Im Zuge von Ermittlungen nach dem Mordversuch mit einem Ninjaschwert in Wien ist dem Landeskriminalamt ein Schlag gegen die organisierte Drogenkriminalität gelungen: Insgesamt elf Mitglieder zweier rivalisierender Banden - allesamt Asylwerber - wurden festgenommen. Die Mitglieder der Gruppen "Mostapha" und "Islem" hatten seit August des Vorjahres unter anderem am Praterstern große Mengen an Suchtgift vertrieben.
Die aus Algerien stammenden Männer im Alter zwischen 19 und 38 Jahren waren bereits im Vorjahr unter Angabe falscher Identitäten nach Österreich gereist und hatten Asyl beantragt. Zu Beginn arbeiteten beide Banden noch zusammen, bald kam es jedoch zu Revierstreitigkeiten, hauptsächlich um das Gebiet am Praterstern, berichtete Polizeisprecher Paul Eidenberger.
Außerdem waren die Drogendealer entlang des Gürtels im Bereich der Nußdorfer Straße, am Handelskai sowie am Schottenring aktiv. Sie verkauften sowohl Cannabiskraut als auch -harz und Ecstasy in großen Mengen - mindestens 1,5 Kilogramm pro Woche.
Messerstecherei rund um Revierstreitigkeiten am Handelskai
Nachdem dann Mitglieder der "Mostapha" einen Aufpasser der "Islem" am Praterstern mit einem Messer verletzt hatten, weil die Grenze des jeweiligen Verkaufsgebiets missachtet worden war, verabredeten sich die beiden Rädelsführer am 25. April am Handelskai zu einer "Aussprache".
Die Verhandlungen der beiden Bandenchefs - Kopf der "Mostapha" ist ein 19-jähriger Algerier, der sich gegenüber den Behörden jedoch auch schon als Tunesier oder Belgier ausgegeben hat, die "Islem" werden von einem 23-Jährigen angeführt - eskalierten kurz vor 20 Uhr nahe dem Bahnhof Handelskai. Mitglieder der "Mostapha" gingen mit einem Ninjaschwert und einem Messer auf ihre Kontrahenten los, diese setzten sich mit Bierflaschen zur Wehr. Ein 28-Jähriger konnte nicht rasch genug flüchten, er erlitt zahlreiche Stich- und Schnittverletzungen und lag eine Woche im künstlichen Tiefschlaf im Spital.
Bereits einen Tag nach der Messerstecherei gingen bei den Ermittlern erste Hinweise ein, dass es sich nicht um einen - wie von den Männern erst angegebenen - "Raubversuch", sondern um einen Bandenkrieg bezüglich der Gebietsstreitigkeiten gehandelt hatte. Akribisch tasteten sich die Polizisten weiter vor und forschten nach und nach die jeweiligen Bandenmitglieder aus. Es kam zutage, dass sich alle Drogendealer bereits in ihrer Heimat gekannt hatten und auch schon dort im Suchtgifthandel tätig waren.
Verdächtige in Wiener Asylunterkünften festgenommen
Zwischen 27. April und 16. Mai wurden die elf Männer festgenommen - die vier Angehörigen der "Mostapha" großteils in einer Flüchtlingsunterkunft in Hernals, die sechs Männer der "Islem" bzw. "Islam", wie sich die Mitglieder intern nannten, großteils in einem Asylheim in Margareten. Einer der "Islem" - ein 38-Jähriger - befand sich bereits wegen Drogenhandels in Haft.
Alle Männer waren laut einem Ermittler stets mit Schwertern und Messern bewaffnet gewesen, einer trug bei seiner Festnahme auch ein Stanley-Messer als "Backup "in seiner Unterhose. Bei den Verdächtigen wurden neben einem halben Kilogramm Cannabiskraut auch geringe Mengen Kokain und Ecstasy sichergestellt. Dazu kamen Bargeld, zahlreiche gefälschte Dokumente und Stichwaffen.
Stichopfer (28) bedrohte Krankenhauspersonal
Zuletzt klickten nun am Montag für das 28-jährige Stichopfer die Handschellen. Der Mann hatte, gleich nachdem er im Spital aus dem Tiefschlaf erwacht war, Ärzte und Krankenschwestern wiederholt mit dem Umbringen bedroht. Er sei durchwegs aggressiv gewesen, mit der medizinischen Versorgung zeigte er sich laut Polizei "unzufrieden". Außerdem warf er den Angestellten Gegenstände wie Geschirr und Messer nach, wenn sie sich seiner Meinung nach nicht rasch genug um ihn kümmerten. Daher wurde der Mann am 9. Mai, zwei Wochen nach seiner Einlieferung, von der Polizei aus dem Krankenhaus verwiesen - und genau eine Woche später festgenommen.
Zehn der elf Festgenommenen sitzen in Untersuchungshaft. Alle müssen sich wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels verantworten, den "Islem" wird zudem der Mordversuch vorgeworfen. Die Algerier sind teilgeständig und belasten einander gegenseitig. Nach zwei weiteren namentlich bekannten Mitgliedern der "Mostapha" im Alter von 21 und 22 Jahren wird noch gefahndet. "Die wichtigsten Leute haben wir auf jeden Fall, die 'Lebensadern' der beiden Gruppierungen sind in Untersuchungshaft", so Eidenberger.
"Mostapha"-Bandenboss reiste als Tunesier nach Österreich ein
Detail am Rande: Im Vorjahr war die "Mostapha"-Bande kurzzeitig gar außer Gefecht gewesen. Der Anführer hatte nämlich einem verdeckten Ermittler 1,5 Kilogramm Marihuana verkauft - damals gab er sich noch als Belgier aus. Er wurde im Oktober zu sieben Monaten Haft verurteilt, im Dezember jedoch nach zwei Monaten wieder entlassen. Der Mann setzte sich zuerst für einen "Familienurlaub" nach Frankreich ab, ehe er Ende Jänner mit einer neuen Identität nach Österreich zurückkehrte - dieses Mal als Tunesier.
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