"Ich rechne damit, dass Spanien demnächst einen offiziellen Antrag auf Unterstützungen bis zu 100 Milliarden Euro stellen wird", sagte Finanzministerin Maria Fekter am Samstagabend. Der unmittelbare Rekapitalisierungsbedarf sei auf 40 bis 60 Milliarden Euro geschätzt worden, dazu komme noch beträchtlicher Restrukturierungsaufwand sowie "ein Puffer, damit man das entsprechende Vertrauen von den Märkten wiederbekommt", so die Ministerin.
Die EU-Finanzspritze soll laut Fekter nicht direkt an die Banken fließen, wie es sich die Regierung gewünscht hatte, sondern an den spanischen Staat, der das Geld dann an die Banken weiterreicht. "Es war allen klar, dass eine Hilfe natürlich nur unter ganz strengen Auflagen erfolgen kann", betonte Fekter. Mit technischer Unterstützung des IWF werde es ein regelmäßiges Monitoring und Berichte geben müssen.
"Die Idee, Geld von den EU-Ländern ohne Auflagen direkt den Banken zu geben, haben alle abgelehnt", erklärte die Ministerin. Geld werde es nur unter genau definierten Bedingungen geben, die in einem Memorandum festgehalten werden sollen.
ESM: Rüge für Österreich
Abgewickelt werden soll die Hilfe im Rahmen des Hilfsfonds EFSF oder des permanenten Fonds ESM. Österreich sei allerdings bei der ESM-Ratifzierung noch säumig und sei deswegen gerügt worden. Die Ratifizierung werde im Parlament von den Grünen blockiert, kritisierte Fekter. "Ich hoffe, dass wir es noch vor der Sommerpause fertig bekommen, aber rechtzeitig bis zum 1. Juli wird es sich nicht ausgehen." Notfalls werde man die Ratifizierung im Parlament mit einfacher Mehrheit beschließen.
Für Österreich bedeute die EU-Hilfe für Spanien keine zusätzlichen Belastungen, so Fekter. "Das wird im Rahmen der bereits bestehenden Regularien abgewickelt, da fließt kein bilaterales Geld. Das Risiko sei man bereits im Rahmen der europäischen Institutionen insgesamt eingegangen."
Spanischer Finanzminister: "Wird Zweifel ausräumen"
Der spanische Finanzminister Luis de Guindos sagte am Samstagabend, die Höhe der EU-Hilfe werde die Zweifel der Märkte am spanischen Bankensystem ausräumen. Er betonte, es handle sich um Hilfsgelder ausschließlich für den Finanzsektor, es gebe keine Bedingungen für wirtschaftliche oder Finanz-Reformen.
IWF-Chefin Christine Lagarde lobte den Beschluss, Spanien unter den Rettungsschirm zu lassen, am späten Samstagabend. "Das ergänzt die Maßnahmen der spanischen Regierung der vergangenen Wochen, das Bankensystem zu stabilisieren", heißt es in einer in Washington verbreiteten Erklärung. Den schwächeren Teil des spanischen Finanzsystems zu rekapitalisieren, decke sich mit den Empfehlungen des IWF aus dem jüngsten Stabilitätsreport über die Banken des Landes. Die Höhe der Notkredite passten zu dem vom Weltwährungsfonds festgestellten Kapitalbedarf.
US-Finanzminister Timothy Geithner erklärte in Washington, diese Schritte seien "wichtig für die Gesundheit der spanischen Wirtschaft". Er lobte auch die Vergabebereitschaft der Euro-Staaten. Sie sei "ein konkreter Fortschritt auf dem Weg zu einer Finanzunion, die lebenswichtig für die Solidität der Euro-Zone ist".
Die EU-Kommission zeigte sich zuversichtlich, dass die Entscheidung Spanien helfen werde, das Vertrauen der Finanzmärkte wiederzuerlangen. Sie seien sicher, dass Madrid nun die Bedingungen schaffen könne, "zu nachhaltigem Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen zurückzukehren", erklärten EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel.
Bonität um drei Stufen gesenkt
Am Donnerstag hatte die Ratingagentur Fitch die Bonität Spaniens gleich um drei Stufen von "A" auf "BBB" gesenkt. Damit wird das Land nur noch zwei Stufen über Ramsch-Niveau bewertet. Den Ausblick setzte Fitch auf "negativ". Als Hauptbegründung für die Entscheidung nannte das Ratingunternehmen die hohen Kosten, die Spanien wahrscheinlich bei der Sanierung des maroden Bankensektors bevorstehen.
Nach der Herabstufung dürfte es für die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone immer teurer und schwieriger werden, sich Geld von Investoren zu besorgen. Im April hatte bereits die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Spaniens herabgestuft. Die Notenwächter von S&P hatten die Bonität von "A" auf "BBB+" gesenkt.
Bereits vor der Entscheidung der Ratingagentur hatte es für das südosteuropäische Land am Donnerstag schlechte Nachrichten gegeben. Bei einer Auktion von Staatspapieren sammelte Spanien zwar 2,07 Milliarden Euro ein. Doch die Geldaufnahme wird immer teurer. Bei der Anleiheauktion verlangten die Investoren für Papiere mit einer Laufzeit von zehn Jahren Zinsen von 6,044 Prozent. Im April waren es noch 5,743 Prozent. Händler bezeichneten die Versteigerung dennoch als Erfolg und führten die sehr starke Nachfrage an.
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