Nachbarschaftshilfe

Slowakei: Das erwartet Traiskirchen-Flüchtlinge

Österreich
19.07.2015 13:22
500 Flüchtlinge aus Traiskirchen sollen in die Slowakei umgesiedelt werden. Der "Krone"-Lokalaugenschein in deren neuer "Heimat".

"Maximal noch zehn Tage, dann ist hier alles fertig, dann können die Flüchtlinge hier einziehen", verspricht Zoltán Jaros, während er uns hektisch durch den Gebäudekomplex führt. Der 62-jährige Slowake ist der Chef des riesigen Anwesens der Technischen Universität am Ortsrand  der 5.400-Seelen-Gemeinde Gabčíkovo.

Hierher, rund eineinhalb Stunden Fahrzeit von Wien entfernt, nahe der ungarischen Grenze, sollen bis Ende September insgesamt 500 Asylwerber aus Österreich, die derzeit im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (NÖ) untergebracht sind, als Entlastung "ausgelagert" werden, hier sollen sie ihr neues "Zuhause" finden.

(Bild: Reinhard Holl)
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(Bild: Reinhard Holl)
(Bild: Reinhard Holl)

"Es fehlen nur noch die Nachtkästchen, und in dem einen oder anderen Zimmer noch ein paar Kleinigkeiten, die zu reparieren sind", so Jaros völlig gelassen. Auch wenn das in Anbetracht der Tatsache, dass offensichtlich noch einiges in den Zimmern und an den Sanitäranlagen zu tun ist, zugegebenermaßen etwas optimistisch klingt. Es wird der "Block 4", in dem die Flüchtlinge untergebracht werden.

Großküche, Seminarräume, Rauchverbot
Was sich wie eine Gefängnis-Zone anhört, ist einer von insgesamt acht vierstöckigen Gebäudetrakten, die auf dem riesigen Universitäts-Areal stehen. Die anderen Trakte sind für Studenten, Saisonarbeiter und Durchreisende gedacht. Es gibt Zwei- bzw. Drei-Zimmer-Wohnungen - "serienmäßig" ausgestattet mit einem Balkon, Betten, einem Kleiderschrank, Tisch sowie Stühlen und den später als Beweis im Lager präsentierten Nachtkästchen. Auch jeweils eine Toilette und ein Bad samt Dusche und Waschbecken werden den Gästen aus Österreich zur Verfügung stehen.

"Das Warmwasser funktioniert auch jetzt bereits einwandfrei", so unser "Guide". Und lässt stolz erst warmes, dann kaltes Wasser aus dem Hahn fließen. Die Wohnungen sauber zu halten wird die Aufgabe der Flüchtlinge sein - die Gänge und Aufenthaltsräume werden jedoch geputzt. Im gesamten Gebäude herrscht Rauchverbot. Vermutlich wohl der erste Reibungspunkt...

Selbst professionell ausgestattete Seminarräume sind vorhanden. "Für Info-Abende oder diverse Kurse", die angedachterweise für Flüchtlinge abgehalten werden sollen. "Gegessen wird in einem großen Speisesaal mit Kantine. Die Mahlzeiten gibt es aber ausschließlich nur gegen Essens-Bons." Geld wird also keines angenommen, wie uns Herr Jaros versichert. Bis zu 2.500 Portionen könnten pro Mahlzeit in der Großküche angerichtet werden. Auch wenn es bis Ende September "nur" 500 Asylwerber sein sollen, die aus Traiskirchen ausziehen und hier ihren neuen Unterschlupf finden werden.

"Warten wir einmal ab..."
Umso verwunderlicher aber, dass der Herr des Hauses also von maximal bis zu 180 Bewohnern spricht, die in Block 4 Platz finden können. "Es kommen ja nur 50!" Die 200 von der Politik offiziell für August, und die weiteren 250 für September angekündigten Flüchtlinge möchte Jaros deutlich erkennbar am liebsten unter den Tisch kehren. "Warten wir einmal ab - vielleicht kommen die restlichen ja auch ganz woanders hin", versucht der 62-Jährige auffallend zu beruhigen. Kein Wunder: Er ist sich bewusst, dass er einer der wenigen in Gabèíkovo ist, der sich auf die kommenden Gäste freut.

"Wir wollen die hier nicht bei uns"
"Wir wollen die hier nicht bei uns" - sind sich die Stammgäste in einem der örtlichen Gasthäuser einig. "Die Leute haben alle Angst. Vor allem Angst davor, dass die Kriminalität in unsere sonst so friedliche Gemeinde einziehen wird", erzählt Wirt Barnabá. Nur 100 Meter entfernt, an einer Haltestelle, wartet gerade Cathy auf ihren Bus - auch die junge Angestellte hat ein mehr als ungutes Gefühl bei der Sache: "Bald ist es so weit. Und ich muss ehrlich sagen, dass meine Freundinnen und ich bereits darüber gesprochen haben, dass wir dann nachts nicht mehr alleine durch den Ort spazieren werden. Und es weiß auch niemand, wie lange die bei uns bleiben werden!"

Doch die Einwohner von Gabèíkovo haben nicht nur Angst - sie fühlen sich auch hintergangen. "Das ist eine Frechheit! Wir, und sogar unser Bürgermeister, haben aus der Zeitung erfahren müssen, was da auf uns zukommt - und da war es bereits beschlossene Sache zwischen der Slowakei und Österreich", so Jungmutter Petra, die ihr Baby im Kinderwagen durch den Ort schiebt. "Wir hatten schon einmal Flüchtlinge bei uns - aber die sind damals alle aus dem ehemaligen Jugoslawien gekommen. Da gab es schon allein auf Grund der ähnlichen Kultur und Religion keine Probleme. Aber im aktuellen Fall treffen zwei Welten aufeinander - und das in einem kleinen Dorf wie unserem. Meine Oma lebt allein, und ich mache mir große Sorgen um sie! Vor allem verstehe ich nicht, inwiefern wir Österreich damit helfen! Ich habe gelesen, dass täglich rund 300 Flüchtlinge in Österreich ankommen - wo ist denn da bei 500 weniger bitte die Entlastung?"

"Kommen einer Armee gleich"
Und auch in der örtlichen Tankstelle sind die künftigen neuen Mitbewohner Gesprächsthema Nummer eins. Noch keine zehn Sekunden im Shop, fällt bereits das erste Mal das Wort "Terorista". "Menschen in der Not zu helfen ist ja okay - aber wissen wir, wer da tatsächlich in unsere Länder kommt? Sind es tatsächlich alles arme Kriegsflüchtlinge? Ich bezweifle das! Immer wieder wird darüber berichtet, dass sich Terroristen des Islamischen Staates als Flüchtlinge ausgeben und sich so unerkannt in Europa einschleusen. Und ganz ehrlich: 500 Personen auf einen Schlag kommen einer kleinen Armee gleich - und auf unserem Polizeiposten sitzen gerade mal 15 Beamte, wenn es hoch kommt. Die könnten gar nichts ausrichten!"

Fazit: Unsere tatsächlich betroffenen, slowakischen Nachbarn wollen - zumindest in Sachen Asyl - gar keine Nachbarschaftshilfe leisten.

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