"Krone": Welche Rolle können Österreich und Europa bei der Lösung des palästinensischen Problems spielen?
Mahmoud Abbas: Wir legen großen Wert auf die Verhandlungslösung mit Israel, was die Fragen der Sicherheit und die Zwei-Staaten-Lösung betrifft. Österreich kann noch vieles tun in der Zukunft, vor allem den politischen Friedensprozess mit Israel in Gang bringen. Wir wollen keinen Krieg, sondern in Frieden neben Israel leben, um Sicherheit für die beiden kommenden Generationen zu ermöglichen. Wir sind Österreich dankbar für die politische und wirtschaftliche Unterstützung sowie für die Aufwertung der palästinensischen Vertretung in Wien. Hier wurde die Vertretung zur "Mission of Palestine" mit einem Botschafter hinaufgestuft. Ich bin mit den Unterredungen in der Hofburg zufrieden, wo sich Bundespräsident Fischer und Außenminister Spindelegger zu unseren Anliegen sehr aufgeschlossen zeigten. Ich habe sie auch über unsere Gespräche mit der Hamas informiert.
"Krone": Was erwarten Sie von den USA, Israel und dem "Nahost-Quartett"?
Abbas: Wir sind bereit, jederzeit mit Israel zu verhandeln. Dazu müsste aber die Grenze von 1967 außer Streit gestellt und der Siedlungsbau in den besetzten Gebieten gestoppt werden. Das "Quartett" kann dazu beitragen, den Friedensprozess ernsthaft zu starten. Die Verantwortung für den Stillstand im Nahost-Friedensprozess liegt auf der anderen Seite, nicht bei uns.
"Krone": Nach dem Rücktrittsangebot Ihres Premierministers müssen Sie eine neue Regierung bilden, und dann stehen auch die Wahlen an. Wie wollen Sie diese beiden Hürden nehmen?
Abbas: Die Hamas in einen Friedenskurs einbinden. Unser Ziel ist eine baldige neue Experten-Regierung und dass eine im Zuge der Aussöhnung zwischen unserer Fatah und der Hamas gebildete Regierung der nationalen Einheit weiterhin die von mir vertretene friedliche Option gegenüber Israel fortsetzt. Die Übergangsregierung wird aus unabhängigen Experten bestehen, die meine Linie vertreten. Ministerpräsident Salam Fayyad soll sein Amt in einer auf breiter Basis gebildeten Einheitsregierung behalten. Diese Regierung soll keine Koalition aus Fatah und Hamas sein, sondern ein Übergangskabinett aus unabhängigen Experten unter Führung des anerkannten Premiers Salam Fayyad. Er soll die überfälligen Wahlen vorbereiten, danach entscheidet das Volk, wer es vertreten soll. Die Hamas hat mir keine Garantie für die Anerkennung Israels gegeben. Dafür hat sie anderen Punkten zugestimmt: Sie will - anders als früher - Palästina in den Grenzen von 1967 akzeptieren. Und der Widerstand gegen Israel soll nur noch ohne Gewalt erfolgen.
"Krone": In Israel und den westlichen Ländern besteht die Befürchtung, dass die Hamas das für den Prozess der palästinensischen Versöhnung notwendige Existenzrecht Israels nicht anerkennt.
Abbas: Ich versichere Ihnen, die Hamas ist bereit, zur Beruhigung der Lage in den Palästinensergebieten beizutragen und in den Grenzen von 1967 zu leben. Ich kann jedoch keine Garantie dafür abgeben, dass die Hamas jemals bereit sein wird, Israel (diplomatisch) anzuerkennen.
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