Die Grünen besinnen sich mit der Dauerrede ihrer aktionistischen Tradition und protestierten so verbal gegen die Sparpläne der Regierung und die "Steuerungerechtigkeiten" im Land. Werner Kogler (im Bild bei einer Nationalratssitzung) überbot damit auch die bisherige nationale Bestmarke dieser kreativen und vor allem in den USA (unter dem Begriff Filibuster, Anm.) immer wieder angewendeten Blockadeaktion. Seine Parteikollegin Madeleine Petrovic hatte 1993 aus Protest gegen eine geplante Tropenholz-Novelle zehn Stunden und 35 Minuten geredet.
"Verfassungsbruch"-Vorwurf an Regierung
Inhaltlich brachte Kogler offenbar noch einmal alles vor, was die Grünen an Regierungs-Kritik in den letzten Jahren aufzubieten hatten - von der Budgetverschiebung im heurigen Jahr bis hin zur Einstellung des Banken-Untersuchungsausschusses im Jahr 2008. Kogler warf der Regierung wegen der verspäteten Budgetvorlage erneut Verfassungsbruch und Missachtung des Parlaments vor und geißelte ein "familien- und studentenfeindliches Budget", das keinerlei Kern der Erneuerung trage und den Reformstau wieder nicht angehe.
Detailliert spannte er den Bogen dabei von der Universitätspolitik über die Verkürzung der Bezugsdauer von Familienbeihilfe für die Studierenden bis hin zum Schulbereich und warf der Regierung "Feigheit" und "Steuerlüge" vor. Trotz zum Teil heftiger Zwischenrufe wurde der neue Rederekord Koglers laut Parlamentskorrespondenz schließlich "mit allgemeinem Applaus vonseiten der Abgeordneten" bedacht. Möglich war die Dauerrede, weil es in den Ausschüssen - im Gegensatz zum Nationalratsplenum - keine Redezeitbeschränkung gibt.
FPÖ: "Reiner Aktionismus führt zu nichts"
Von der FPÖ kam scharfe Kritik an der Taktik der Grünen. "Reiner Aktionismus führt zu nichts", empörte sich FP-Finanzsprecher Elmar Podgorschek. "Mit solchen Schmierenkomödien ist nichts Sinnvolles zu erreichen, denn damit wird nur die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung gefördert."
Er verwies außerdem darauf, dass Grünen-Chefin Eva Glawischnig dem nun durcheinandergebrachten Ausschussfahrplan in der Präsidialkonferenz des Nationalrats zugestimmt habe. Offensichtlich habe Glawischnig ihre Fraktion nicht im Griff, so der FPÖ-Abgeordnete.
Voranschlag um drei Uhr früh beschlossen
Nachdem Kogler geendet hatte, ging es dann deutlich schneller. Laut dem Ausschussvorsitzenden Jakob Auer (ÖVP) war zuvor ein Antrag auf Schluss der Debatte gestellt worden, doch sämtliche angemeldete Wortmeldungen seien noch gehalten worden. Auch der BZÖ-Abgeordnete Rainer Widmann schloss sich dem Protest an, beendete seine Rede im Anschluss an Koglers Marathon aber nach nicht einmal einer Stunde.
Damit wurde nach der historischen Marathonsitzung der Budget-Voranschlag 2011 mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen. Laut Auer haben die Schlussabstimmungen um 2.50 Uhr stattgefunden - gegen den Voranschlag hätten Grüne, BZÖ und FPÖ gestimmt. Nun ist der Weg frei für die weitere Behandlung des Budgets ab Montag im Plenum des Nationalrats.
Abänderungen in einzelnen Bereichen
In einzelnen Bereichen des Budgetvoranschlages wurden laut Parlamentskorrespondenz noch Abänderungen vorgenommen. Insgesamt steigt das Budgetdefizit gegenüber dem von der Regierung vorgelegten Entwurf dadurch um rund 50 Millionen Euro. Konkret sind für 2011 Einnahmen in der Höhe von 62,54 Milliarden Euro und Ausgaben in der Höhe von 70,16 Milliarden veranschlagt. Das entspricht einem Defizit von 2,6 Prozent des BIP. Das gesamtstaatliche Defizit, berechnet nach Maastricht-Kriterien, wird vom Finanzministerium für 2011 mit 3,2 Prozent prognostiziert. Die Schuldenquote steigt voraussichtlich auf 71,3 Prozent des BIP.
Im Plenum am kommenden Montag wird in einer ersten Sitzung (ab 10 Uhr) das Budgetbegleitgesetz diskutiert und beschlossen. Die zweite Sitzung - in der das Budget in Einzelkapiteln behandelt und beschlossen wird - beginnt ebenfalls noch am Montag und dauert bis Mittwoch.
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