"Gewittrige Debatte"

Asyl-Gipfel: Länder lassen Faymann abblitzen

Österreich
24.06.2015 22:50
Beim zweiten Asyl-Gipfel der Bundesregierung ist es am Abend weiter zu keiner Einigung gekommen. Die von Bundeskanzler Werner Faymann forcierte Bezirksquote - also die Aufteilung der Flüchtlinge auf die Bezirke, gemessen an der Einwohnerzahl - wurde nicht angenommen. Besonders die von der ÖVP regierten Bundesländer stellten sich gegen die Quote. Nach gut vierstündigen Beratungen war das einzige Ergebnis, dass man bis Ende Juli seitens der Länder 6.500 Plätze zur Verfügung stellen will.

Dass das Treffen nicht gerade harmonisch verlaufen war, zeigte sich schon daran, dass die Vertreter der Länder, angeführt von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), mit grimmigen Mienen und ohne inhaltliche Kommentare das Bundeskanzleramt verließen. Auch Faymann sprach von einer "eher gewittrigen Diskussion".

Die Bezirksquote sei im Wesentlichen an den VP-regierten Bundesländern gescheitert, wie Faymann nach dem Gipfel bekannt gab. Diese seien der Meinung, dass man die Unterbringung auch anderweitig organisieren könne. Er werde das genau beobachten, meinte der SPÖ-Chef. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hielt sich in seinem öffentlichen Statement aus diesem Konflikt eher heraus. Auch er hätte einen gewissen Charme bei der Bezirksquote gesehen. Es seien aber eben auch Gegenargumente gebracht worden.

Zeltstädte bleiben vorerst
Inhaltlich ist das Ergebnis jedenfalls angesichts der geschürten Erwartungen dürftig. Auch die Regierungsspitze musste eingestehen, dass sich etwa für die völlig überfüllte Bundesbetreuungsstätte Traiskirchen derzeit nichts ändern werde. Die Zeltstädte werden vorläufig wohl ebenfalls stehen bleiben.

Die Länder verzichteten darauf, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Die schwarzen Landeshauptleute zogen gemeinsam ab und trugen ihre Missstimmung offen zur Schau: "Ersparen Sie mir jeden Kommentar", meinte Salzburgs Wilfried Haslauer. Auch nicht inhaltsreicher der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer: "Ich war das erste Mal dabei und ich sage nichts." Die drei Landeshauptleute der SPÖ verließen das Kanzleramt offenbar durch einen Hintereingang.

NGOs sichtlich enttäuscht
Sichtlich enttäuscht waren die geladenen NGO-Vertreter. Positiv bewerteten Volkshilfe, Rotes Kreuz und Caritas bloß, dass die 6.500 Plätze versprochen wurden. Die Zusagen bezüglich der unbegleiteten Minderjährigen seien dann schon nicht mehr so konkret gewesen, berichtete Caritas-Präsident Michael Landau. Vage sei den Hilfsorganisationen signalisiert worden, dass es hier gewisse finanzielle Erleichterungen bei der Betreuung geben könnte. Ebenso wie der Generalsekretär des Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum, und Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger verhehlte Landau nicht, dass man sich ein besseres Ergebnis erwartet hätte.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sprach nach dem Gipfel von einem "Zwischenschritt". Nächste Woche soll mit den Ländern geklärt werden, wo die 6.500 Plätze entstehen. Der Großteil der heute schon zugesicherten 2.500 Plätze kommt übrigens aus Wien und Niederösterreich, also zwei Ländern, die bei der Quotenerfüllung ohnehin Musterschüler sind.

"Ohne Gemeinden keine Lösung"
Bereits vor dem Gipfel hatten die Länderchefs eine Ablehnung der Bezirksquote signalisiert. Wiens Bürgermeister Michael Häupl interessierte nach eigenen Angaben nicht allzu sehr, auf welcher Ebene eine Quote zum Tragen kommt - Hauptsache, die Vorgaben würden eingehalten, so der Stadtchef, dessen Bundesland als einziges seit Jahren durchgehend die Quotenvorgaben erfüllt.

Nicht viel von Quoten hielt auch Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer. Wenn, dann müssten die Vorgaben jedenfalls auf Gemeindeebene festgeschrieben sein. Über Sanktionen wollte Mödlhammer nicht einmal sprechen. Was es brauche, seien Anreize und Vereinbarungen unter Einbindung der Kommunen: "Ohne Gemeinden wird keine Lösung stattfinden können."

"Müssen auch im eigenen Land Ordnung schaffen"
Faymann selbst meinte vor der auf zwei bis drei Stunden anberaumten Unterredung, die letztlich mehr als vier Stunden dauerte, man könne nicht nur darauf warten, dass auf EU-Ebene das Flüchtlingssystem gerechter gelöst werde: "Wir müssen auch im eigenen Land Ordnung schaffen." Sanktionen für säumige Bezirke sehe sein Vorschlag nicht vor, versicherte Faymann. Er könne aber nicht ausschließen, dass es im Lauf der Zeit zusätzliche Maßnahmen brauche.

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