Die Bevölkerung habe das Vertrauen in die Zukunft verloren, habe ihm eine Dame im Kaffeehaus erzählt, erklärte Schelling gleich zu Beginn. Dieses gelte es wieder zurückzuerlangen - aber mit der Wahrheit, die man den Menschen zumuten könne. "Nicht alle erkennen die Zeichen der Zeit - besonders viele Politiker - und verstecken sich immer noch hinter der Wahrheit. Aber die Wirklichkeit ist, dass die Menschen im Land viel weiter sind, als es manche Politiker glauben", gab sich Schelling nachdenklich. Daher gelte es, den Österreichern "reinen Wein" einzuschenken.
"Deutsches Wachstum vier Mal höher"
Dieser beinhaltet den Rückfall Österreichs in Sachen Wettbewerbsfähigkeit, dass die hohe Steuerlast dem Standort schade sowie dass die überbordende Bürokratie den Betrieben die Luft nehme. Das deutsche Wirtschaftswachstum sei vier Mal höher als das österreichische. Das will der Finanzminister aber nicht hinnehmen und erklärte: "Der Standort Österreich muss wieder zurück in die Champions League. Mit der Regionalliga Ost sollten wir uns nicht zufriedengeben." Schelling meinte, dass das auch gelingen werde: "Das Österreich, das ich kenne, wird die Ärmel hochkrempeln, wenn die Rahmenbedingungen passen."
Steuerentlastung, geordneter Haushalt
Und mit dem Budget 2016 sei bereits der erste Schritt in die richtige Richtung getan, so Schelling, der seine in Zahlen gegossene Politik auch durch Zwischenrufe der Oppositionsparteien nicht kleinreden ließ. Die Schwerpunkte des Budgets sind: Entlastung der Steuerzahler im Umfang von rund fünf Milliarden Euro, ein geordneter Haushalt trotz angespannter Arbeitsmarktsituation und notwendige Impulse für mehr Wachstum.
"Gegenfinanzierung bringt Bürgern Geld"
Die seit dem Beschluss der Steuerreform immer wieder angezweifelten Gegenfinanzierungsmaßnahmen verteidigte Schelling zum wiederholten Male: "Es gibt eine solide Gegenfinanzierung", die nicht nur den Bürgern mehr Geld bringe, sondern auch die "Bürokratielawine zu entflechten beginnt". Was die anstehende Bildungsreform angeht, müsse die ihren Namen verdienen. In Sachen Verwaltungsreform nimmt sich Schelling vor, die eine Hälfte der Vorschläge des Rechnungshofs bis Ende 2016 umzusetzen und die andere bis dahin zumindest in Angriff zu nehmen.
Pensionssystem "kann sich nicht ausgehen"
Reformbedarf nannte Schelling wieder einmal im Pensionssystem. Die Verweildauer im Ruhestand steige jährlich, während die Versicherungszeiten weniger würden: "Das kann sich rechnerisch nicht ausgehen." Eingriffe in bestehende Pensionen plant der Finanzminister freilich nicht. Wichtig ist Schelling auch eine Neuordnung der Kompetenzen zwischen den Gebietskörperschaften: "Der Finanzausgleich in seiner heutigen Form ist undurchschaubar." Derzeit sei jeder für etwas zuständig, aber niemand für etwas verantwortlich. Hier müsse dringend aufgeräumt werden: "Es kann nicht sein, dass einer bestellt, und der andere zahlt."
Flüchtlingskrise kostet eine Milliarde Euro
Die Mehrbelastung durch die Flüchtlingskrise bezifferte Schelling mit rund einer Milliarde Euro. Einzelne Details aus der Rechnung: Das Budget für die Grundversorgung von Asylwerbern in Österreich wird auf 420 Millionen Euro erhöht. Außerdem werden ein Sondertopf mit 75 Millionen Euro für die Integration und ein weiterer Topf mit 70 Millionen Euro für Arbeitsmarktmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Die Kosten für die Bewältigung der Flüchtlingskrise möchte der Finanzminister aus dem regulären Verschuldung ausgliedern. Eine entsprechende Anfrage sei bereits an die EU-Kommission geschickt worden. Auch andere EU-Staaten haben dies laut Schelling bereits getan. Sollten diese Kosten tatsächlich als Sonderausgaben verbucht werden, würde sie auch nicht gemäß dem Maastricht-Vertrag zum strukturellen Defizit angerechnet werden.
Felderer: Herausrechnen der Flüchtlingskosten fraglich
Allerdings bezweifelt der Chef des Fiskalrates, Bernhard Felderer, dass das Herausrechnen der Kosten für die Flüchtlinge aus dem strukturellen Defizit halten wird. Die Chance, "dass sie das tolerieren, ist sehr gering", meinte er am Mittwoch. Aber auch inklusive jener 0,12 Prozentpunkte wäre das strukturelle Defizit mit 0,66 Prozent des BIP noch im Toleranzrahmen. Felderer verwies darauf, dass laut EU-Budgetregeln nur einmalige Ereignisse wie etwa Naturkatastrophen oder Budgetschocks aufgrund von Bankenpleiten aus dem strukturellen Defizit herausgerechnet werden dürfen. Und dass die Flüchtlingsbewegungen eine kurzfristige Sache sind, "das glaubt eigentlich niemand", sagte der Experte.
Hypo-Abbaubank und die Milliardenkosten
Punkto Hypo merkte Schelling an, dass mit dem Generalvergleich zwischen dem Freistaat Bayern und Österreich bzw. durch die Arbeit der Hypo-Abbaubank Heta bereits einige Risiken aus dem Weg geräumt seien. Für die Heta sind 200 Millionen Euro budgetiert. Doch ob diese Summe tatsächlich die Kosten abdecken wird, bleibt abzuwarten. Anfang Oktober meinte Felderer etwa: "Ein paar Milliarden wird die Bank die Steuerzahler schon noch kosten." Man wisse aber nicht genau, wie viel.
Die Staatsschulden sollen ab kommendem Jahr wieder sinken: Vom für heuer geplanten Rekordwert (86,8 Prozent des BIP) auf 85,7 Prozent im kommenden Jahr und 79,7 Prozent 2019. Allerdings ist auch das immer noch deutlich mehr als vor der Wirtschaftskrise (64,8 Prozent 2007).
FPÖ: Budget im Blindflug präsentiert
Die FPÖ merkte an, dass Schelling ein Budget "im Blindflug präsentiert" habe. "Sie budgetären Auswirkungen des enormen Migrantenansturms sind bisher nicht absehbar", erklärte Nationalratsabgeordneter Roman Haider, der auch Mitglied im Budgetausschuss ist. Die bisherigen Schätzungen lägen bei einer zusätzlichen Budgetbelastung von einer - so die vorsichte Schätzung des Budgetdienstes - bis zu 6,5 Milliarden Euro, wie laut Ö1-Bericht einem Dokument des Finanzministeriums zu entnehmen gewesen sei, führte Haider weiter aus. Aber auch die Gegenfinanzierung der Steuerreform sei bisher unklar.
Grüne: "Rede enttäuschend und weitgehend inhaltsleer"
Auch die Grünen zeigen sich enttäuscht. Bundessprecherin Eva Glawischnig sprach von einer "inhaltsleeren" Rede des Finanzministers. "Besonders ernüchternd waren die unzähligen Ankündigungen wie etwa Bildungsreform, Arbeitsmarktreform oder Föderalismusreform, die in allen Budgetreden der letzten Jahre zu finden waren und noch immer der Umsetzung harren", resümierte die Grünen-Chefin. Entgegen den blumenreichen Vergleichen Schellings bleibe die gewaltige Lücke im Bildungsbudget bestehen. Für 2016 fehlten zwischen 500 und 600 Millionen Euro.
Team Stronach: "Dieses Budget wird nicht halten"
Das Team Stronach ist sich ziemlich sicher: "Dieses Budget wird nicht halten." Klubobmann Robert Lugar befürchtet, dass die Flüchtlingswelle mindestens eine Milliarde Euro kosten wird. So hätten 82 Prozent der Flüchtlinge maximal einen Pflichtschulabschluss und seien daher am Arbeitsmarkt praktisch nicht unterzubringen.
NEOS: "Schöne Worte reichen nicht"
Die NEOS wollen zwar "guten Willen" beim Finanzminister erkannt haben, doch Schelling werde "von zwei ermatteten Parteien in Geiselhaft genommen, deren Handeln von Interessenvertretungen und Landeshauptleuten gelenkt wird", kommentierte NEOS-Klubobmann Matthias Strolz die Budgetrede. "Mit diesen beiden Regierungsparteien ist eine Erneuerung unseres Landes und sind grundlegende Reformen nicht möglich und im Budget 2016 ist davon auch nichts erkennbar."
Budget wird am 26. November beschlossen
Die erste Parlamentsdebatte über das neue Budget ist für Donnerstag, also den Tag nach der Budgetrede vorgesehen. Ein Expertenhearing gibt es am 16. November. Beschlossen wird d
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