Nach Asyl-Kritik:

“Die deutsche Regierung sollte uns dankbarer sein”

Österreich
27.02.2016 10:24

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil gibt sich in der Flüchtlingskrise weiter als Hardliner: Nachdem er bereits der EU-Kommission "Versagen" vorwarf, spart er nun auch nicht mit Kritik am Nachbarn Deutschland. "Wir schicken die Flüchtlinge koordiniert nach Norden. Die deutsche Regierung sollten uns daher dankbarer sein", sagte er am Samstag in einem Interview mit dem "Spiegel". Damit konterte er den Aussagen des deutschen Innenministers Thomas de Maiziere, der die österreichische Asylpolitik zuletzt scharf kritisiert hatte.

Für Doskozil ist die deutsche Kritik an Österreichs Vorgehen in der Flüchtlingskrise unverständlich, denn das gegenwärtige Management an den Grenzen zu Deutschland funktioniere bestens. "Es gäbe dazu eine Alternative: alles unkoordiniert nach Deutschland weiterreisen lassen, damit es dort dann massiv zu Schleppungen und Aufgriffen kommt", sagte Doskozil gegenüber dem "Spiegel.

De Maiziere hatte vor knapp einer Woche eine Änderung der österreichischen Obergrenzen-Kontingente - täglich nur noch 80 Asylanträge und nur 3200 durchreisende Migranten - bis zum EU-Sondergipfel am 7. März gefordert, sonst werde es Konsequenzen geben .

Ex-Innenminister Thomas de Maiziere mit Kanzlerin Angela Merkel (Bild: APA/dpa/Kay Nietfeld)
Ex-Innenminister Thomas de Maiziere mit Kanzlerin Angela Merkel

Doskozil: "Unser Vorgehen gilt es zu respektieren"
Doskozil unterstrich nun auch, dass sich die Obergrenze derzeit lediglich auf die Balkanroute, also ausschließlich auf den Grenzübergang Spielfeld zu Slowenien, beziehe. "Wenn sich die Fluchtrouten möglicherweise Richtung Italien, Richtung Brennerpass verschieben, wird sich diese Zahl verändern", so der Minister. Und er fügte hinzu: "Wir haben uns auf einen Richtwert für 2016 in der Größenordnung von 37.500 Flüchtlingen geeinigt. Wollen wir diesen Richtwert nicht schon im März überschreiten, so brauchen wir Grenzmanagement und strengere Kontrollen. Dieses Vorgehen gilt es zu respektieren."

(Bild: APA/ERWIN SCHERIAU)

Basis für das funktionierende Grenzmanagement ist laut dem Verteidigungsminister die zuletzt getroffene Vereinbarung zwischen Österreich und einigen Balkanstaaten zur radikalen Einschränkung der anhaltenden Flüchtlingsströme entlang der Balkanroute. "Deutschland sollte eigentlich dafür 'Danke' sagen", so Doskozil.

Europäische Lösung: "EU-Kommission muss eingreifen"
An seiner Kritik an der EU-Kommission hät er fest. "Inzwischen zieht sich jeder EU-Staat zurück auf seine eigene Position und ergreift seine eigenen nationalen Maßnahmen. Wenn wir noch an eine europäische Lösung glauben, dann muss die Kommission federführend eingreifen." Für Doskozil haben dabei die Errichtung von Hotspots und auch die Verteilung bzw. Rückführung der Asylwerber oberste Priorität. "Einzelne Länder können derartige Lasten nicht tragen. Wie hier unsere Sozialsysteme und unser Arbeitsmarkt belastet werden, das ist nicht mehr zu stemmen."

Scharfe Kritik an unkooperativen Visegrad-Ländern
Kein Verständnis hat der Minister allerdings für das Vorgehen der Visegrad-Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, die bekanntlich eine eigene Linie in der Flüchtlingsfrage verfolgen und sich gegen eine europäische Lösung wehren. "Es ist nicht mehr tolerierbar, dass es heute Netto-Empfängerstaaten gibt, die EU-Förderungen abrufen, aber sobald es ein Problem gibt, lehnt man sich zurück und sagt: Nein. Das kommt vielleicht bei der eigenen Bevölkerung gut an, entspricht aber nicht dem Solidaritätsgedanken der EU", sagte Doskozil.

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