Prammer hat am Dienstag den Parlamentsparteien die Planungsunterlagen für den Umbau übergeben. Kernpunkt: Allein die (aus rechtlichen und bautechnischen Gründen) notwendige Sanierung des 130 Jahre alten Gebäudes wird inklusive vorübergehender Absiedelung der Abgeordneten rund 295 Millionen Euro kosten. Dazu kommen noch einmal 40 Millionen Euro für mögliche "effizienzsteigernde" Maßnahmen.
"Das Projekt, ich sage es ganz offen, ist ein extrem teures", gesteht Prammer. Dass es billigere Varianten geben könnte, glaubt sie aber nicht. Auch ein Neubau des Parlaments "auf der grünen Wiese" wäre laut Prammer nicht günstiger, weil man sich die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes am Ring letztlich nicht ersparen würde. Insgesamt würde ein Neubau daher sogar teurer kommen, meint die SPÖ-Politikerin: "Wir würden ein neues (Gebäude, Anm.) errichten und müssten trotzdem sanieren." Sie will nun Gespräche mit den Fraktionen führen und am 16. Februar im Baubeirat über das weitere Vorgehen entscheiden. Angesichts des Bauzustandes könne das Projekt jedenfalls "nicht mehr warten".
Stromleitungen laufen durch die Lüftung
Wie der mit dem Gesamtkonzept betraute Architekt Frank sagte, müssen für den Brandschutz neue Fluchttreppen ins Gebäude eingezogen, die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion verstärkt und die Barrierefreiheit des Hauses garantiert werden. Auch die Technik sei dringend zu erneuern, zumal die elektrischen Leitungen derzeit durch den Lüftungskanal verlaufen, was im Fall eines Kabelbrandes zur raschen Verbreitung des Rauches im ganzen Haus führen würde.
Allein diese notwendigen Sanierungsmaßnahmen würden den Planungen zufolge rund 260 Millionen Euro kosten. Dazu kämen noch einmal 35 Millionen Euro für die Absiedelung des Parlaments in ein Ausweichquartier. Sollte der Umbau bei laufendem Betrieb erfolgen (also nur eine Teilabsiedlung des Parlaments), wären die Kosten noch höher, glauben die Planer. Grund: Die Bauarbeiten müssten teilweise nachts erfolgen und während der Sitzungen pausieren, was entsprechende Mehrkosten bewirken würde.
Cafeteria und Büros unterm Dach
Zusätzlich könnten noch bis zu 40 Millionen Euro für "effizienzsteigernde Maßnahmen" anfallen - also etwa ein Durchgang vom Ring zur Reichsratsstraße im Erdgeschoß des Parlaments und ein Ausbau des ohnehin sanierungsbedürftigen Dachstuhls. Dort könnten zusätzliche Büros, Sitzungsräumlichkeiten und eine Cafeteria entstehen. Sämtliche Kostenschätzungen sind außerdem mit einer Schwankungsbreite von plus/minus 20 Prozent versehen. Die bereits vorliegenden Planungen für den Umbau des Nationalrats-Sitzungssaales, wo die Abgeordneten regelmäßig von Regengüssen durchs löchrige Dach erwischt werden und auf zerfledderten Sesseln sitzen müssen, werden laut Prammer berücksichtigt.
Welche Variante gewählt werden soll, will Prammer am 16. Februar bei einer Sitzung des Baubeirats besprechen. Erste Gespräche mit ÖVP-Finanzminister Josef Pröll über die Finanzierung habe es bereits gegeben. Auch Pröll sehe die Notwendigkeit der Sanierung, man arbeite an konstruktiven Lösungen. Anfallen würden die ersten größeren Zahlungen demnach ab - dem frühestens 2014 möglichen - Baubeginn. Die Fertigstellung wird für 2017 angepeilt. Laut Prammer hätten die Investitionen einen positiven Beschäftigungseffekt von geschätzten 1.000 Vollzeitarbeitsplätzen.
Für die Abwicklung der Arbeiten soll ein Generalplaner gesucht werden. Die Zustimmung des Denkmalamts für das Grundkonzept liegt laut Frank vor. Sollte keine Sanierung erfolgen, sieht er ab 2014/15 die Betriebsgenehmigung des Hauses gefährdet.
Grüne dafür, FPÖ gegen "nice to haves"
Grundsätzliche Unterstützung für Prammers Umbaupläne kommt von den Grünen. Das Gebäude gehöre saniert und an die heutigen Anforderungen angepasst, so der geschäftsführende Parlamentarier Dieter Brosz. Das Parlament sei in einem "besorgniserregenden Zustand", der Mitarbeitern und Besuchern nicht mehr zugemutet werden könne. "Die Gefährdung der Sicherheit ist nicht länger zu verantworten", plädierte Brosz für den Umbau. Unabhängig vom berechtigten Ärger über den Zustand der Innenpolitik: "Niemand hat etwas davon, wenn das Parlament zu einer Bauruine wird."
Die hohen Sanierungskosten seien aber "Folge des jahrelangen Wegschauens", kritisierte Brosz: Kein Präsident der letzten Jahrzehnte habe sich der Debatte über die millionenteuren Baukosten aussetzen wollen. Nun gehe es darum, das Konzept auf mögliche Einsparungen hin zu prüfen und eine Überschreitung der Projektkosten auf jeden Fall zu verhindern.
Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf von der FPÖ will indes nur Sanierungsmaßnahmen mittragen, die zur Erhaltung des Gebäudes notwendig sind. "Nice to haves" lehnt er ab. " Denkmäler wollen wir keine errichten mit Steuergeld", betonte Graf. "Wir werden sicher keinen Glamour, kein 'nice to have' mittragen", betont Graf: "Der Bürger würde es nicht verstehen, wenn wir ein 400-bis-500-Millionen-Ding beschließen." Außerdem sei der Zustand des Hauses gar nicht so schlecht, wie das dargestellt werde.
BZÖ will keinen "Luxuspalast" sehen
Auch das BZÖ hält die für den Umbau veranschlagten Kosten von "über 400 Mio. Euro viel zu hoch angesetzt". Natürlich müssten notwendige Baumaßnahmen umgesetzt werden, Klubobmann Josef Bucher stellte jedoch am Mittwoch fest: "Bei dieser Summe machen wir nicht mit." Einen "Luxuspalast" müsse man nicht hinbauen, so Bucher. Der Bündnischef betonte, dass man keine Strukturen und Räumlichkeiten errichten sollte, die in Zukunft niemand nützt. "Wer sagt, dass wir 183 Abgeordnete brauchen in den nächsten Jahren?", drängt er auf schlankere Strukturen mit maximal 100 Nationalratsabgeordneten.
VP-Kopf will Rechnungshof-Gutachten
ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf meinte, er wolle vor einer Entscheidung über den Parlamentsumbau ein zweites Gutachten einholen, und zwar vom Rechnungshof. Das Gebäude sei zwar "tatsächlich stark sanierungsbedürftig". Aber die im Raum stehenden Kosten von - so Kopf - bis zu 400 Millionen Euro seien "enorm hoch" und bedürften deshalb einer Verifizierung.
Rechnungshofpräsident Josef Moser kann sich eine Prüfung der Planungsgrundlagen für den Umbau vorstellen - allerdings erst, wenn die "Vorentwurfsplanung" für den Bau abgeschlossen ist. Derzeit liegt ein Sanierungskonzept mit einer ersten Kostenschätzung vor. Wie Moser am Mittwoch sagte, kann eine Prüfung erst erfolgen, wenn eine Planung vorliegt, die alle durchzuführenden "Gewerke" und eine Gesamtkostenschätzung enthält.
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