Beobachter in Deutschland, wo die Kultur der direkten Demokratie weit stärker ausgeprägt ist als in Österreich, halten die Bürgerbeteiligung ohne die Möglichkeit der Mitentscheidung für sehr problematisch und wenig sinnvoll.
"Ein unvollständiges Instrument"
Der Politologe Hans Lietzmann, Leiter der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung an der Universität Wuppertal, erklärte am Donnerstag dazu im ORF-Radio: "Die Gefahr, dass man Menschen in eine Diskussion hineinzieht, von deren Ergebnis sie hinterher enttäuscht sind, ist groß." Auch sein Kollege Theo Schiller von der Universität Marburg spart nicht mit Kritik an dem Instrument Volksbegehren: "Es ist ein unvollständiges Instrument, es ist kein Entscheidungsdruck dahinter. Somit hat ein solches Instrument natürlich auch eine Menge Frustrationspotenzial."
Laut Lietzmann und Schiller sei Deutschland in diesen Belangen Österreich voraus. So gibt es in allen deutschen Bundesländern Bürgerbegehren, die an einen Bürgerentscheid gekoppelt sind. In diesem können alle wahlberechtigten Bürger einer Kommune über eine zur Abstimmung gestellte Sachfrage entscheiden. Der Bürgerentscheid steht dem Beschluss der gewählten Kommunalvertretung gleich und entspricht auf Landes- oder Bundesebene dem Volksentscheid.
Mehr Entscheidungsmöglichkeiten nötig
Diese Entwicklung ist laut den Experten nicht aufzuhalten. Lietzmann: "Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass wir zunehmend Möglichkeiten für die Bürger haben müssen, in denen sie an politischen Richtungs-Entscheidungen beteiligt werden." Damit sei die repräsentative Demokratie, in der politische Sachentscheidungen durch gewählte Volksvertreter getroffen werden, sehr gut und sehr leicht zu ergänzen. Die repräsentative Demokratie müsse sich dann schlicht und einfach mit echt direktdemokratischen Instrumenten arrangieren, wenn sie sich nicht selbst schaden wolle, so der Politologe.
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