Die Ermittlungen liefen auf Hochdruck, erklärte Greiner. Involviert seien das Bundeskriminalamt, das Landeskriminalamt NÖ und die Staatsanwaltschaft Korneuburg. Die Ermittler hätten am Fundort in einem Erdloch in Dietmannsdorf gesiebt und gegraben, dabei sei das vollständige Skelett gefunden worden. Was die weiteren Ermittlungen angehe, stünden unter anderem Befragungen "im näheren und weiteren Umfeld" des Verdächtigen Michael K. an. Der Mann soll eine Lebensgefährtin in Wien haben.
Neben einem teilweise verbrannten Englisch-Lexikon - ein solches hatte Julia Kührer am Tag ihres Verschwindens vor fünf Jahren bei sich - wurden auf dem Grundstück in der Weinviertler Katastralgemeinde nahe Pulkau auch verwitterte Kleidungsreste sichergestellt. Ob sie dem Mädchen zuzuordnen sind, müsse noch abgeklärt werden, so Greiner.
Abgleich des Zahnschemas brachte Gewissheit
Das Skelett war in Dietmannsdorf in der Gemeinde Zellerndorf im Bezirk Hollabrunn, nur wenige Kilometer vom Elternhaus Julia Kührers in Pulkau entfernt, entdeckt worden. Michael K. war Verfügungsberechtigter über das Grundstück, wie Ermittlungsleiter Ernst Geiger vom Bundeskriminalamt am Freitag in einer Pressekonferenz erklärte.
Ein Abgleich des Zahnschemas brachte rasch den Beweis, dass es sich bei den gefundenen sterblichen Überresten um Julia Kührer handelt. Die Ermittlungen stünden aber derzeit noch am Anfang, so Geiger. Auch eine genaue DNA-Analyse der gefundenen Knochen stehe noch aus. Die Eltern des Mädchens seien informiert worden und hätten völlig geschockt auf die Nachricht reagiert.
Julia Kührer kam nach Schule nicht nach Hause
Die damals 16-jährige Julia Kührer war am 27. Juni 2006 von der Schule nicht mehr nach Hause gekommen. Sie wurde an diesem Tag um 13.33 Uhr zuletzt beim Aussteigen aus einem Linienbus auf dem Hauptplatz ihrer Heimatgemeinde gesehen. Jahrelange Erhebungen der Kriminalisten hatten zunächst zu keinem Ergebnis geführt.
Das änderte sich Donnerstag schlagartig. Wie in anderen großen Fällen habe der Zufall eine bedeutende Rolle gespielt, berichtete der Ermittlungsleiter. Nachbarn hätten die Skelettreste am Donnerstagabend gefunden, nachdem beim Spielen mit dem Hund ein Ball über die Grundstücksgrenze gefallen war. Auf der Suche nach dem Spielgerät inspizierten sie dann mit Taschenlampen ein mit einer Spanplatte abgedecktes Erdloch. Exakt um 19.07 Uhr wurde die Exekutive informiert, teilte Andreas Thenner vom Landespolizeikommando NÖ mit.
Verdächtiger will "viele Feinde" gehabt haben
Der Verdächtige Michael K., früherer Videothek-Betreiber in Julia Kührers Heimatort Pulkau, bestritt am Samstagabend im Landeskriminalamt NÖ in St. Pölten nach wie vor, mit der Tat in Zusammenhang zu stehen. Der Mann will "viele Feinde" gehabt haben und versuche, die Schuld von sich abzulenken, sagte BK-Sprecher Greiner. So argumentiere er, dass die Leiche des Mädchens auf dem Grundstück in Dietmannsdorf abgelegt worden sei. Die Befragung des Verdächtigen dauert noch an.
Ermittlungsleiter Geiger erklärte, dass Michael K. sein Geschäft in Pulkau "einige Zeit" nach dem Verschwinden Julia Kührers aufgegeben hatte. Der Mann habe die Geschäftsaufgabe damals aber mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten erklären können. Der nun 50-Jährige, der sich im sozialen Netzwerk Facebook jünger ausgab und dort 28 weibliche "Freunde" hat, war in der Folge mehrfach befragt worden. Eine Hausdurchsuchung bei Michael K. habe es nicht gegeben. Der Mann sei wie viele andere auch eine "Gelegenheitsperson" und "kein Verdächtiger" gewesen, sagte Geiger.
Ermittler haben es mit vielen offenen Fragen zu tun
Der Fall gibt noch immer zahlreiche Rätsel auf: So ist laut Geiger etwa die Frage, ob der Fundort der Knochen auch der Tatort ist, nach wie vor offen. Obwohl die Ursache des Todes von Julia Kührer noch nicht feststehe, sei von einer Gewalttat auszugehen. Ein natürlicher Tod sei "höchst unwahrscheinlich", führte Geiger aus. Offen sei aber, wann sich die Tat zugetragen hatte. Zum Motiv gebe es ebenfalls keine Anhaltspunkte.
Der Wiener Anwalt der Familie Kührer, Gerald Ganzger, bat am Freitagabend im Namen der Eltern der Toten um Zurückhaltung der Medien. "Es kann sich wohl jeder vorstellen, wie es den Eltern nun geht. Die Medienvertreter werden ersucht, die Privatsphäre der tief geschockten Eltern zu respektieren, um ihre Betreuung durch das Krisenteam nicht zu gefährden", so der Jurist.
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