Außenminister Sebastian Kurz hat recht behalten. Im "Krone"-Interview über seinen Europa-Plan zur Abwehr des Migrationsansturms "teilweise nach dem Vorbild von Australien" hatte er das übliche "große Geschrei" vorhergesehen. Die Empörungswelle ist wie der "Pawlowsche Reflex" auch umgehend über ihn hereingebrochen.
Die Linke ist über die "menschenverachtende Haltung" von Kurz entsetzt und die Rechte wirft ihm vor, den Vorschlag von der FPÖ "gestohlen" zu haben. Kurz will das "Australien-Modell" in die EU einbringen: rigorose Abwehr des Schlepperverkehrs, sodass kein Migrantenboot mehr in Europa anlegen könne und dürfe; wohl aber Rettung aus Seenot, welche allerdings kein Ticket nach Europa sein darf. Unterbringung auf Hotspot-Inseln und Rücktransport, wo möglich, bis der Nachkommeffekt erlischt.
Minister Kurz im "Krone"-Interview: "Australien zeigt, dass Seegrenzen kontrollierbar sind. 'Illegale' verwirken ihr Asylrecht. Flüchtlinge werden in Konfiktgebieten selbst ausgewählt. So ist in Australien der Nachkommeffekt erloschen, kein Migrant ist mehr ertrunken und die Schlepper sind ihr Geschäft los."
Trommelfeuer an Kritik gegen den Minister
Dazu die Wiener SPÖ-Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger: "Verfolgte Menschen haben das Recht auf Schutz. Mit Internierungslagern auf Inseln vor der europäischen Grenze würden wir dieses Recht abschaffen." FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky: "Gipfel der Unglaubwürdigkeit und Scheinheiligkeit der ÖVP. Sachlich und inhaltlich hat sich nämlich gar nichts an der Willkommenskultur von SPÖ und ÖVP verändert."
Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen: "Was Außenminister Kurz mit Einsperren von Schutzsuchenden auf Mittelmeerinseln vorschlägt, ist die Abschaffung des Rechts, dass verfolgte Menschen um Schutz ansuchen dürfen, ohne interniert zu werden." Dieses Recht auf Schutz vor Verfolgung sei nicht ohne Grund nach zwei Weltkriegen mit Millionen ziviler Opfer und verfolgter Minderheiten wie Juden und Roma international beschlossen worden. "Diese historische humanitäre Errungenschaft nun für innenpolitisches Punktemachen abschaffen zu wollen, ist ein Spiel mit dem Feuer." Korun weiters: "Solange es Krisenherde wie Syrien, Irak oder Sudan gibt, solange man Menschen zu Flüchtlingen macht, werden Fluchtursachen weiter bestehen."
Diakonie-Direktor Michael Chalupka: "Wir haben die Pflicht, diese Menschen zu versorgen. Australien hat die europäische Menschenrechtskonvention nicht unterschrieben. Europa hat eine andere Rechtslage. Ich kann diese Meldung nur als eine populistische Meldung einordnen, die wieder einmal von einem Außenminister nur als innenpolitische Ansage getätigt worden ist."
Kommentar von Kurt Seinitz: Reaktionen auf den Plan von Kurz
Jeder reagiert auf seine Weise. Die linksgrüne Mannschaft im ORF versuchte, den für ihr typisches Schablonendenken unbequemen Interviewauftritt von Minister Kurz in der Sonntags-"Krone" 24 Stunden lang wegzuschweigen. Vergeblich, wie seit Sonntag der Rekord an - ziemlich eindeutigen - Kommentaren zu diesem Artikel auf krone.at zeigt, wo Kurz der EU unter anderem vorschlägt, am Beispiel des "Australischen Modells" keine Boote mehr in Europa anlanden zu lassen (wohl aber zu retten).
Hier einige Beispiele an Reaktionen: "Superidee, aber mit Rot-Grün nicht nachvollziehbar"; "... die werden diesen guten Vorschlag zerfetzen und dann (wie im letzten Jahr) doch umsetzen, weil es dazu einfach keine bessere Lösung gibt"; "... wenn jetzt dem Kurz in der Regierung und in seiner Partei nur nichts passiert!"; "Viel Spaß beim Umsetzen in Brüssel ... keine Chance, denn dort haben die Europazerstörer die Vormachtstellung"; "So einen Politiker bräuchten wir in Deutschland"; "Friedensnobelpreis, weil man nur so den Frieden sichern kann".
Szenenwechsel nach Libyen. Die dortige Reaktion der international anerkannten Regierung - eine von drei Regierungen in dem Bürgerkriegsland -, wonach sie keinen Flüchtling/Migranten zurücknehmen würde, ist mit Vorsicht zu genießen. Sebastian Kurz will vorerst nicht mehr erreichen, als dass sich die EU von dieser UNO-anerkannten Regierung die völkerrechtlich mögliche Erlaubnis holt, Migrantenboote schon in libyschen Hoheitsgewässern stoppen zu können (falls sich die EU zu einer Einsatzflotte aufrafft).
Thema Geld: Die Finanzierung des Kurz-Plans wäre eine gewaltige Last. Aber noch größer wäre die Belastung, die Millionen Armutsmigranten in Europa versorgen zu müssen.
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