Laptops "zu sperrig"
Aufregung um iPads für Abgeordnete des EU-Parlaments
Die Times beruft sich in ihrem Bericht auf einen hochrangigen Mitarbeiter des Parlaments-Generaldirektors Klaus Welle. Der Deutsche ist seit 2009 der höchste Beamte in Straßburg und in der Generaldirektion für die Verwaltung des Parlamentsbetriebes zuständig. Passend: Welle hat sich in der Vergangenheit mit Lobeshymnen auf sein iPhone - ebenfalls ein Apple-Produkt - einen Ruf als Technik-Junkie erworben.
"Neue Laptops für einige zu sperrig"
Laut dem "Times"-Bericht sind die iPad-Pläne in einem fast sechs Millionen Euro schweren "IT mobility project" verpackt. Demzufolge sollen alle 736 Abgeordneten des EU-Parlaments ein iPad bekommen. Die erst wenige Monate alten HP-Laptops, mit denen die Mandatare auf Kosten der Steuerzahler ausgerüstet wurden, könne man ja wieder verkaufen, heißt es. Laut dem Informanten fanden einige Abgeordnete die neuen Laptops "ohnehin als zu sperrig".
"Die Mehrheit der Abgeordneten hat schon iPhones und sie sind sehr zufrieden mit ihnen", berichtet der Informant, der von der Idee offensichtlich begeistert ist, seinen Namen aber trotzdem nicht nennen wollte. Die britische EU-Abgeordnete Marta Andreasen, die im Budgetaussschuss des EU-Parlaments sitzt, wurden die Pläne als Einsparungsstrategie erklärt: "Uns wurde gesagt, dass mit den iPads Kosten eingespart werden könnten, weil sie nicht so teuer wie Laptops sind und wir damit auch außerhalb des Parlaments vernetzt bleiben würden." Sie sei aber dagegen, weil sie iPads für "vollkommen unnötig" erachte und sich außerdem nicht vorstellen könne, dass die älteren Kollegen mit der Technologie klarkommen.
Abgeordnete: "IT-Projekt" ist Anti-Papier-Strategie
Im Büro des ÖVP-EU-Abgeordneten Paul Rübig, der ebenfalls Mitglied des Haushaltsausschusses ist, hat der "Times"-Bericht eher für Kopfschütteln gesorgt. Bei dem genannten Sechs-Millionen-Projekt gehe es um eine zukünftige IT-Strategie für das EU-Parlament, so Rübig auf krone.at-Anfrage. Dabei handle es sich derzeit um reine Überlegungen mit der Generaldirektion in der Haushaltsplanung, der finanzielle Umfang sei "überhaupt nicht" festgelegt. Über Tablet-Geräte wie das iPad werde diskutiert, bestätigt Rübig - allerdings in Bezug auf die Einsparung von Papier- und Druckkosten, die jährlich weit mehr als die angedachten sechs Millionen Euro ausmachen.
"Wir bearbeiten zehn Rechtsakte in der Woche, jeder davon hat 30 Seiten und wird in 23 Sprachen ausgefertigt", schildert Rübig. Es sei der Wunsch vieler Abgeordneter, "auch im Sinne von CO2 und Umweltschutz", Unterlagen zukünftig teil- oder sogar vollelektronisch verteilen zu können. Für eine Anschaffung von geeigneten Geräten müsste es aber dann ohnehin eine Ausschreibung geben, wie sie auch bei den HP-Laptops erfolgte.
Der "Liste Martin"-Abgeordnete Martin Ehrenhauser ärgerte sich gegenüber der "Krone", dass Geräte auf Kosten der Steuerzahler zusätzlich angeschafft werden sollen: "Bei diesem Verdienst (6.000 Euro netto, Anm.) und einer eigenen Bürokostenzulage von 4.202 Euro im Monat sollte genug Geld für solche Dinge vorhanden sein."
Revolutionäre Lifestyle-Unterhaltungselektronik
Das Anfang des Jahres von Apple vorgestellte iPad fällt mehr in die Kategorie Unterhaltungselektronik als Computer und bietet mit Unterstützung für Internet, E-Mail, Video, Musik, Spiele und E-Books vor allem Entertainment, wenngleich es an einigen US-Universitäten und Schulen bereits in Pilotversuchen als Distributionslösung für Lernunterlagen eingesetzt wird. Der Clou des 700 Gramm schweren Gerätes ist die Bedienung: Statt Tastatur und Maus gibt es nur einen berührungsempfindlichen Bildschirm. Zum Tippen von Texten wird eine Tastatur auf dem Bildschirm eingeblendet.
Im Unterschied zum Laptop verfügt das Tablet-Gerät über keinerlei Anschlussmöglichkeiten und kann auch nicht mit Software à la Microsoft Wort bespielt werden, wohl aber Standard-Dateien anzeigen. Die Programme, genannt "Apps", werden von Entwicklern über die Apple-Plattform "App Store" vertrieben und unterliegen den Kriterien des Computer-Herstellers, der in Sachen Börsenwert vor kurzem den Softwaregiganten Microsoft überholt hat. Die Preise für ein iPad liegen je nach Modellvariante zwischen 499 und 799 Euro. Apple hat in den USA binnen weniger Wochen mehr als 1 Millionen iPads verkauft. Ab Freitag ist das iPad in Deutschland erhältlich, in Österreich ist die Markteinführung für Juli vorgesehen.
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