Als Dr. N. aus seinen Räumlichkeiten in Wien von den Beamten zum Streifenwagen gebracht wird, lacht er den "Krone"-Reportern noch spöttisch ins Gesicht. Keine Spur von Schuldbewusstsein oder Reue. Und das, obwohl der Chemiker aus der Ukraine, der vor 35 Jahren als Asylwerber nach Österreich kam, Tausenden Krebspatienten mit Kräutermitteln statt Chemotherapie Heilung versprochen hatte.
Ein Ermittler beim "Krone"-Lokalaugenschein: "Er behauptete, dass er das einzig wahre Mittel besitzt, das Tumore und Metastasen bekämpfen kann." Sogar die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hatte er mit einem Schreiben von seinem Medikament überzeugen wollen.
Fläschchen für 77 Euro pro Stück
Aber auch ohne die Zustimmung der Politik gelang es ihm, Tag für Tag die Verzweiflung Todkranker für sich zu nutzen, indem er ihnen Trost und Hoffnung vorgaukelte - nur um sich selbst an ihrem Leid bereichern zu können. Für ein kleines "Wunder-Fläschchen" des weder in Österreich noch im EU-Raum zugelassenen Präparats "Ukrain" kassierte der 74-Jährige 77 Euro. Empfohlene Dosierung: täglich. Tatsächlich verabreichte der Verdächtige seinen Opfern Schöllkrautextrakt.
Dieses "Arzneimittel" soll eine vollständige Heilung jeglicher Krebserkrankungen, Strahlenkrankheiten, Aids und vieler weiterer Krankheiten bewirken. Es wurde laut Bundeskriminalamt an eine Vielzahl von Krebskranken verkauft. "Dieser Wirkstoff stabilisiert zweifelsohne das Immunsystem - doch gegen Krebs hilft er ganz sicher nicht", so ein medizinischer Experte.
200.000 Ampullen zwischen Luxus-Antiquitäten
Als die Ermittler seine "Praxis" (auf dem Schild steht Dipl. Ing. Dr.) samt wertvoller Kunstsammlung - Teppiche, Luxus-Antiquitäten, alte Meister, Buddha-Statuen, Fabérge-Eier - inspizierten, staunten sie nicht schlecht. In einem Hinterzimmer hatte der Betrüger mehr als 200.000 Ampullen im Wert von 14 Millionen Euro gebunkert.
Doch offenbar verdiente nicht nur der Mann selbst an diesen miesen Geschäften. Eine 40-jährige Angestellte wurde ebenfalls verhaftet, zudem werden zehn weitere Personen der Beihilfe verdächtigt. Die Ermittlungen wegen schweren Betruges führt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
30 Hausdurchsuchungen in Wien und NÖ
Bei der Großrazzia des Büros für Organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt waren am Dienstag 50 Beamte bei 30 Hausdurchsuchungen in Wien und Niederösterreich im Einsatz. Dabei wurden zahlreiche Beweisgegenstände - Computer, Laptops, Unterlagen sowie geringe Mengen Cannabis und Kokain - sichergestellt. "Die Firma gibt es seit 1994", sagte Polizeisprecher Mario Hejl. Eine erste Vernehmung der beiden Verhafteten erfolgte noch am Dienstagnachmittag.
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