Flüchtlingskrise

UNO: Das könnte nur Spitze des Eisbergs sein

Ausland
25.09.2015 17:22
Die tägliche Ankunft von rund 8000 Flüchtlingen in Europa stellt nach Darstellung der Vereinten Nationen möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs dar. "Ich sehe es nicht abflauen", sagte der Regionalleiter des Nahen Ostens beim UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, Amin Awad, am Freitag in Genf. Er schloss nicht aus, dass Millionen von Flüchtlingen nach Europa streben könnten. Solange es keine Lösung für den syrischen Bürgerkrieg gebe und die Lage in den Flüchtlingslagern in den Anrainerländern nicht stabilisiert werde, bleibe der Druck zur Flucht erhalten, machte Awad deutlich.

Nach Darstellung der Vereinten Nationen verschlechtert sich auch die Lage im Irak. Man gehe davon aus, dass zehn Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen seien, sagte Dominik Bartsch, der für die UNO Hilfen im Irak koordiniert. In dem Land gebe es mittlerweile 3,2 Millionen Vertriebene. Die Vereinten Nationen bereiten sich auf die Flucht von 500.000 Menschen aus Mossul vor, falls die irakischen Streitkräfte versuchen, die Stadt aus den Händen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat zurückzugewinnen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte nach dem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel ebenfalls erklärt, dass "die größte Flüchtlingswelle noch vor uns steht". Er sprach von Millionen von Flüchtlingen. Aus diesem Grund müsse die Politik der offenen Türen überarbeitet werden, das "Chaos an den Außengrenzen muss aufhören", sagte Tusk in der Nacht auf Donnerstag.

Einrichtung von "Hotspots" in Griechenland begonnen
Griechenland traf am Freitag erste Vorbereitungen für die Bildung von Zentren zur Registrierung von Flüchtlingen ("Hotspots"). Sie sollen nach Überlegungen der Polizei in enger Zusammenarbeit mit europäischen Sicherheitsbehörden und finanziert von der EU auf mehreren Inseln entstehen. Die Zentrale Koordinationsstelle soll in Piräus sein. "Sobald es die Finanzierung dazu gibt, können wir starten", sagte ein Offizier der Küstenwache auf Chios. Anlaufstellen sollen auf Chios, Lesbos, Samos und Kos gebaut werden. Nach ihrer Registrierung auf den Inseln sollen die Neuankömmlinge zunächst in ein Lager etwa 75 Kilometer östlich von Athen gebracht werden. Zudem werde daran gedacht, ein zweites Lager nahe Thessaloniki zu bauen. Nach Angaben aus gut informierten Polizeikreisen sei bisher aber noch kein Geld der EU geflossen.

Völlig unklar ist, wie die Menschen zurück in ihr Land gebracht werden sollen, deren Asylantrag abgelehnt werden. Versuche Griechenlands, in den vergangenen Jahren Tausende nicht als Flüchtlinge anerkannte Menschen zurückzuweisen, sind gescheitert. Trotz entsprechender Rückführungsabkommen wollten weder die Türkei noch die Herkunftsländer der Menschen diese haben.

Frontex: Zehn Prozent der syrischen Pässe sind gefälscht
Auf dem Weg nach Europa versuchen offenbar zahlreiche Menschen, in den Besitz syrischer Pässe zu gelangen. Wie die EU-Grenzschutzagentur Frontex am Freitag bekannt gab, handle es sich bei rund zehn Prozent der syrischen Pässe um Fälschungen. Vor allem Afghanen versuchten teilweise, sich als Syrer auszugeben. Laut Frontex greifen aber auch "echte" Syrer auf Fälschungen zurück. Angesichts des Chaos nach Bombardierungen und Wohnortwechseln innerhalb Syriens hätten viele keine Ausweise dabei, sagte Frontex-Sprecherin Ewa Moncure. "Für uns ist das eine neue Erfahrung, dass die Syrer Papiere haben. In der Vergangenheit war es in der Regel so, dass Flüchtlinge ohne irgendwelche Dokumente angekommen sind", verglich sie die Situation in Griechenland mit der Aufnahme von Flüchtlingen, die von Libyen aus ihren Weg über das Mittelmeer nach Europa suchten.

"Das Geschäft mit gefälschten Pässen und anderen Dokumenten ist eine neue Dienstleistung der Schlepperorganisationen geworden", sagte Moncure. "Die meisten Flüchtlinge geben an, dass sie die Papiere in der Türkei gekauft haben. Es gibt da eine Reihe von Angeboten von Leistungen für Flüchtlinge." In den Befragungen in den Aufnahmezentren spielten die Pässe, ob nun echt oder gefälscht, aber nicht die entscheidende Rolle. "Für die Identifizierung von echten Syrern sind die Papiere nicht die einzige Grundlage", versicherte die Frontex-Vertreterin.

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