alltag bewähren."

Zumindest wird aber das Fehlen weiterer Aufschlüsse erklärt: Das Kunst- und Immobilienvermögen der Kirche - Kirchengebäude, Klöster, Kapellen, Pfarrhöfe, Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Schulen etc. - sei nämlich "schwer bis unmöglich" zu bewerten. Auch gebe es keine "vermögensrechtliche Kirche", sondern "einige Tausend eigenständige kirchliche Rechtsträger in Österreich". Immobilienexperten wüssten auf von der Kirche als unbeantwortbar dargestellte Fragen wie "Was ist der Wert des Stephansdoms?" eventuell aber doch eine irdische Antwort...

Personalkosten laut Kirche größte Posten
So viel ist der Website zu entnehmen: Rund 107 Millionen Euro an Einnahmen stammen laut Kirchenangaben aus Miet- oder Pachteinnahmen sowie aus staatlichen Leistungen zur Abgeltung von Kriegsschäden. Letztere betragen rund 44 Millionen Euro. Haupteinnahmequelle für die neun katholischen Diözesen ist der Kirchenbeitrag: Er erbrachte im Jahr 2010 rund 393 Millionen Euro - was einem Anteil von rund 80 Prozent am kirchlichen Gesamtbudget entspricht. Daraus werden laut Website "die Kernaufgaben der Kirche" in den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Entwicklungszusammenarbeit finanziert.

Aufgeschlüsselt werden auch die Ausgaben. Den größten Anteil daran haben die Personalkosten für die Tausenden Beschäftigten - Laien wie Priester - im kirchlichen Dienst. Die Personalkosten belaufen sich insgesamt laut Statistik auf rund 295 Millionen Euro - was einem Anteil an den Gesamtausgaben der Kirche von 59 Prozent entspricht. Die Bau- und Erhaltungskosten belaufen sich demnach auf 56 Millionen Euro oder 11 Prozent der Gesamtausgaben.

Eine ausgeglichene Bilanzierung sei Grundsatz in der Haushaltsführung der Kirche, erklärt der Mediensprecher der Bischofskonferenz, Paul Wuthe. Das jährliche geringe Minus werde durch Rücklagen gedeckt. Eine Bilanz für 2011 liege noch nicht vor, da noch nicht alle Daten der Diözesen ausgewertet seien.

Enthüllungsbuch "Gottes Werk und unser Beitrag"
Mit der Offenlegung der Finanzgebarung will die römisch-katholische Kirche offensichtlich der Präsentation des Buchs "Gottes Werk und unser Beitrag - Kirchenfinanzierung in Österreich" von Carsten Frerk und Christoph Baumgarten zuvorkommen. Dieses soll am Montag in Anwesenheit von Vertretern der "Initiative gegen Kirchen-Privilegien" und der Grünen vorgestellt werden. 

Die Initiative bemüht sich schon seit Längerem darum, aufzuklären, mit welch großen Summen ihrer Ansicht nach der österreichische Staat die Aktivitäten von Glaubensgemeinschaften unterstütze. Der Physik-Universitätsprofessor Heinz Oberhummer hat hier vor allem den Bildungsbereich von Kindergarten über Religionsunterricht und konfessionelle Schulen bis hin zu den Universitäten (Stichwort: theologische Fakultäten) im Visier. Rund eine Milliarde öffentliche Gelder fließen jedes Jahr dorthin, so die Behauptung. Frerk hatte vergangenes Jahr bereits für Deutschland eine genaue Aufstellung in einem "Violettbuch Kirchenfinanzen" versucht. 

Die Initative betreibt auch ein Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien. Auf die erforderlichen 8.032 Stimmen für die Einleitung eines Volksbegehrens fehlen nur noch knapp 300. 

Kirche geht vermehrt ins Internet
Die Kirche bemüht sich derzeit verstärkt, das u.a. durch die Aufdeckung diverser Missbrauchsskandale irritierte Vertrauen in sie wiederherzustellen. Dazu geht man vermehrt den Weg ins Internet: Der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn nimmt etwa ab 19. September auf "fragdenkardinal.at" per Videobotschaft eingesandte Fragen entgegen und will wöchentlich eine - ebenfalls in YouTube-Format - beantworten. Ganz in Social-Media-Manier können Beiträge anderer Nutzer auch "geliked" werden. 

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