Faymann erklärte am Sonntagabend nach einer Lagebesprechung im Kanzleramt in Wien, es werde keine durchgehenden Grenzkontrollen an der österreichischen Grenze zu Ungarn geben. Vielmehr werde man weiter stichprobenartig kontrollieren, ergänzte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Einreisen könne man nur noch mit gültigen Dokumenten. Wie die "Krone" aus Regierungskreisen am Sonntagabend erfuhr, erhofft man sich insgeheim, dass die Maßnahmen der Deutschen "binnen 24 Stunden" wieder gelockert werden könnten.
Deutschland setzt deutliches Zeichen
Mit der Verschärfung der Einreisebedingungen will Deutschland "ein deutliches Zeichen setzen, das die noch in den Lagern lebenden Flüchtlinge im Nahen Osten verstehen". Die Kontrollen führt die bayrische Polizei durch, 2100 Einsatzkräfte wurden dafür an die Grenze geschickt. Außerdem wolle man laut "Bild" mit Kontrollen im grenznahen Bereich auch zu Tschechien und Polen beginnen, um eine Umgehung der Grenzkontrollen zu Österreich zu verhindern. Der Zugverkehr wurde um 17 Uhr gestoppt, 1800 Flüchtlinge waren zu diesem Zeitpunkt in Railjets unterwegs in unser Nachbarland.
Erst am Montag um 7 Uhr rollte der erste Zug wieder Richtung Deutschland. Auch die Korridorzüge über das "Deutsche Eck" zwischen Salzburg und Tirol verkehren nun wieder, ebenso wie die Fernzüge, sagte ÖBB-Sprecher Rene Zumtobel. Kurz nach 7 Uhr hatte es noch Probleme auf der Strecke gegeben. Allerdings halten die Züge gleich nach der Grenze in Freilassing, damit die deutsche Grenzpolizei Kontrollen durchführen kann.
Tschechien hat noch am Sonntag auf die Wiedereinführung der Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich reagiert. "Die tschechische Polizei verstärkt ihre Kontrollen an der Grenze zu Österreich", sagte Innenminister Milan Chovanec im Sender CT24. Das weitere Vorgehen sei davon abhängig, wie viele Flüchtlinge auf die Route über Tschechien auszuweichen versuchten.
Österreich drohen nun Horrorszenarien
Vermutet wird, dass Berlin die Einreisebeschränkungen nun schrittweise verschärfen wird. Die Folge: Auch Österreich müsste nachziehen, ansonsten droht das Horrorszenario, dass binnen weniger Tage bis zu 30.000 Personen am Wiener Westbahnhof stranden. Bezüglich der geschlossenen deutschen Grenze bei Salzburg hieß es am Sonntagabend von der Polizei, die Lage sei ruhig, es stünden auch Notquartiere bereit. Das gelte auch für den Wiener Westbahnhof. Als Österreich Ende August infolge des Schlepperdramas auf der Ostautobahn am Grenzübergang Nickelsdorf-Hegyeshalom Schwerpunktkontrollen durchführte, hatte sich zudem in kurzer Zeit ein Stau von fast 50 Kilometern Länge gebildet.
Schrittweise Rückkehr zur Normalität geplant
"Schrittweise" soll nun wieder "Normalität" einkehren - also stichprobenartige Kontrollen im Grenzraum, wie es sie schon lange gibt. Was allerdings dieser Plan für die Weiterreise der Flüchtlinge bedeutet, dazu gab es im Bundeskanzleramt keine Einschätzung. Auch gab es keine klare Antwort auf die Frage, ob die Züge nach Deutschland weiterhin fahren könnten. "Im Bundeskanzleramt ist man überzeugt, dass es eine kontrollierte und unaufgeregte Vorgangsweise geben wird", so das Statement dazu.
Am Dienstag findet in Berlin jedenfalls das Krisentreffen mit Kanzler Werner Faymann, seinem Vize Reinhold Mitterlehner, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Sigmar Gabriel sowie den Innenministern Johanna Mikl-Leitner und Thomas de Maiziere statt.
Weiterhin enormer Ansturm auf Nickelsdorf
Über die Balkan-Route drängen immer mehr Flüchtlinge nach Westeuropa. In Ungarn registrierte die Polizei am Samstag mit rund 4.330 Neuankömmlingen einen Tagesrekord. An der österreichisch-ungarischen Grenze in Nickelsdorf trafen am Samstag 6600 Flüchtlinge ein, für Sonntag werden bis zu 10.000 Menschen erwartet.
Die EU-Staaten beraten am Montag über einen Plan zur Verteilung von 120.000 Flüchtlingen. Das Thema einer festen Quote ist jedoch umstritten, weshalb das Vorhaben von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu scheitern droht. Beim Krisentreffen der EU-Innenminister in Brüssel werden heftige Debatten erwartet.
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