Zielpunkt-Pleite

2700 Mitarbeiter vor Weihnachten ohne Job

Wirtschaft
26.11.2015 17:08
Schwere Zeiten für den heimischen Handel: Im Spätherbst gibt es besonders viele Arbeitslose. Im Oktober waren schon fast 50.000 Menschen im Handel ohne Job, alleine in Wien sind es bereits 17.289 Arbeitslose in der Branche - und die Lage wird sich noch weiter verschärfen. Von der bevorstehenden Pleite der Einzelhandelskette Zielpunkt sind jetzt rund 3000 Beschäftigte betroffen.

Für 2700 Mitarbeiter der Handelskette Zielpunkt und 300 weitere Beschäftigte im Pfeiffer-Logistikzentrum werden es traurige Weihnachten. Sie verlieren ihren Job. Anfang Dezember wird der Konkurs eröffnet, die Beschäftigten wurden bereits im Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung angemeldet. Die November- und Dezember-Gehälter werden vom Insolvenzfonds übernommen. Doch erfahrungsgemäß dauert es einige Wochen, bis sie zur Auszahlung gelangen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer setzte sich dafür ein, dass die Banken allen Zielpunkt-Beschäftigen einen Monat lang eine Gratis-Kontoüberziehung gewähren (in Höhe eines Monatsgehaltes).

229 Filialen können nicht fortgeführt werden
Selbst wenn Hoffnungen gehegt werden, dass Konkurrenten Filialen aus Zielpunkt-Bestand übernehmen: Die Insolvenz kurz vor Weihnachten beschert den betroffenen Handelsmitarbeitern trübe Aussichten für das kommende Jahr. Zielpunkt wird von der Bildfläche verschwinden. 126 Geschäfte gibt es in Wien, 53 in Niederösterreich, 27 in der Steiermark und 23 im Burgenland. Ob sich die Hoffnung Pfeiffers erfüllt, dass Konkurrenten die Standorte und die Mitarbeiter übernehmen, ist mehr als fraglich.

Die Konzentration bei Supermärkten wird das Übernehmen von Zielpunkt-Filialen durch Konkurrenten aus Kartellgründen schwierig machen. Spar und Hofer haben zwar bereits Interesse an Standorten signalisiert. Auch engagierte Mitarbeiter können sich jederzeit bei den Eigentümern melden. Doch schon jetzt erzielen die drei Großen der Branche (Rewe, Spar, Hofer) knapp 85 Prozent des Umsatzes im Lebensmittelhandel (18,8 Milliarden Euro). Die Bundeswettbewerbsbehörde kann keiner Übernahme zustimmen, wenn jemand bereits mehr als 30 Prozent Marktanteil hat.

Knapp 50.000 Handelsangestellte im Oktober arbeitslos
Arbeitsmarktexperten fürchten, dass die Handhabung der Zielpunkt-Pleite eine noch größere Herausforderung wird als das zuletzt der Zusammenbruch der Bauhandelskette baumax war. Heuer im Oktober waren 49.989 Handelsangestellte und -arbeiter ohne Job. Das waren 4563 oder 10 Prozent mehr als im Oktober vor einem Jahr. Alleine in Wien gibt es bereits 17.289 Arbeitslose im Handel. Als im Sommer 2013 der Umbau der Drogeriemarktkette Schlecker zu dayli scheiterte, war das mit 3500 Beschäftigten die größte Handelspleite seit 20 Jahren.

Verwunderlich ist die Entwicklung im Handel für Experten nicht. Österreich hat im internationalen Vergleich eine sehr hohe Verkaufsflächendichte. "In den letzten zwei Jahren hat sich der Strukturwandel extrem verstärkt", so Handelsforscher Ernst Gittenberger. Alleine im Vorjahr mussten im Einzelhandel 2000 Standorte zusperren. Die 229 Zielpunkt-Standorte stellen nur vier Prozent aller Geschäfte im Lebensmittel-Einzelhandel dar.

Zukunft der Pfeiffer-Gruppe ungewiss
Wie es mit dem Rest der Pfeiffer-Gruppe weitergeht, wird in der Branche jetzt mit Spannung beobachtet. Chef Georg Pfeiffer schätzt die 127 Unimarkt-Filialen und den Großhandel, der die 268 Nah&Frisch-Kaufleute beliefert, als kerngesund ein. Eine Sichtweise, die nicht jeder teilt: So wurde bereits der Verkauf der Gastro-Schiene C+C Pfeiffer an die Schweizer Coop-Genossenschaft vor drei Wochen als Alarmsignal gewertet. "Das Management hat keine klare Linie", analysiert Marketing-Experte Peter Schnedlitz. Es werde zum Beispiel beim Online-Geschäft viel gegackert, aber keine Eier gelegt.

Video: Zielpunkt-Kunden "traurig und besorgt"

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