Luising im Südburgenland. Der Wald hinter dem Jagdschloss wächst schon auf ungarischem Boden. Alfons Mensdorff-Pouilly kommt uns mit drei schwarzen Labrador-Damen entgegen. "Küss die Hand!" Wenn Herrchen seine kräftige Stimme erhebt, werfen sich Belly, Anny und Gipsy vor ihm auf den Boden. Mit einladenden Gesten und dem ganzen Stolz eines Jägers führt uns der Graf durch den Salon. Das graue Business-Sakko aus dem U-Ausschuss hat er gegen Jägerleinen und maisgelben Schnürlsamt getauscht. Hier ein ausgestopftes Murmeltier, dort ein Schnepf. An den Wänden hängen Rothirsch-, Gnu- und Kudu-Trophäen. Die Zähne eines Wildschweins sind in Silber gerahmt.
Das ist also das geheimnisvolle Reich der feinen Gesellschaft, der Ort, an dem renommierte Unternehmen, betuchte Privatiers und gekrönte Häupter zur Jagd einladen oder ihren Urlaub verbringen. Die Plattform, auf der sagenhafte politische und wirtschaftliche Kontakte geknüpft, Millionengeschäfte angebahnt und möglicherweise sogar abgeschlossen wurden. "Alles Blödsinn", wischt "Graf Ali", gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechung ermittelt, Anschuldigungen jeglicher Art vom Tisch. "Ist doch absurd zu glauben, wir hätten uns am Hochstand heimlich Kuverts zugesteckt!" Das nennt man wohl Galgenhumor.
Mensdorff-Pouilly ist einer, der sich selbst nicht ohne Stolz als Macho bezeichnet, Ehefrau Maria Rauch-Kallat in aller Öffentlichkeit "Alte" nennt (leider ist sie heute nicht da) und die Bundeshymne bestimmt nicht "neu" singt. Als formvollendeter Gastgeber lässt er es sich auch nicht nehmen, mit einem Mittagessen aufzuwarten. "Fällt nicht unter Anfüttern", grinst er, als Hirschfilet-Spitzen, natürlich selbst geschossen, mit Rotkraut und Knödeln serviert werden. "Ist garantiert unter 100 Euro." Das Besteck ist Silber, das Tafelgeschirr von Hollohaza, der Pouilly-Rotwein aus eigenem biologischem Anbau. "Von wegen Frauen an den Herd! Ich hab' dort lieber eine Köchin angestellt. So kann ich wenigstens anordnen, was auf den Tisch kommt." Auch im Interview serviert "Ali" die eine oder andere Köstlichkeit.
"Krone": Herr Mensdorff-Pouilly, schmeichelt es Ihnen eigentlich, wenn Sie "Graf Ali" genannt werden?
Alfons Mensdorff-Pouilly: Ist mir völlig wurscht! Hier in der Gegend gibt's fast keinen, der nicht "Graf" zu mir sagt.
"Krone": Im U-Ausschuss diese Woche haben Sie sich 43 Entschlagungen geleistet. Wenn Sie nichts zu verbergen haben, warum entschlagen Sie sich dann?
Mensdorff-Pouilly: Schauen Sie, ich bin ja wirklich ein gesprächiger Mensch, also ich hätte schon viel lieber geredet. Aber ich hatte ja im September letztes Jahr meine Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft, ich habe ja schon alles gesagt, was ich im U-Ausschuss gefragt wurde! Wenn ich jetzt irgendein Wort anders formuliere, komme ich in Teufels Küche. Der Herr Abgeordnete Pilz hat mich ja schon einmal angezeigt, weil ich ein Wort anders gesagt habe als in einem Fax. Da habe ich gesagt: Aus! Ich habe von meinem Bürgerrecht Gebrauch gemacht.
"Krone": Das ist, nach Peter Hochegger, Entschlagungs-Rekord. Macht das ein gutes Bild?
Mensdorff-Pouilly: Es macht kein gutes Bild für den U-Ausschuss. Wenn man Beschuldigte vorladet, die zu jeder Frage sagen können "Ich entschlage mich", dann weiß ich nicht, ob es wirklich sehr viel Sinn hat.
"Krone": Die ÖVP-Frauenchefin hat angeregt, den U-Ausschuss zu schließen. Wären Sie dafür?
Mensdorff-Pouilly: Ich glaube, dass das rausgeschmissenes Geld ist. Es macht keinen Sinn, dass der U-Ausschuss das Gleiche macht wie die Staatsanwaltschaft. Da hebelt der Eine den Anderen aus. Darüber ist die Staatsanwaltschaft ja auch unglücklich. Sie muss alle Akten hergeben. Ich habe diese Woche Papiere gesehen, wo ich mir nicht sicher bin, ob das für die Ermittlungen sehr hilfreich sein wird, dass ich sie gesehen habe. Man hat sie mir nachher wieder weggenommen. Aber ich hab' sie mir gemerkt. Ist das gescheit? Die Staatsanwaltschaft hält Unterlagen aus ermittlungstaktischen Gründen unter Verschluss, um mich wirklich zu prüfen, und der Abgeordnete hält es mir hin...
"Krone": Schweigen im U-Ausschuss und Reden mit der "Krone": Wie geht das zusammen?
Mensdorff-Pouilly: Indem ich hier nichts von dem sage, was ich im U-Ausschuss nicht gesagt habe. So viel Respekt habe ich schon vor dieser Einrichtung.
"Krone": Die ÖVP bekommt ja immer mehr ein Problem mit Ihnen. Klubobmann Kopf hat Sie sogar als "Subjekt" bezeichnet, mit dem die Partei nichts zu tun habe. Tut Ihnen so was weh?
Mensdorff-Pouilly: Es hat mich noch nie jemand so genannt und ich bin etwas überrascht... Vielleicht ist das ein v-o-r-a-d-e-l-bergerisches Kosewort (lacht)? Die Wortwahl des Herrn Klubobmann obliegt ihm. Dass es für die ÖVP nicht lustig ist, immer mit mir in Zusammenhang gebracht zu werden, das verstehe ich schon.
"Krone": Wählen Sie weiterhin ÖVP?
Mensdorff-Pouilly: Ja, weil deren Ideologie wichtiger ist als ein verbaler Ausrutscher eines Einzelnen.
"Krone": Die ÖVP ist ja auch die Partei der Bauern, und Sie bezeichnen sich gern als solcher. In der Öffentlichkeit kennt man Sie aber als Waffenlobbyisten. Werden Sie das noch je los?
Mensdorff-Pouilly: Wahrscheinlich nicht. Ein Waffenlobbyist ist für die Medien und die Öffentlichkeit automatisch ein Schwein. Der Rüstungskonzern BAE war eine von Dutzenden Firmen, die ich beraten habe - ich habe nie lobbyiert, und BAE war auch der einzige Kunde, der auch mit Waffen zu tun hat. Ich habe auch schon eingeklagt, dass es falsch ist, mich "Waffenlobbyist" zu nennen, weil das nicht mein Beruf ist - habe aber verloren, weil ich mir das als "Person des öffentlichen Interesses" gefallen lassen muss. Außerdem hat das Gericht festgestellt, dass Waffenlobbyist oder Waffenhändler genauso ein ehrenwerter Beruf ist wie Bauer, Taxifahrer, Journalist oder auch Politiker. Aus Sparsamkeitsgründen habe ich aufgehört, das einzuklagen. Meine Anwaltskosten sind eh schon so hoch.
"Krone": Sie haben 1,1 Millionen Euro von der Telekom bekommen. Wofür?
Mensdorff-Pouilly: Diese 1,1 Millionen sind vertraglich festgesetzt, da waren die Leistungen dafür da, nachweislich!
"Krone": Ist das nicht unmoralisch, so viel Geld zu bekommen?
Mensdorff-Pouilly: Das klingt wahnsinnig viel, aber die Höhe entscheiden die Vertragspartner. Wenn ich gesagt hätte "sieben Millionen", dann hätte die Telekom wahrscheinlich gesagt: "Du hast einen Vogel!" Und wenn ich gesagt hätte "300.000 Euro", dann hätte meine Buchhaltung gesagt: "Sie haben einen Vogel!" Von 1,1 Millionen gehen ja gleich einmal 500.000 Euro Steuern weg an den Staat. Und vom Rest müssen Sie jahrelang Mitarbeiter, Autos, Flugtickets, Hotels usw. finanzieren.
"Krone": 500.000 Euro verdient ein normaler Mensch in 20 Jahren nicht!
Mensdorff-Pouilly: Ja, aber ein normaler Mensch zahlt auch keine 20 Mitarbeiter und das auch in Jahren, wo es keine Aufträge gibt.
"Krone": Die viel zitierten Jagden, waren die Teil Ihrer Leistung?
Mensdorff-Pouilly: Nein, die sind extra bezahlt worden.
"Krone": Von der Telekom mit über 70.000 Euro. Wie viele Hirsche müssen da dran glauben?
Mensdorff-Pouilly: Da geht es nicht nur um Hirsche. Das fängt an bei den Bläsergruppen, die die Signale blasen, geht weiter mit den blank geputzten Autos und endet bei den Menüs und Übernachtungen. Bei mir sitzt auch mit jedem Schützen ein ausgebildeter Berufsjäger mit am Hochstand. Die Jagd ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor hier in der Umgebung.
"Krone": Jagen auch Frauen mit?
Mensdorff-Pouilly: Immer mehr. Ich find's gut. Erstens ister Korruptionen reden, denn die passen besser auf g(grinst). Nein, im Ernst: Jagden dienen der Kontaktpflege - genauso wie die Salzburger Festspiele oder ein Fußballmatch, das man mit Freunden besucht. Da laden Firmen auch gute Kunden und Meinungsbildner ein. Natürlich muss sich das jeder gut überlegen, wo er hingeht. Zu mir wird jetzt eine Weile keiner kommen. Die, die trotzdem kommen, sind dann wahre Freunde.
"Krone": Wer zum Beispiel? Julius Meinl?
Mensdorff-Pouilly: Ich nenne keine Namen. Der Julius war vor sechs oder sieben Jahren das letzte Mal da.
"Krone": Apropos Freunde: Hat es Sie gerissen, als Sie das Tanzfoto von Helmut Elsner aus der Eden-Bar gesehen haben?
Mensdorff-Pouilly: Schauen Sie, nachher ist man immer gescheiter. Wissen Sie, ob er nicht den ganzen Tag bis 9 Uhr am Abend im Bett gelegen ist, um dann einmal mit Freunden nach Jahren wieder in die Eden-Bar gehen zu können? Ich meine, alles was Recht ist...
"Krone": Verteidigt da ein Häfnbruder den andern?
Mensdorff-Pouilly: Es stimmt, dass er mein Häfnbruder war. Und über einen Häfnbruder sagt man nichts Schlechtes. Aber ich würde das auch machen, wenn wir nicht miteinander im Häfn gesessen wären.
"Krone": Aber wenn er tanzt, kann er auch im Gefängnis sitzen.
Mensdorff-Pouilly: Das ist psychisch und physisch ein Riesenunterschied. Ich kann darüber reden, ich habe es zwei Mal erlebt. Bei mir hat man sich gesagt: "Schnell rein mit ihm! Dann geben die Medien Ruhe."
"Krone": Dann müsste Grasser aber schon längst sitzen.
Mensdorff-Pouilly: Beim Herrn Grasser sind sie etwas vorsichtiger. Ich glaube, nach mir hat die Justiz gelernt. Dann bin ich auch gerne fünf Wochen gesessen.
"Krone": Schlafen Sie eigentlich noch ruhig nach allem, was passiert ist?
Mensdorff-Pouilly: Hervorragend. Ich habe mich sogar gewundert, wie gut ich in der Nacht vor dem Untersuchungsausschuss geschlafen habe. Das ist, weil ich kein schlechtes Gewissen habe.
"Krone": Glauben Sie, dass es zu einer Anklage kommen wird?
Mensdorff-Pouilly: Das kann ich überhaupt nicht sagen. Nach allem, was ich kenne, sehe ich eigentlich keinen Grund.
"Krone": Was macht der Gedanke ans Gefängnis mit Ihnen?
Mensdorff-Pouilly: Goar nix. Als ich im Polizeiauto von hier weggeführt worden bin, habe ich mir gedacht: So, der Ruf ist eh im Arsch. Jetzt kann mir alles wurscht sein. Aber natürlich ist kein Richter mehr frei, wenn er jahrelang über irgendwelche Sauereien in der Zeitung liest. Verstehen Sie?
"Krone": Wenn Sie das Rad der Zeit noch einmal zurückdrehen könnten, was würden Sie dann anders machen?
Mensdorff-Pouilly: Nicht viel. Das Einzige, was ich vielleicht heute machen würde: Die Maria erst heiraten, nachdem sie raus ist aus der Politik. Denn eines ist klar: Wenn sie nicht meine Frau wäre, würden viele Dinge, über die wir heute reden, kein Schwein interessieren.
"Krone": Leidet Ihre Frau unter der ganzen Situation?
Mensdorff-Pouilly: Ja, sicher. Das hat sie nicht verdient.
"Krone": Wie stehen Sie heute in der Öffentlichkeit da?
Mensdorff-Pouilly: Nach dem Untersuchungsausschuss bin ich durch den Rathauspark spaziert. Da sind mir zwei Autobusherden entgegengekommen, alle haben mich freundlich gegrüßt, viele davon haben gesagt: "Sie Armer!" Und dann kam so ein Alternativer auf dem Fahrrad und hat mir nachgerufen: "Arschloch!" Beides ist für mich okay.
Alfons Mensdorff-Pouilly: Jäger und Schlossherr
Geboren am 7. 9. 1953 in Wien als Nachkomme des aus Lothringen stammenden Adelsgeschlechts Mensdorff-Pouilly. Sein Ururgroßonkel Alexander Mensdorff-Pouilly war von 1864 bis 1866 österreichischer Außenminister. "Ali" Mensdorff-Pouilly ist Großgrundbesitzer und Forstwirt und als Unternehmensberater Alleineigentümer der Firma "MPA Handelsgesellschaft m.b.H." in Wien, in der 2008 Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts der Bestechung stattgefunden haben.
Alfons Mensdorff-Pouilly ist seit 1994 mit der ehemaligen ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat verheiratet. Das Paar verbringt seine Wochenenden gern mit Großfamilie und Hunden in einem Schloss mit Jagd- und Forstbetrieb im burgenländischen Luising, nahe der ungarischen Grenze. Über seine ungarische Firma besitzt Mensdorff-Pouilly auch ein Schloss in Schottland. Der in den Medien als "Waffenlobbyist" bezeichnete Graf hat einen 19-jährigen Sohn aus einer früheren Beziehung.
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