Junge als "Sandler"

18- bis 30-Jährige sind schon größte Obdachlosengruppe

Österreich
14.06.2011 14:17
Der typische "Sandler" ist ein älterer Mann, der auf der Parkbank schläft - so sieht das Klischee in Sachen Obdachlosigkeit in Wien, aber auch den meisten anderen Städten Österreichs aus. Tatsache ist jedoch: Die Betroffenen werden immer jünger. Laut dem Verband Wiener Wohnungslosenhilfe sinkt das Durchschnittsalter merklich, die 18- bis 30-Jährigen stellen mittlerweile die größte Gruppe unter den Obdachlosen.

Generell dürfte die Zahl jener Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, steigen, betonten am Dienstag Vertreter des Verbandes, dem u.a. Caritas, Samariterbund, Heilsarmee, Hilfswerk und Volkshilfe angehören, bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2010. Genaue Zahlen gebe es jedoch nicht, betonen die Experten.

Fest steht aber, dass das Angebot für Wohnungslose in Wien ausgebaut wurde. Laut Verband gab es im Vorjahr 4.439 von der Stadt geförderte Wohnplätze, inklusive Notschlafstellen. 2009 waren es noch knapp über 3.000 gewesen. Doch trotz des Anstieges sei der Bedarf kaum zu decken, berichten die Experten. Denn dieser sei schwer zu schätzen und zeige sich mitunter erst, wenn neue Einrichtungen sofort sehr gut angenommen werden.

18- bis 30-Jährige größte Gruppe der Obdachlosen
Die Formen von Wohnungs- und Obdachlosigkeit seien sehr vielschichtig, erklärte Walter Kiss von der Volkshilfe Wien, der auch Vorsitzender des Verbandes Wiener Wohnungslosenhilfe ist. Verantwortlich seien oft strukturelle Ursachen. Was auch für die zunehmende Problematik bei den Jungen gilt: Laut Alexander Bodmann, Generalsekretär der Caritas Wien, ist ein Drittel der Klienten, die sich an die Caritas-Erstanlaufstelle P7 wenden, unter 30 Jahre alt. Insgesamt gab es im P7 im Vorjahr 6.015 Anfragen, davon waren 2.001 Anfragen von Menschen unter 30. 

Die Zahl ist deutlich angestiegen, 2009 gab es 1.645 Kontakte zu Betroffenen dieser Altersgruppe. Auch das Durchschnittsalter sinkt: So betrug es etwa im Jugendhaus der Caritas vor rund zehn Jahren 27 Jahre. Inzwischen liegt es bei 22 Jahren bei Männern und bei 21 bei Frauen. Die 18- bis 30-jährigen sind schon die größte Gruppe unter den Obdachlosen Wiens, heißt es im Jahresbericht. Und: Jede vierte armutsgefährdete Person in Österreich ist ein Kind oder ein Jugendlicher, rund 270.000 Burschen und Mädchen unter 19.

Die Gründe für die Zunahme bei den jüngeren Obdachlosen seien unterschiedlich, heißt es im Jahresbericht. Zum einen sinke der familiäre Rückhalt, zum anderen werde aber auch die Frage der Ausbildung immer wichtiger. Der Zugang zum Arbeitsmarkt erfordere immer mehr Qualifikationen. Wer nicht über diese verfüge, habe es schwer, zu einer leistbaren Wohnung zu kommen.

Frauenspezifische Einrichtungen gefordert
Schwer einzuschätzen ist laut Verband die Zahl der betroffenen Frauen. 2010 waren von den rund 8.300 Personen, um die sich die Wohnungslosenhilfe gekümmert hat, nur etwa 2.400 Frauen. Das Ungewöhnliche daran: Sie sind laut Statistik eigentlich häufiger von Armut betroffen als Männer, würden aber bei familiärer Gewalt eine Art Zwangspartnerschaft eingehen, da sie wirtschaftlich vom Partner abhängig seien. Ein zusätzliches Angebot für Frauen sei dadurch wichtig. Dies würde Betroffenen ermöglichen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das habe sich auch bei Eröffnungen in der Vergangenheit gezeigt: "Alle neuen Einrichtungen waren gleich voll, dadurch wird Wohnungslosigkeit erst sichtbar", berichtete Bodmann.

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