Für die von einer schweren Rezession und einer dramatischen Schuldenkrise belasteten Italiener ist der Sieg gegen Deutschland weit mehr als nur ein sportlicher Erfolg. Für die Fans im krisengeschüttelten Stiefelstaat ist der Triumph im Duell mit der Wirtschaftsmacht Deutschland ein gutes Omen und ein Zeichen, dass "Bella Italia" sich aus der Misere retten und politisch und wirtschaftlich wieder auferstehen kann.
"Sind ein starkes Land mit viel Potenzial"
"Italien ist nicht am Ende. Der Sieg gegen die Deutschen bezeugt, dass wir sportlich und wirtschaftlich wieder auferstehen können", sagte ein Fan, der das Match in Rom verfolgt hatte. "Wir sind ein starkes Land mit viel Potenzial und Talent. Das werden wir nicht nur im Fußball beweisen. Italien kann sich retten", kommentierte im Fernsehen eine Frau aus der Kleinstadt Mirandola in der Emilia Romagna, die beim schweren Erdbeben im Mai ihre Wohnung verloren hatte. In der Erdbebenregion verfolgten in Sporthallen und Zeltlagern Tausende Obdachlose die Spiele der eigenen Mannschaft.
Auch von Mailand bis Palermo feierten die begeisterten Fans den erträumten Einzug ins Finale. Zehntausende liefen nach dem Abpfiff auf die Straßen, hupten und feierten wild. "Das Spiel war wie ein Befreiungsschlag. Endlich haben wir gezeigt, was wir können", meinte ein Tifoso mit dem Trikot von Balotelli.
Ausnahmezustand in Rom
Während des Spiels gegen die Deutschen, das wieder auf zahlreichen Großleinwänden und in Bars und Cafés übertragen wurde, waren die Restaurants in Rom wie leergefegt - ein ungewöhnliches Bild. Mit den Farben der italienischen Fahne geschminkte Gruppen zogen jubelnd durch die Innenstadt. Die Stimmung war so begeistert, dass Beobachter sich nur vage vorstellen können, was in Italien im Fall eines Finalsieges passieren würde. "Das ist nur die Generalprobe für das Endspiel am Sonntag", berichtete Paolo Di Nicola, ein 23-jähriger Fan, der mit einer Gruppe von Freunden auf den Leinwänden der Piazza del Popolo in Rom das spannende Match verfolgt hatte.
Auf der Piazza Venezia, im Herzen der Ewigen Stadt, waren nach Spielende Autokorsos nicht aufzuhalten. Die Gemeinde hatte bereits damit gerechnet, dass es in Rom zu einer langen Nacht kommen würde. Schon kurz nach Ende des Spiels hatten sich überall Verkehrspolizisten in Stellung gebracht, um das Chaos auf den Straßen und Plätzen zu regeln. "Balotelli! Balotelli", riefen die römischen Fans. Touristen fotografierten das Spektakel.
Deutsche Gäste in Rom konnten ihre Enttäuschung nicht verbergen. Einige Fans mit deutschem Trikot, die das Match auf Großbildschirmen gesehen hatten, rollten schon nach Balotellis zweitem Tor die deutsche Fahne zusammen.
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