Rund 20 Presseaussendungen von Parteien, Unternehmen und Interessensvertretern wie der Wirtschaftskammer sowie gezählte 15 Einzelmeldungen der Austria Presseagentur generierte das Phantom-Thema "Alkohol-Sondersteuer" von Samstag bis Dienstag (im Bild: die deutsche Theatergruppe "Voca People" bei einem Auftritt am Oktoberfest). Zum Euratom-Volksbegehren, einem der innenpolitischen Top-Themen in den letzten Tagen, gab es nicht einmal annähernd so viele Wortmeldungen von Parteien und Interessensverbänden.
In Linz beginnt's...
Es begann am Samstag mit "Stadt Linz plant Sondersteuer auf Alkohol". Die dortige Stadt-SPÖ plane, 15 Prozent auf alkoholische Getränke in der Gastronomie einzuheben, um die klamme Stadtkasse aufzubessern - entgegen dem Trend, Steuern auf Bundesebene zu konzentrieren, um Österreich nicht in unzählige einzelne Steuerregionen zu zersplitten. Für die Linzer war das Geld aber offenbar zu verlockend: Elf Millionen Euro erwarte man sich pro Jahr. Der Verband der Brauereien rechnete später vor, dass eine österreichweite Steuer den Gemeinden 600 Millionen bringen würde.
Der Linzer Ankündigung folgte jedenfalls die Schlagzeile "Interesse auch in Graz und Salzburg". Sodann kam noch am Samstag heftige Kritik in Form von "Tourismuswirtschaft: Schnapsidee!" und "WKÖ-Aichinger: Klares Nein zu neuen Steuern!". Am Sonntag titelte die Austria Presseagentur eine Zusammenfassung mit "Tourismus und Handel laufen Sturm gegen Alkoholsteuer: Schnapsidee!". Unparteiisch zeigte sich das Finanzministerium: "Gemeinden selbst verantwortlich." Am Montag kam erneut ein Aufbegehren aus der akronymverliebten Wirtschaft: "WKÖ-Vize RfW-BO Amann zu neuer Getränkesteuer: Klares Nein zu großkoalitionärem Raubrittertum!"
Alle überlegen - und in Linz gibt's keine Mehrheit
Den Dienstag dominierte dann der Rundruf durch die Bundesländer, der schon leise das Scheitern der Sondersteuer verkündete: "Klagenfurt lehnt Idee kategorisch ab", "Eisenstadt für österreichweite Lösung", "Keine konkreten Pläne in Niederösterreich", "Wels und Steyr folgen Linzer Beispiel nicht", ein Ausreißer mit "Wien nicht abgeneigt", dann aber wieder "Vorarlberger Städte winken ab", "Kein lauter Ruf danach aus Salzburg" und schließlich der letzte Akt mit der verblüffenden Erkenntnis: "Keine Mehrheit in Linz in Sicht".
Tatsächlich stellte sich nach vier Tagen Schall und Rauch heraus, dass sich in der Linzer Stadtregierung gar keine Mehrheit für eine 15-prozentige Sondersteuer auf alkoholhältige Getränken findet. Die Grünen würden sich bei einem Beschluss der Stimme enthalten, ÖVP, FPÖ und BZÖ haben sich dagegen ausgesprochen.
Der Weisheit letzter Schluss: eine Verwaltungsreform
Doch die viertägige Verunsicherung der heimischen Bier- und Weintrinker - die Bierbrauer veröffentlichten übrigens am Dienstag eine Studie, wonach das alkoholische Lieblingsgetränk der Österreicher unangefochten Bier sei und selbiges beim Titel "Entspannungsgetränk" nur vom Tee geschlagen werde - sollte nicht umsonst gewesen sein. Die politischen Akteure scheinen während der Debatte nämlich auf einen Hund gekommen zu sein, den sie schon seit Generationen vor sich herschieben: eine Verwaltungsreform samt Sparmaßnahmen. Dann würden Kommunen nämlich nicht auf "Schnapsideen" kommen...
Die "österreichweite Lösung", die zuletzt mehrere Bundesländer und Bürgermeister beschworen - freilich will kein Politiker Schröpfer der Biertrinker sein - gab es übrigens schon einmal als Getränkesteuer. Sie wurde beim EU-Beitritt Österreichs für verfassungswidrig erklärt, weil sie dem Argument, die Gesundheit der Österreicher zu verbessern, nicht Rechnung tragen konnte. Der Abschaffung folgte ein Rechtsstreit zunächst zwischen Staat und Wirtschaft, dann zwischen Bund und Gemeinden. Letzterer ist immer noch nicht geklärt. Erst im April hat der Verfassungsgerichtshof den zuletzt gültigen Rückerstattungsmechanismus (der Bund zahlt den Gemeinden den Steuerausfall zurück) als rechtwidrig gekippt.
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