Nahezu kafkaeske Züge hat der Fall Aslan G. angenommen, der seit einem Jahr die Wiener Justiz beschäftigt. Die russischen Behörden haben - wie mehrfach berichtet - die Auslieferung des angeblichen Serienmörders beantragt. Der 45-Jährige befindet sich mittlerweile aber nicht mehr in Auslieferungshaft. Diese ist nämlich auf ein Jahr begrenzt, die Frist ist vor wenigen Stunden abgelaufen.
Auf freien Fuß wurde der Mann, dem im Auslieferungsbegehren Anstiftung zu sechsfachem Mord angelastet wird, aber nicht gesetzt. Nachdem der für das russische Ersuchen zuständige Wiener Richter die Auslieferungshaft per Beschluss aufgehoben hatte, wurde Aslan G. von einem anderen Richter in Übergabehaft genommen - "nahtlos", wie Christina Salzborn, die Sprecherin des Straflandesgerichts, am Mittwoch feststellte.
Haft wegen falschem Ausweis
Basis für die weitere Anhaltung des 45-Jährigen, bei dem es sich der Moskauer Generalstaatsanwaltschaft zufolge um den Chef einer Mafia-Bande handeln soll, dem insgesamt an die 60 Kapitalverbrechen zugeschrieben werden, ist skurrilerweise ein gefälschter Ausweis. Einen solchen soll Aslan G. in Bulgarien verwendet haben, weswegen die Behörden in Sofia Österreich um Überstellung des Mannes zum Zwecke der Strafverfolgung bitten. Das Straflandesgericht erklärte die Übergabe für zulässig, wogegen die prominenten Rechtsvertreter des 45-Jährigen - die Wiener Anwälte Lukas Kollmann, Rudolf Mayer, Nikolaus Rast und Norbert Wess - Beschwerde eingelegt haben. Sie behaupten, ihr Mandant sei in Bulgarien für das Urkundendelikt bereits abgeurteilt worden.
Aslan G. konnte jedoch kein schriftliches Urteil vorlegen und dem Vernehmen nach auch nicht den Tag seiner Verurteilung nennen. Außerdem soll er seinen Angaben zufolge drei Jahre bedingt ausgefasst haben, obwohl die bulgarische Rechtsordnung maximal zwei Jahre für den Gebrauch gefälschter Ausweise vorsieht.
Anwälte nominieren Zeugen
Die Anwälte des Mannes haben unterdessen mehrere Zeugen nominiert, die ihrer Darstellung zufolge bestätigen können, dass das bulgarische Verfahren bereits erledigt wurde und eine Überstellung ihres Mandanten daher dem Doppelbestrafungsverbot widerspräche. Mit der Beschwerde gegen die erstinstanzlich genehmigte Überstellung nach Sofia muss sich nun das Wiener Oberlandesgericht auseinandersetzen.
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