"Ignorant, peinlich"

“Billige Polemik” in Koalition über die Entwicklungshilfe

Österreich
23.05.2013 14:20
Der Finanzrahmen bis 2017 hat am Donnerstag dem Nationalrat eine emotionale Debatte gebracht, wobei vor allem die Koalitionspartner bei der vermeintlich zu niedrigen Dotierung der Entwicklungszusammenarbeit aneinandergerieten. SPÖ-Mandatarin Petra Bayr nannte die Politik von Außenminister Michale Spindelegger "ignorant, peinlich und verantwortungslos", ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf warf der sozialdemokratischen Mandatarin daraufhin "billige Polemik" und "Effekthascherei" vor.

Basis des Konflikts ist ein seit einiger Zeit vorliegender Fünf-Parteien-Antrag des Parlaments, wonach die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit gesteigert werden sollten. Dies sieht der Finanzrahmen aber nicht vor, weshalb Bayr Spindelegger vorhielt, die christliche Nächstenliebe bei seinem Eintritt ins Außenministerium abgegeben zu haben: "Es war noch niemandem so egal, was mit der Entwicklungszusammenarbeit weitergeht, als Spindelegger."

Kopf greift Bayr an, Fekter spricht von "Entgleisung"
ÖVP-Klubchef Kopf wollte das nicht auf seinem Parteiobmann sitzen lassen. Wie er ausführte, habe man der SPÖ angeboten, dass die 77 Millionen für die bilaterale Entwicklungshilfe auch im kommenden Jahr wieder zur Verfügung stünden und man sie in einem späteren Schritt wie vorgesehen weiter anheben werde. Bayr wisse das, sie solle sich daher schämen und nicht beginnen, einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen.

Finanzministerin Maria Fekter legte nach, warf der SP-Mandatarin eine "Entgleisung" vor und sprach von "Halbwahrheiten". Österreich gebe über internationale Finanzorganisationen mehrere Hundert Millionen für Entwicklungshilfe aus - 2013 deutlich über 200 Millionen. 2015 seien es dann schon 301 Millionen. SPÖ-Klubchef Josef Cap wiederum wies die Angriffe auf Bayr "schärfstens" zurück.

Opposition zweifelt Zahlen des Finanzrahmens an
Die Koalition hatte aber auch gemeinsam einiges an Angriffen abzuwehren. Die Opposition zweifelte geschlossen die Zahlen im Finanzrahmen an, der einen schrittweisen Defizitabbau bis hin zu einem ausgeglichen Haushalt 2016 und 2017 einen Überschuss vorsieht. Anlass dafür sind nach Meinung aller Oppositionsfraktionen in erster Linie die unkalkulierbaren Kosten der Banken-Rettung. Auf ausdrückliches Missfallen stießen auch die Kürzungen beim Rechnungshof.

FPÖ-Mandatar Roman Haider prophezeite, dass der Finanzrahmen nicht halten werde. Die Finanztransaktionssteuer werde nicht kommen, die Milliarden aus dem Steuerabkommen mit der Schweiz nicht fließen, und die Konjunkturprognose würde zudem auch wieder nach unten redigiert. Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler ergänzte die Aufzählung um den Punkt der Bankenrettung, bei der die Regierung nichts Schadenminderndes tue, nur um sich über den Wahltag zu retten.

Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar ärgerte sich ebenfalls, dass alles nur verheimlicht und verschleiert und versteckt werde. Es gebe nicht einmal Auskunft, auf was sich der Steuerzahler einzustellen habe. BZÖ-Sprecher Rainer Widmann wiederum tadelte die Koalition, dass sie sich nur um die Banken sorge, statt den "kleinen, fleißigen Menschen unter die Arme zu greifen".

Faymann: Regierung hat Bankendesaster nicht angerichtet
Bundeskanzler Werner Faymann wies all dies zurück und erinnerte daran, dass es ja nicht die Regierung gewesen sei, die das Bankendesaster angerichtet habe. Im Gegenteil habe man die Finanzinstitute übernehmen müssen und versuche nun, den Schaden so klein wie möglich zu halten. Dass es gerade bei der Kärntner Hypo wirklich die Notwendigkeit zur Übernahme gegeben hat, zweifelten freilich beispielsweise Kogler und der freiheitliche Mandatar Elmar Podgorschek an.

Zudem gab es von der Koalition eine viel günstigere Einschätzung der Lage Österreichs. Fekter betonte, dass selbst in der Krise die Wirtschaft nicht abgewürgt worden sei, die Investitionsneigung gesichert und die Kaufkraft stabil gehalten worden seien. SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer betonte, dass die Arbeitslosigkeit jetzt nach der Krise in Österreich sogar niedriger sei als zu Zeiten der Hochkonjunktur.

Die Opposition bemängelte hingegen, dass sich die Regierung unverändert nicht gerade der Reformbereitschaft verschrieben habe. Podgorschek sprach von einem "Fortschreiben ohne Perspektiven", Kogler sah die SPÖ im Dauerschlaf, während die ÖVP all ihre Energie darauf verwende, Reformen zu verhindern. Widmann sah selbst bei viel besprochenen Themen wie dem Wohnen keinerlei Maßnahmen in Bewegung. Was die Opposition da besonders ärgerte: Dem Rechnungshof würden auch noch quasi als Bestrafung die Mittel gekürzt, weil er immer wieder darauf hinweise, dass die möglichen Reformen im Verwaltungsbereich nicht umgesetzt würden.

Finanzrahmen mit Koalitionsmehrheit beschlossen
Trotz der innerkoalitionären Streitereien während der Diskussion wurde der Finanzrahmen für die Jahre 2014 bis 2017 dann mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen. Der Fahrplan für die kommenden Jahre sieht einen Abbau des Defizits bis 2016 und einen leichten Überschuss von 0,2 Prozent des BIP im Jahr 2017 vor. 

Die gesamten Staatsschulden sollen bis 2017 von 73,4 Prozent (2012) auf 67 Prozent sinken (das entspricht dann 246 Milliarden Euro) und bis 2020 unter dem EU-Zielwert von 60 Prozent liegen.

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