"Wir müssen dafür sorgen, dass es weniger Flüchtlinge werden", überraschte Bundeskanzler Werner Faymann jetzt im "Krone"-Interview. Nach dem Ministerrat am Dienstag legte der SPÖ-Chef nach: "Wir sind ein Rechtsstaat, aber wir predigen sicher keine 'Willkommenskultur' - all jene, deren Asylantrag abgelehnt worden ist, müssen zurück in ihre Heimat gebracht werden. Und zwar strikt."
Aktuell bleiben Zehntausende Fremde selbst nach rechtskräftiger Ablehnung ihres Asylantrags in Österreich - meist deshalb, weil die Regierungen ihrer Herkunftsländer keine Rücknahme dieser Menschen genehmigen und die nötigen Heimreisezertifikate fehlen.
Ein kleinerer Teil widersetzt sich auch - beraten von gewissen Flüchtlingshilfsorganisationen - erfolgreich den Abschiebversuchen: So schloss etwa ein Nordafrikaner vor dem Start jenes AUA-Jets, der ihn zurückbringen sollte, einfach nicht seinen Sicherheitsgurt. Die begleitenden Polizeibeamten wie auch die Flugbegleiter durften nicht eingreifen - der Abschiebeversuch wurde nach einer Stunde Debatte beendet, der Passagier verließ das Flugzeug wieder und blieb in Österreich.
"Wie gesagt: Es müssen weniger Flüchtlinge werden. Und wir schaffen das nur, wenn all jene, die kein Recht auf Asyl haben, zurück in ihre Heimat gebracht werden. Sie müssen strikt abgeschoben werden", verlangt Kanzler Faymann vom Außenministerium, dass "auch mit Staaten wie Pakistan oder Marokko sofort Rücknahmeabkommen geschlossen werden". Faymann zur "Krone": "Ja, ich sagte im Sommer: 'Die Balken auf für die Menschlichkeit.' Das stimmt. Aber wir sind ein Rechtsstaaat und wir predigen sicher keine 'Willkommenskultur'."
Der erhoffte Effekt der Abschiebungsoffensive: Sobald alle Marokkaner, Algerier, Ägypter oder Palästinenser, die nach Österreich kommen wollen, erkennen, dass hier alle Wirtschaftsflüchtlinge binnen kürzester Zeit rigoros abgeschoben werden, könnten sie ihre Pläne aufgeben.
ÖVP nimmt Faymann ins Visier
Faymann wird in der Debatte um die Flüchtlingszahlen zunehmend von der ÖVP ins Visier genommen. Er müsse sich mit seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel über die zurückgeschickten Flüchtlinge beraten, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Dienstag vor dem Ministerrat. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland nun im Schnitt 200 Flüchtlinge täglich nach Österreich zurückschickt, müsse sich Faymann mit Merkel zusammensetzen und die weitere Vorgangsweise besprechen.
Das Ergebnis nach Wunsch Mikl-Leitners: "Es braucht hier eine Absage an die grenzenlose Willkommenskultur." Ganz ähnlich hatte es bereits zuvor ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka formuliert. Österreich müsse "generell dichtermachen", sagte er zudem vor der Regierungssitzung. Sein SPÖ-Gegenüber Andreas Schieder quittierte das mit dem Wunsch nach "Sacharbeit und weniger Polemik" aus den schwarzen Reihen.
Innenministerium für "klare Obergrenze"
Die Innenministerin drängte auf eine "klare Obergrenze" für die Aufnahme von Schutzbedürftigen. Konkrete Zahlen nannte sie aber nicht. Man werde das Thema bei einem Treffen mit den Bundesländern am 20. Jänner genau erörtern. Mikl-Leitner wich am Dienstag ein wenig von der sonst üblichen Trennung in der Diskussion zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen ab: Viele Kriegsflüchtlinge würden gezielt nach Österreich kommen, weil es ihnen hier besonders gut gehe, statt in Kroatien oder Slowenien Asyl zu beantragen.
Mikl-Leitner: "Österreich muss weniger attraktiv werden"
Deshalb müsse Österreich "weniger attraktiv" werden, sagte sie einmal mehr. Außerdem müsse das Dublin-Abkommen wieder strikt eingehalten werden, forderte die Innenministerin. Auf entsprechend wenig Gegenliebe stieß in der ÖVP Faymanns Wunsch nach einer frühen Trennung der Flüchtlinge, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen. Wenn Hunderte an der Grenze stehen, sei das wohl kaum machbar, sagte Lopatka.
Video: Wie sicher sind unsere Grenzen?
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