Er sprang aus 38.969,4 Metern Höhe in ein neues Leben. Vorträge, Interviews, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will ihn gar als Jugend-Botschafter – seit dem 14. Oktober 2012 geht es für Felix Baumgartner mit Schallgeschwindigkeit durch die High Society: Treffen mit Tom Cruise, Jean-Paul Belmondo oder Stefan Ruzowitzky, dazwischen Familien- und Hochzeitsplanung mit Schönheitskönigin Nicole Öttl.
Aber der Strahlemann aus Österreich lernte auch die Schattenseiten kennen – sein Wunsch nach einer "gemäßigten Diktatur" brachte ihm Häme, dann die "Facebook-Verwechslung" rund um Kiss-Rocker Gene Simmons und Ozzy Osbourne.
Jetzt hat der All-Springer ein Buch geschrieben. "Himmelsstürmer" zeigt den 43-Jährigen als Helden voller Ängste. Was wenige wussten: Der enge Anzug mit dem winzigen Helm ließ fast das Stratos-Projekt platzen – weinend saß der Superman damals auf dem Flughafenboden, er war kurz davor, alles hinzuschmeißen. Das Werk zeigt ihn aber auch als knallharten Geschäftsmann, als Gegner des Finanzamtes und Hobby-Politiker. Die "Krone" traf Baumgartner in der Schweiz zum Interview.
"Krone": Herr Baumgartner, wie ist das Leben als Promi so?
Felix Baumgartner: Jeder Ausrutscher geht in Sekunden um die Welt. Alles verbreitet sich so schnell, das haben wir ja gesehen bei dem Ozzy-Osbourne-Ding. Das haben wir ja zum Spaß gemacht. Ich sitze in Cannes und Gene Simmons kommt runter, und wenn man auf Facebook genauer schaut, dann sieht man ja, dass ich drei Tage davor gepostet habe, dass wir beide in Cannes sind. Das alleine hätte es schon zeigen müssen, aber leider Gottes liest der eher mäßig intelligente Facebook-Konsument genau zwei Zeilen, und wenn da nicht ein "Like"-Hakerl kommt, das er anklicken kann, dann ist er fast schon überfordert. Und was wäre gewesen, wenn ich ihn wirklich verwechselt hätte? Es ist ja nicht so, dass ich den Bin Laden mit dem Papst verwechselt habe, das wäre sträflich, sondern zwei alternde Rockstars.
"Krone": Sie schreiben in Ihrem Buch auch über Schwächen. Der enge Anzug hat bei Ihnen Panik ausgelöst. Haben Sie heute noch Albträume?
Baumgartner: Das würde auf der Hand liegen - aber eigentlich nicht. Mir war wichtig, zu zeigen, ich habe auch Ängste. Das war für mich der Scheidepunkt bei dem Projekt. Da habe ich bemerkt, ich brauche jemanden, der mir hilft.
"Krone": Sie leben ja jetzt in der Schweiz. Sind Sie ein Steuerflüchtling?
Baumgartner: Ich bin ein Steuerflüchtling, aber kein freiwilliger. Ich wäre heute noch in Österreich, nur in Österreich gibt es den sogenannten Sportlererlass, und irgendwann hast du eine Betriebsprüfung, und genauso ist es mir ergangen. Dann sagt ein Beamter in Salzburg: Das Herunterspringen von Brücken ist keine Sportart. Er hat mich viele Jahre rückwirkend aus dem Sportlererlass herausgeworfen. Da hast auf einmal eine Rechnung, die gehen dann ins Grundbuch und nehmen dir dein Haus. Da habe ich mich an den Finanzstaatssekretär gewandt, und der hat das alles rückgängig gemacht, und ich war wieder Sportler.
"Krone": Dann ging es in die reiche Schweiz?
Baumgartner: Der Finanzstaatssekretär ist damals gegangen, damit war die schützende Hand wieder weg. Und dann hat das Finanzamt wieder begonnen, diese Geschichte aufzugreifen. Ich wollte Rechtssicherheit, so wie in der Schweiz. Da gibt es die Pauschalbesteuerung für Sportler, die kann jeder Kanton selbst bestimmen. Ich finde es eine Frechheit von der Finanzbehörde mir gegenüber, denn ich habe sehr viel Ansehen für Österreich gebracht.
"Krone": Sie wurden also vertrieben?
Baumgartner: Ich bin vertrieben worden. Ich habe alles aufgeben müssen. Ich habe in Österreich ein Büro gehabt, eine Sekretärin, mein Haus, meinen Hubschrauber, ich habe alles zurücklassen müssen. Und dann sitz ich in der Schweiz, kenne keinen und denke mir: Was genau habe ich verbrochen?
"Krone": Ist die Schweiz auch in anderer Hinsicht besser als Österreich?
Baumgartner: Der Schweizer Staat geht viel sorgfältiger mit den Steuergeldern um. Bei uns wird viel zu viel Geld investiert. Wenn du von Wien daherkommst auf der A21, von oben, Wiener Neustadt, siehst du, was hinter den Lärmschutzwänden ist. Nix. Wald und Hügel. Da hast kilometerlange Lärmschutzwände. Das ist alles Diebstahl am Volk.
"Krone": Wenn das Diebstahl am Volk ist, sind unsere Politiker dann Diebe?
Baumgartner: In vielen Dingen schon, ja. Wenn ich mir diesen Skandal in Salzburg ansehe, wenn die Frau Burgstaller sagt: Sie ist Landeshauptfrau und muss sich nicht mit Hedgefonds auskennen. Das ist ein Irrtum. Und sich dann vor der Presse rechtfertigen, dass sie zum Kämpfen erzogen worden ist und deswegen vor der Wahl nicht gehen wollte. Das wäre ungefähr so, wenn ich Bademeister bin, und mir ertrinken zwei Kinder in meiner Dienstzeit, dann gehe ich her und sage, ich habe gelernt zu kämpfen, und deswegen bleibe ich Bademeister.
"Krone": Dann die Sache mit der gemäßigten Diktatur. Ein Kommentator schrieb, Sie würden sich einen kleinen Hitler wünschen.
Baumgartner: Das ist Bullshit. Das Wort Diktatur ist falsch. Von Familien geführte Unternehmen, ob das Julius Meinl ist oder Glock, da sind immer starke Führungspersönlichkeiten drinnen. "Gemäßigte Diktatur" habe ich dazu gesagt, aber das hat genau niemanden interessiert, wie ich das gemeint habe. Der lustige Reporter hat am Abend noch eine Presseaussendung gemacht, und aus dem ist dann das Verhitlern geworden, und das Ding ist völlig falsch abgebogen. Ich bin natürlich ein bekennender Demokrat.
"Krone": Was würden Sie als Bundeskanzler denn tun?
Baumgartner: Strukturen abbauen, Dinge vereinfachen, diesen ganzen trägen Apparat, der uns so viel Geld kostet, abbauen, und zwar rigoros, ohne Wenn und Aber.
"Krone": Österreich raus aus der EU?
Baumgartner: Ich war nie ein großer EU-Freund. Ich sehe die Union ähnlich wie eine Wohngemeinschaft. Wenn in so einer WG zehn Leute sind, und sechs arbeiten täglich und die anderen vier arbeiten nicht, dann sind die sechs diejenigen, die alle erhalten müssen. Und irgendwann zerbricht das Ganze. Am Anfang hat man bei der EU einfach darauf geschaut, dass so viele wie möglich hineinkommen, aber man hat sie nie überprüft.
"Krone": Wie sieht es mit Ihrer Zukunft aus? Gibt es neue Pläne? Wollen Sie wirklich zum Mond?
Baumgartner: Sportlich gesehen habe ich keine großen Visionen mehr, aber ich mache derzeit sehr viele Vorträge, dann werde ich mich auf die Hubschrauberfliegerei konzentrieren, was ja ein zweites Standbein von mir ist. Ich wurde damals bei der Pressekonferenz gefragt: Haben Sie noch Träume? Und ich habe gesagt: Ich würde gerne zum Mond fliegen. Als Traum.
"Krone": Lust auf ein kleines Spiel? Ich sage ein Wort, und Sie antworten, was Ihnen dazu einfällt?
Baumgartner: Bitte.
"Krone": Treue.
Baumgartner: Früher nein, heute ja.
"Krone": Scientology.
Baumgartner: Kein Thema.
"Krone": Todesstrafe.
Baumgartner: Prinzipiell sollte kein Mensch das Recht haben, Leben zu nehmen.
"Krone": Familie.
Baumgartner: Ja. Ich wollte immer gerne Kinder haben. Aber aufgrund des Berufes musste ich warten, denn dann stehe ich da oben nicht mehr in der Kapsel, wenn ich weiß, ich habe zwei kleine Kinder daheim.
"Krone": Ihre letzten Worte am Sterbebett?
Baumgartner: Vergesst mich nicht!
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