Im Grenzzaun, der in der südburgenländischen Gemeinde Moschendorf (Bezirk Güssing) entstehen soll, wird wohl eine Lücke bleiben: Der Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius Zsifkokvics erteilte dem Wunsch, auf kirchlichem Grund einen Zaun zu errichten, am Donnerstag eine klare Absage.
Er sei sich der schwierigen Lage und der Verantwortung des Staates bewusst, könne aber aus Gewissensgründen nicht zustimmen, so Zsifkovics. Jener Zaun, der sich nach Fertigstellung über mehrere Kilometer seitlich des Grenzübergangs Moschendorf erstrecken soll, würde auch über zwei kirchliche Grundstücke führen. Von der Liegenschaftsabteilung der Diözese, die bei entsprechenden Angelegenheiten der Pfarren eine Aufsichts- und Zustimmungspflicht hat, kam dazu eine Absage.
Diözese: "Widerspricht dem Geist des Evangeliums"
Eine solche Maßnahme "widerspräche dem Geist des Evangeliums, der klaren Botschaft von Papst Franziskus an Europa und im Besonderen einer Diözese, die jahrzehntelang im Schatten des Eisernen Vorhangs existierte und in den vergangenen Monaten keine Anstrengungen gescheut hat, um Menschen auf der Flucht die Türe zu öffnen, ihnen ein Dach über dem Kopf, Würde und Herzenswärme zu geben", heißt es nach Angaben der Diözese in dem Mittwochnachmittag an Landespolizeidirektion und Pfarre ergangenen Schreiben.
Zuvor hatte sich die Diözesanleitung mit der Frage befasst. "Wir haben beim schlimmsten Flüchtlingsansturm im vergangenen Jahr, als in eineinhalb Monaten an die 200.000 Menschen in Nickelsdorf über die Grenze kamen, quasi über Nacht in kirchlichen Gebäuden etwa Tausend Notunterkünfte für erschöpfte Familien, für Frauen, Kinder und alte, geschwächte Menschen geschaffen. Und jetzt sollen wir auf kirchlichen Grundstücken Zäune aufstellen? Da spüre ich schon körperlich den reinsten Widerwillen", so der Bischof mit dem Hinweis auf das "Jahr der Barmherzigkeit" und den heiligen Martin als Schutzheiligen der Diözese.
Zsifkovics: "Müssen Probleme an der Wurzel anpacken"
"Ich bin selbst am Eisernen Vorhang aufgewachsen und weiß noch, was es für uns alle und für das Burgenland an Freiheit und Aufbruch bedeutete, als der Zaun endlich fiel", stellte Zsifkovics fest. Er habe wiederholt öffentlich gesagt, dass er neue Zäune für keine Lösung des Flüchtlingsproblems halte: "Wir müssen die heutigen Probleme an der Wurzel anpacken, und das heißt: Schluss mit dem organisierten Schlepperwesen, Schluss mit Waffenlieferungen aus Europa, Schluss mit Krieg und gezielter Destabilisierung in Nahost, Schluss mit der rohstoffbasierten und landwirtschaftlichen Ausbeutung Afrikas durch europäische Konzerne. Alles andere sind Scheingefechte."
Mit der vorübergehenden Aufstellung eines Containers auf Kirchengrund zur Unterbringung von Beamten, die mit Grenzkontrollen betraut seien, habe man hingegen "kein gravierendes Problem", heißt es im Schreiben der Liegenschaftsabteilung.
"Antwort ist nicht der Zaun, sondern notfalls das Loch im Zaun"
Er verstehe die Ängste der Menschen, die er ja rund um sich wahrnehme. "Aber ich wäre ein schlechter Bischof, wenn ich auf diese Ängste keine christlichen Antworten geben könnte. Und diese Antwort ist nicht der Zaun, sondern notfalls das Loch im Zaun", so Zsifkovics. Der Eisenstädter Diözesanbischof ist auch Koordinator für Flüchtlingsfragen innerhalb der EU-Bischofskommission.
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