Nach dem überraschenden Rücktritt von Kanzler Werner Faymann übernimmt nun Wiens Bürgermeister Michael Häupl vorübergehend die Führung der Bundes-SPÖ. Wer Faymann als Parteichef nachfolgt, wird die SPÖ in der Woche nach Pfingsten bekannt geben. Ein aussichtsreicher Anwärter ist Christian Kern. Doch während die meisten über den ÖBB-Chef reden, positioniert sich im Hintergrund still und leise Klubobmann Andreas Schieder, dem als Kompromisskandidat gute Chancen eingeräumt werden.
Als Kompromisskandidat könnte Schieder zum Zug kommen, falls Kern der SPÖ eine Absage erteilt und falls der von einigen Medien ins Spiel um die Kanzler-Nachfolge gebrachte TV-Manager und Multimillionär Gerhard Zeiler von der breiten Basis abgelehnt wird. Gegen Zeiler an der SPÖ-Spitze protestiert bereits jetzt die Sozialistische Jugend.
Schieder als roter Kompromisskandidat
Schieder wäre auch ein Mann, der sowohl in jener Gruppe der SPÖ, die weiterhin für eine härtere Gangart in der Flüchtlingspolitik ist, als auch beim linken Flügel der Partei Akzeptanz finden würde. Lebenspartnerin von Schieder ist die rote Wiener Stadträtin Sonja Wehsely, die für einen liberalen Kurs in der Asylpolitik steht und die auch gegen die Einführung der Flüchtlingsobergrenze eintrat. Ein Minuspunkt für Schieder: Manche Parteifreunde ätzen über die besondere Zurückhaltung, die der Klubobmann während des Wahlkampfes für die Bundespräsidentenwahl an den Tag legte.
Für Kern sprechen vor allem seine Managerqualitäten und sein Durchsetzungsvermögen. Außerdem wird er zum Beispiel von den SPÖ-Chefs von Vorarlberg und Salzburg, Michael Ritsch und Walter Steidl, sowie von Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden als neuer Mann an der Parteispitze präferiert. Gegen Kern spricht, dass viele in der SPÖ keinen allzu starken Mann an ihrer Spitze haben wollen.
Schwierige Entscheidung für Kern
Auch für Kern selbst wäre die Annahme des Kanzleramts eine schwierige Entscheidung, denn falls Neuwahlen kommen, wäre er entweder nur ein Kurzzeit-Kanzler oder er müsste aus der Opposition heraus agieren. Das wäre für einen Mann vom Format Kerns, der durchaus auch Chancen auf einen Vorstandsposten in einem internationalen Konzern wie z.B. Mercedes hätte, wohl keine Option.
Der 50-Jährige war in den 90er-Jahren Mitarbeiter des damaligen Beamten-Staatssekretärs Peter Kostelka. 1997 wechselte er zum Verbund-Konzern, drei Jahre später wurde Kern Chef der Bundesbahnen. Kerns politische Ambitionen waren nie ein Geheimnis. Öffentlich gab er sich zu allfälligen Spekulationen jedoch meistens zurückhaltend. Aufmerksam wurde man auf den Manager erneut, als er im Jänner in einer ÖBB-Remise bei einer Flüchtlingskonferenz auftrat.
Faktum ist, dass eine Partei, die ihren eigenen Chef zum Abgang zwingt und keinen Nachfolger präsentieren kann, ein massives Problem hat.
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