Ihr Mandant Anatoly R. habe Wissen über die Korruption und den Amtsmissbrauch hoher Polizeibeamter in Nowosibirsk. Unter anderem weigerte er sich, Schutzgeldzahlungen an die Polizei zu leisten. Daraufhin flüchtete der 38-Jährige zunächst nach Deutschland und dann nach Österreich (Bericht siehe Infobox).
Mit den ihm angelasteten Morden will der Beschuldigte, den die russische Polizei als "Celentano" bezeichnet, nichts zu tun haben. Er soll in Sibirien der berüchtigten "Trunov-Brigade" angehört haben und neben Auftragsmorden auch für Schutzgeld-Erpressungen, Waffenhandel und Bestechung von Amtsträgern verantwortlich gewesen sein.
Das Wiener Straflandesgericht hatte im Juli die Auslieferung für zulässig erklärt. Dagegen legte Anatoly R. Beschwerde ein, mit der sich das Wiener OLG auseinanderzusetzen hatte. Die Entscheidung wurde vertagt. Der Senat will vorher eine Stellungnahme der österreichischen Botschaft in Moskau zu den Justiz- und Haftbedingungen in Russland einholen.
Antoly R. bleibt in Auslieferungshaft
Darüber hinaus soll abgeklärt werden, ob einer der vom Auslieferungsbegehren umfassten Mordanschläge - das Opfer hatte das Attentat vom November 2002 überlebt - seitens Russland zu Unrecht gegen Anatoly R. geltend gemacht wird. Angeblich soll dieses Faktum bereits 2007 eingestellt worden sein und dürfte dem 38-Jährigen daher nicht mehr vorgeworfen werden. Wann das Auslieferungsverfahren fortgesetzt wird, ist offen. Termin wurde keiner festgelegt. Anatoly R. bleibt in Auslieferungshaft.
Verdachtslage laut Anwalt "sehr dubios"
Seine Rechtsvertreter Liane Hirschbrich und Elmar Kresbach hatten im Rahmen der öffentlichen Verhandlung im Justizpalast nachdrücklich davor gewarnt, dem Ansinnen Russlands stattzugeben. Die Verdachtslage gegen seinen Mandanten sei "sehr dubios", die von der russischen Generalstaatsanwaltschaft eingebrachte Anklageschrift eigne sich als "Recherche für einen Film", biete aber "keine stichhaltigen, konkreten Beweise", sagte Kresbach.
Dass der Generalstaatsanwalt in seinem Auslieferungsersuchen garantiert habe, er werde gegen Anatoly R. die Todesstrafe nicht beantragen, überzeugte Kresbach nicht. Der Justiz in Russland sei gerade im Lichte jüngster politischer Entwicklungen nicht zu trauen. Falls sich Russland nicht an sein Versprechen halte, "was mach ma dann? Marschieren wir dann in Russland ein?", fragte sich Kresbach.
Oberstaatsanwaltschaft befürwortet Auslieferung
Die Oberstaatsanwaltschaft Wien befürwortet dagegen die Auslieferung. Man dürfe sich nicht "von Ressentiments gegen politische Entwicklungen und plakativen Medienberichten über einzelne Strafverfahren in Russland leiten lassen", meinte Oberstaatsanwalt Georg Karesch. Im vorliegenden Fall handle es sich um "Schwerstkriminalität". Man könne "nicht davon ausgehen, dass das Strafverfahren in unfairer Weise abgewickelt wird", daher habe er "keine Bedenken gegen die Auslieferung", so Karesch abschließend.
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