Urteil in Prozess
Spanien: Elf Jahre Berufsverbot für Richter Garzon
Für Menschenrechtsorganisationen und Opferverbände ist Garzon ein Held. Der 56-Jährige kämpfte nicht nur in Spanien, sondern auch in Lateinamerika gegen Terroristen, korrupte Politiker und Diktatoren. Er ermittelte gegen Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet, gegen die argentinische Militärjunta sowie gegen den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush wegen Folterungen angeblicher Terroristen im Guantanamo-Gefängnis.
Seine weltweiten Ermittlungen gegen Menschenrechtsverbrecher brachten Garzon nicht nur den Beinahmen "Tyrannen-Jäger", sondern auch eine Nominierung für den Friedensnobelpreis ein. Doch nun wurde dem Starrichter selbst wegen Verletzung der Verteidigungsrechte und Rechtsbeugung der Prozess gemacht.
Prozess wegen illegaler Abhörpraktiken
In dem Madrider Prozess ging es um einen von Garzon aufgedeckten großen Korruptionsskandal, in den mehrere Politiker der seit Dezember regierenden konservativen Volkspartei des Ministerpräsidenten Mariano Rajoy sowie konservative Bürgermeister verwickelt waren. Der Jurist begründete eine von ihm dabei angeordnete illegale Abhöraktion damit, dass die Anwälte im Verdacht gestanden hätten, als Kuriere den Anführern einer "Verbrecherorganisation" helfen zu wollen, Schmiergelder in Sicherheit zu bringen.
Die politische Brisanz, die ehemaligen politischen Ambitionen Garzons in den Reihen der Sozialisten, aber auch das schlechte Verhältnis vieler spanischer Richter zu dem mediensüchtigen und nicht selten selbstverliebt wirkenden Starrichter führten offenbar dazu, dass es überhaupt zum Gerichtsverfahren kam. Garzon, der seit seiner Suspendierung als Berater für die Staatsanwaltschaft am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag arbeitet, hat sich in den vergangenen Jahren viele mächtige Feinde gemacht.
Machtbefugnisse bei Ermittlungen überschritten?
So ist es auch zu erklären, dass gegen den 56-Jährigen derzeit parallel sogar zwei weitere Verfahren wegen Rechtsbeugung laufen. In einem Prozess etwa wird ihm vorgeworfen, er habe mit seinen Ermittlungen zu Verbrechen während der Franco-Ära gegen das spanische Amnestiegesetz von 1977 verstoßen und seine Machtbefugnisse überschritten.
Der Prozess wurde von zwei rechtsextremen Organisationen angestrengt, die auf die Gültigkeit des Amnestiegesetzes pochen. Demnach könnten Verbrechen während des Spanischen Bürgerkriegs (1936 - 1939) und der Diktatur Francisco Francos (1939 - 1975) nicht juristisch aufgearbeitet werden. Garzon argumentierte, da es sich um Menschenrechtsverbrechen handelte, gelte die Amnestieregelung nicht. Wann in diesem Verfahren das Urteil verkündet wird, ist unklar - Garzon droht jedenfalls ein 20-jähriges Berufsverbot.
In einem dritten Prozess wird ihm angelastet, während eines Sabbatical-Jahres an der Universität in New York Gelder von der Stiftung einer Bank erhalten zu haben, bei der er später Ermittlungen wegen Bestechung gestoppt habe.
Opposition kritisiert Urteil: "Lynchjustiz"
Die Reaktionen auf die Verurteilung Garzons ließen nicht lange auf sich warten. "Es handelt sich um eine Lynchjustiz und einen Skandal, den ich nicht akzeptieren kann", erklärte der linke Oppositionspolitiker Gaspar Llamazares von der Vereinten Linken. Auch Emilio Silva, Vorsitzender der Franco-Opfervereinigung, bezeichnete das Urteil gegen Garzon als einen "neuen Sieg eines entzweiten Staates". Sein Opferverband, Human Rights Watch und Amnesty International protestieren gegen die Verfahren gegen Garzon.
Unterdessen hält sich die regierende Volkspartei bedeckt. Man werde keine "politische Einschätzung" des Urteils abgeben, erklärte Justizminister Alberto Ruiz-Gallardon. Garzons Anwalt hingegen kündigte an, Einspruch gegen das Urteil einlegen zu wollen. Garzon sei "absolut unschuldig", er könne kein anderes Urteil als "Freispruch" gelten lassen.
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