Er ist groß, 1,90 Meter zirka, etwa Ende 40 oder Anfang 50 Jahre alt, hat abrasiertes Haar und trägt seinen Schnauzbart buschig und bis zum Kinn hinunter. Das ist er, der unheimliche U-Bahn-Schubser aus der Station Karlsplatz. Die Videokameras haben ihn aufgezeichnet, jeden seiner Schritte. Wie er die Rolltreppe hinabfährt, wie er mit seinem späteren Opfer spricht, wie er ihn plötzlich mit voller Wucht vor die einfahrende Garnitur stößt.
Kein Streit bemerkbar
Passiert ist der erschreckende Vorfall Montag um 19 Uhr bei der U1-Station in Fahrtrichtung Reumannplatz. Boban P. war zuvor in einem Wettlokal in der Nähe des Karlsplatzes, will öffentlich nach Hause fahren. Da stößt der U-Bahn-Stubser zu ihm, die beiden unterhalten sich, sie kennen einander vom Sehen in Lokalen. Auf den Aufzeichnungen der Videokameras ist nichts von einem Streit zu bemerken, keine wilden Gesten, keine Drohungen, kein aggressives Verhalten. Smalltalk beim Warten auf den Zug, wie er täglich tausendfach vorkommt.
Dann die Durchsage, der Zug fährt ein, und plötzlich, ohne ein Wort und ohne Andeutung stößt der Riese mit dem Schnauzer den 52-Jährigen auf die Schienen. Die Garnitur kann nicht mehr rechtzeitig bremsen, der Körper des Mannes verschwindet unter dem tonnenschweren Fahrzeug.
Die sofort alarmierten Einsatzkräfte gehen vom Schlimmsten aus. Ein Sturz vor die Bahn ist oft mit schweren, aber noch öfter mit tödlichen Verletzungen verbunden. Doch Boban P. hat das, was man in solchen Situationen gerne als Glück im Unglück bezeichnet. Er überlebt den Rempler auf die Schienen nicht nur, sondern erleidet lediglich Prellungen, Rissquetschwunden und einen Bruch. Im Spital müssen die Notärzte dem Verletzten später allerdings eine Zehe amputieren.
Tatverdächtiger gefasst
Trotzdem, die Bergung des Opfers, das unter dem Zug eingeklemmt ist, gestaltet sich als schwierig, erst die Feuerwehr kann den 52-Jährigen aus seiner Lage befreien. Der Tatverdächtige kann im entstandenen Trubel vorerst flüchten, doch die Überwachungskameras haben alles mitgefilmt. Der Verdächtige - er leidet an Schizophrenie - wird ausgeforscht und verhaftet. Obwohl man ihm die Tat per Video vorspielt, sagt Walter W.: "Ich war's nicht, ich kann mich an nichts erinnern..."
von Michael Pommer, Kronen Zeitung
Foto: Peter Tomschi
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