Am Montag um 16.43 Uhr war es endlich so weit: Der Krimi um die Hofburg hat nach fünf Monaten Wahlkampf und einer 24-stündigen Verlängerung aufgrund des extrem knappen Rennens ein Ende gefunden. Die Briefwähler haben das vorläufige Ergebnis noch gedreht und Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zum Sieg verholfen. Nach mehreren nervenaufreibenden Verzögerungen schritt Innenminister Wolfgang Sobotka vor die Kameras und verkündete das Endergebnis, in dem Van der Bellen 50,3 und FPÖ-Kandidat Norbert Hofer 49,7 Prozent erreichte.
Hochrechnungen des SORA-Instituts hatten am Sonntag eine Pattsituation ergeben: Hofer, der im Ergebnis ohne Briefwahlstimmen 51,9 Prozent erreicht hatte, lag durch die erfahrungsgemäß schlechter bewertete Performance bei den Briefwählern mit insgesamt 50,0 Prozent exakt gleichauf mit Van der Bellen. Letztlich glückte dem grünen Professor die Aufholjagd, er setzte sich mit gerade einmal 31.026 Stimmen Vorsprung durch.
"Gemeinsam ergeben wir dieses schöne Österreich"
In seiner ersten Rede als gewähltes Staatsoberhaupt sprach Van der Bellen davon, dass in den vergangenen Monaten "viel geredet, diskutiert, gestritten" worden sei, "quer durch alle Berufe und Schichten, teilweise quer durch die Familien". Er deute das als Zeichen dafür, dass den Österreichen die Politik "nicht egal" sei. Zu den beiden annähernd gleich starken Lagern, die die Stichwahl hervorgebracht hat, sagte Van der Bellen, "beide Teile sind gleich wichtig, gemeinsam ergeben wir dieses schöne Österreich".
Video: Van der Bellens erste Rede als gewähltes Staatsoberhaupt
Die dramatische Wahlentscheidung im krone.at-Protokoll:
17.26 Uhr: Im Endeffekt hat Van der Bellen 61,7 Prozent der Briefwahlstimmen geholt. Nur so war es möglich, den doch recht deutlichen Rückstand von 3,8 Prozentpunkten vom Sonntag noch aufzuholen.
17.09 Uhr: NEOS-Chef Matthias Strolz wünscht Van der Bellen alles Gute für seine Aufgabe und streicht hervor, dass sich die Mehrheit der Österreicher für einen "weltoffenen und europaorientierten Präsidenten" entschieden habe. Nationalratspräsidentin Doris Bures wünscht dem neuen Präsidenten viel Erfolg und zeigt sich zuversichtlich, dass Van der Bellen durch "besonnene Amtsführung eine einende und versöhnliche Kraft für das Land" sein könne. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka mahnt den Wahlsieger, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Ganz ähnlich lautet der Appell von Kardinal Christoph Schönborn.
16.22 Uhr: Hofer zeigt sich als fairer Verlierer und gesteht noch vor der offiziellen Bekanntgabe des Endergebnisses seine Niederlage ein. "Ich bedanke mich für Eure großartige Unterstützung", schreibt er auf Facebook. Und weiter: "Natürlich bin ich heute traurig", der Einsatz für den Wahlkampf sei jedoch "nicht verloren sondern eine Investition für die Zukunft".
Die Hofburg-Stichwahl in absoluten Zahlen
Die bis Sonntagabend ausgezählten Stimmen ohne Wahlkarten sowie die Hochrechnungen mit Wahlkarten hatten unterschiedliche Ergebnisse gebracht - was bei vielen für Verwirrung sorgte, sogar Manipulationsvorwürfe wurden laut. krone.at erklärt mittels absoluter Zahlen, warum beinahe ganz Österreich auf der politischen Landkarte blau eingefärbt ist und dennoch Grün am Ende gewinnen konnte.
Bei all der Aufregung ob des extrem engen Duells zwischen den beiden Bundespräsidentschaftskandidaten sind die Erklärungsversuche sowohl der Wahlbehörde als auch der Politikwissenschaftler im ORF und in den Privatsendern untergegangen. Dabei sind die immer wieder erwähnten Unterschiede zwischen den veröffentlichten Ergebnissen der Wahlforschungsinstitute und jenen des Innenministeriums rasch erklärt, sie kommen durch unterschiedliche Berechnungsmethoden zustande:
Ein zweiter Aspekt ist, dass zahlreiche Wahlbezirke, in denen Hofer gewonnen hat, dünner besiedelt sind als etwa die Landeshauptstädte und die Bundeshauptstadt Wien - und in diesen hat Van der Bellen die Nase vorn. Zudem liegt der Ex-Grünen-Chef in Vorarlberg vorn, am Montag gingen auch Oberösterreich und Tirol an ihn.
Die absoluten Zahlen des Innenministeriums vom Sonntagabend zeigten, wie knapp die Angelegenheit war: Von den insgesamt 6,382.507 Wahlberechtigten gaben 3,876.942 Österreicher ihre Stimme ab. Das bedeutet eine Wahlbeteiligung von 60,7 Prozent, inklusive Wahlkarten stieg dieser Wert schließlich auf 72,8 Prozent. Gültig stimmten bundesweit in der Wahlzelle insgesamt 3,731.720 Wähler. Von diesen Stimmen entfielen 1,937.863 (51,9 Prozent) auf Hofer und 1,793.857 (48,1 Prozent) auf Van der Bellen. Der FPÖ-Kandidat lag damit zunächst mit 144.006 Stimmen voran, im Endeffekt entschieden 31.026 Stimmen für Van der Bellen.
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